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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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unter seinem Bett.
    Tatsächlich führte er eine Reihe systematischer Experimente durch, um unter Verwendung von einem Haufen Zeug aus Trödelläden und Dachböden von Freunden ein besseres Frisbee zu konstruieren. Anfangs hatte er getan, was man von einem Jungen erwartete, er hatte aus ihnen Smileys ausgeschnitten, Unterstände für Modellsoldaten gebaut und gigantische Finnen daran angebracht. Bald schon hatte er sich jedoch darauf konzentriert, die aerodynamischen Eigenschaften der Frisbees zu verbessern. Er hatte Lochmuster ausgeschnitten, die Ränder eingekerbt oder Spiralen und Schleifen in ihre Oberfläche gekratzt. Er führte sogar ein kleines Tagebuch auf seinem Computer mit einem eingescannten Foto von jeder Veränderung und gab die Resultate – zum Beispiel Angaben über die größte erreichte Entfernung – so objektiv wieder, wie er konnte. Ich war beeindruckt, aber auch ein bisschen wehmütig, denn ich wäre gern dabei gewesen, um das mit ihm gemeinsam zu erleben.
    Für mich war es allerdings harte Arbeit, die verdammte Frisbeescheibe fliegen zu lassen. Als die Jungs kleiner gewesen waren, hatte ich es ohne große Mühe geschafft, ihnen immer einen Schritt voraus zu sein. Jetzt war John fast genauso groß wie ich, und beide waren weitaus sportlicher. Binnen kurzem keuchte ich heftig, und mein ungeschickter Umgang mit dem Frisbee war mir peinlich. Und bald traten die Spannungen zwischen den beiden zutage. Sie dachten sich ein Fangspiel mit Regeln aus, die meine geistigen Kapazitäten bei weitem überstiegen, und als John eine Regel verletzte – oder Michael es zumindest glaubte –, ging die Streiterei los.
    Tja, so war das halt. Ich rannte auf dem Rasen herum, während die atlantischen Brecher im Hintergrund donnerten, und strengte mich mörderisch an, wohingegen die Jungs kaum in Schweiß gerieten, und so begrüßte ich den nächsten Meilenstein des Tages – Dans Heimkehr von der Arbeit – mit einiger Erleichterung.
    »Hey, Jungs.« Er stellte seinen Koffer an der Hintertür des Hauses ab und kam auf den Rasen gelaufen, um mit uns Frisbee zu spielen. »George! Wie geht’s dem Mutterschiff?«
    »Liegt gut in der Dünung, Dan.«
    Er erkundigte sich nach meinem Flug und meinem Hotel, und ich war dankbar, dass Michael ihm von meinem Roboterbausatz erzählte. Wir spielten eine Weile. Dann machten wir einen Spaziergang am Strand – sandig und leer, ein privater Abschnitt, reserviert für die Siedlung, zu der dieses Haus gehörte.
    Während die Jungs vorausliefen, immer noch unglaublich energiegeladen, gingen Dan und ich nebeneinander her. Dan Bazalget war ein großer, schwerer Mann, gebaut wie ein Rugbyspieler. Ich wusste, dass er auf dem College vor dreißig Jahren Football gespielt hatte, und sein Körper schien geradezu aus dem kurzärmeligen weißen Hemd zu platzen. Er hatte ein breites Gesicht mit kleinen Augen. Sein Schädel war kahl, und er hatte sich den verbliebenen Haarkranz rasiert, sodass sein Kopf wie eine Kanonenkugel glänzte.
    Dan beherrschte die Fähigkeit, Konversation zu machen. Er erkundigte sich nach den Nachwirkungen von Dads Tod und fragte mich im Gegensatz zu meiner Schwester ein bisschen über mein Leben und meine Arbeit aus. Aber er wirkte immer merkwürdig reserviert; seine braunen Augen waren unergründlich. Er sah mich an und lächelte scheinbar großmütig, weder urteilend noch teilnahmsvoll. Für ihn war ich bestimmt nur ein Anhängsel der Vergangenheit seiner Frau, weder willkommen noch unwillkommen in seinem Leben, sondern eben einfach da.
    Als die Sonne sich am Westhimmel an den Abstieg machte, kehrten wir zum Abendessen nach Hause zurück. Die Jungs liefen voraus, immer noch jauchzend, brüllend und zankend.
     
    Die Atmosphäre beim Abendessen war angespannt. Die Kinder spürten die Spannung und waren still. Gina war während des Essens durchaus höflich, und wenn sie ihre Kinder hin und wieder sanft wegen ihrer mangelnden Manieren und dergleichen tadelte, geschah das so ruhig und effizient wie immer. Aber ihr Lächeln war aus Stahl und täuschte niemanden.
    Vor dem Dessert ging sie in die Küche, und ich gesellte mich unter dem Vorwand zu ihr, Geschirr wegzuräumen und beim Kaffeekochen zu helfen.
    »Tut mir Leid«, sagte ich.
    »Was denn?«
    »Dass ich dich mit dieser Rosa-Geschichte überfallen habe. Das war nicht fair.«
    »Kann man wohl sagen.« Sie belud ihren Geschirrspüler so aggressiv, wie es ihr teures Geschirr zuließ.
    »Aber ich weiß, dass Rosa

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