Der Orden
widerstand dem Wind, und wenn man den Rand nicht zu weit herunterzog, blieb es auch vor den Mäusen bewahrt.
Und jetzt, bei Jupiters Bart, gab es drei Rundhäuser. Es war ein kleines Dorf, ein betriebsamer Ort. Sie hatten das überschüssige Getreide in Gruben gelagert, und jeden Tag konnte man das stetige Knirschen von Mahlsteinen hören.
Im Frühling und Herbst mussten die Felder gepflügt werden – zweimal pro Jahr, denn im Herbst wurden Winterweizen und andere der Jahreszeit entsprechende Feldfrüchte gesät. Neben Emmer, Dinkel und Gerste wurden Grünkohl und Bohnen angebaut. Sie zogen Pastinaken, sammelten Bärlauch und im Sommer auch Brombeeren, Holunderbeeren und Holzäpfel. Außerdem hielten sie ein paar Hühner, auch Schafe wegen ihrer Wolle und Milch, und einige Schweine. Dies waren nützliche Geschöpfe; man konnte sie hinausschicken, damit sie in den Stoppelfeldern wühlten, und im Winter konnte man sie in den Wald treiben, wo sie sich Futter suchten. Nur alte Tiere wurden geschlachtet. Der größte Teil des Fleisches stammte von erjagtem Rotwild und vereinzelten Wildschweinen; sie stellten auch nach wie vor die simplen Hasenfallen auf, die sie von ihren Anfangstagen an gebaut hatten.
Und dann waren da all die anderen elementaren Dinge des Lebens. Manchmal überraschte es Regina noch immer, dass es so gut wie nichts mehr zu kaufen gab. Alles, was man nicht eintauschen konnte, von Schuhen über Kleidungsstücke und Werkzeug bis zu einem neuen Dach für das Haus, musste man anfertigen.
Kleidung zum Beispiel. Da ihre wenigen Kleidungsstücke rasch abgetragen gewesen waren, hatte Regina herausfinden müssen, wie man mit Holz- oder Knochenkämmen Wolle von den Schafen gewann, sie zu Garn spann und mit einfachen Webstühlen wob. Die solcherart hergestellten Kleidungsstücke waren schlicht – einfache Röhren aus Stoff, die zu Tuniken, Unterhemden und braecci, Hosen für die Männer, oder einem peplum, einem ärmellosen Kleid für die Frauen, verarbeitet wurden –, aber sie erfüllten ihren Zweck.
Schuhe waren schon eine größere Herausforderung. Ihre ersten Versuche, Ersatz-Fußbekleidungen aus Leder für die alten, abgetragenen, in der Stadt gekauften Schuhe anzufertigen, waren Katastrophen gewesen, schlecht sitzende Notbehelfe, die gescheuert und gebrannt und Blasen verursacht hatten. Selbst jetzt bekamen sie erst allmählich den Kniff heraus, wie man einen guten, strapazierfähigen Stiefel schusterte. Regina erstaunte es, wie viel Zeit sie damit verbrachte, an ihre Füße zu denken.
Um ihre aus Holz geschnitzten Becher und Schüsseln zu ersetzen, hatten sie sich mit Töpfern versucht und mit Brenngruben experimentiert. Man kleidete eine flache Grube mit heißer Asche aus und legte grünes Holz darüber. Darauf platzierte man sorgfältig die Tonwaren und deckte alles mit trockenem Holz, feuchtem Stroh und Erdreich ab, sodass ein luftdichter Hügel entstand. Wenn man einen Tag abwartete und dafür sorgte, dass die Abdeckung aus Erdreich geschlossen blieb, bekam man am Ende ein Viertel oder ein Drittel der Tonwaren unversehrt heraus – geschwärzt und roh, aber heil.
Carausias und Marina schienen große Befriedigung darin zu finden, solcherlei Dinge herzustellen. Brica und die Kinder waren zwar nichts Besseres gewohnt, aber Regina erinnerte sich an die kostbare samische Keramik ihrer Mutter und fragte sich, wie lange es noch dauern würde, bis die Handelswege und die Märkte wieder offen waren und man solche Schätze überall ohne weiteres erstehen konnte.
All das war jedoch Tagträumerei, ermahnte sie sich streng, sinnlose Sehnsucht, eine Ablenkung von der Aufgabe, einfach nur am Leben zu bleiben, einer Aufgabe, die fast ihre gesamte Zeit in Anspruch nahm, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Schließlich musste sie ein Beispiel geben.
Im Lauf der Jahre hatte jemand die Führung übernehmen müssen. Marina, die trotz ihrer beiden Kinder und drei Enkelkinder nie ihr selbsterniedrigendes Dienerinnenbewusstsein abgestreift hatte, kam dafür nicht infrage. Und der arme Carausias, der sie schließlich hierher geführt hatte, wurde mit zunehmendem Alter immer untüchtiger; oftmals versank er in jenen Zustand unglücklicher Verwirrung, aus dem er seit Arkadius’ Verrat nicht mehr so recht herausgefunden hatte.
Und so war diese Aufgabe mehr oder weniger automatisch Regina zugefallen. Sie war es, die Neuankömmlinge aufnahm oder abwies, die bei ihren regelmäßigen Versammlungen das Wort ergriff, wie
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