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Der Osmanische Staat 1300-1922

Der Osmanische Staat 1300-1922

Titel: Der Osmanische Staat 1300-1922 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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ein halbes hundert Abteilungen.

    Verwaltungsreformen des
19. Jahrhunderts
    Unter Mahmüd II. wurden die „klassischen" Ämter des sadäret kethüdäst in ein
Ministerium des Inneren, das Ressort des re'isülküttäb in das Außenamt übergeleitet. Aus dem (avu£baptlak wurde (über mehrere Vorstufen) ein Ministerium
für Justiz. 1838 nahm ein Finanzministerium die Stelle der Münzanstalt und des
Staatsschatzes ein. Das 1826 aufgehobene Amt des Janitscharen-Agha wurde
zunächst zum Generalkommando (seraskerlik), ab 1908 zum Kriegsministerium. Der wachsende Zentralisierungsanspruch des Staates erfaßte auch die
islamischen Institutionen. Das 1836 gegründete Evkäf--i Hümäyün Nezäreti
kontrollierte die islamischen Stiftungen, das Ma`ärif Nezäreti (von 1839) das
Schulwesen. Damals entstanden die vorkonstitutionellen Gremien des Meclis-i
Vükelä (Ministerrat) und der Meclis-i Välä (eine Art oberster Staatsrat). Der
Zugang zu den Staatsämtern sollte nun nach Qualifikation erfolgen. Voraussetzung bildeten dafür neue höhere Lehranstalten, insbesondere die schon genanannte Zivilbeamtenschule (Mekteb-i Mülkiye).

    F. DAS HEER UND DIE FLOTTE
    Militärstaat
    Das Wort vom Militärstaat par excellence bzw. gunpowder empire (zusammen mit
dem Iran unter den Safawiden bzw. Moghul-Indien) wurde oft auf das osmanische
System angewandt. Freilich bewegte man sich immer im europäischen Durchschnitt, und zwar sowohl in Jahren der Kriegsführung wie im Anteil der
Kriegsausgaben. Dabei ist eine genaue Abgrenzung der „Armee" von der allgemeinen Staatsverwaltung bis zu den Heeresreformen an der Wende zum
19. Jahrhundert nur bedingt möglich. Bis zur grundlegenden Modernisierung
des Heeres nach der Auflösung des Janitscharenkorps (1826) wandelten sich
Rekrutierungsmethoden, Ausrüstung, Zusammensetzung und Finanzierung der
osmanischen Armee mehrfach. Hier kann nur eine stark vereinfachende Darstellung erfolgen.
    Provinzialtruppen
    Erste Hinweise auf Militärpfründen (timar) gibt es schon aus der Zeit
Muräd I. (Rekrutierungen in den Räumen Ankara und Kütahya). Ihre Ursprünge gehen sicher der osmanischen Herrschaft in Anatolien voraus. In
Einzelfällen und vorübergehend (etwa Albanien) begegnet man auch
christlichen Timarioten. In ausgebauter Form bildeten sie die Basis einer
Verwaltungs-, nicht etwa einer Feudalpyramide. Die zä'ims als Inhaber von
Großpfründen (ze`amet) verfügten über ein höheres Einkommen, standen aber
nicht über den „Reitern" (sipahi), die über ein timar verfügten. Die Spitze der
Pyramide bildete ein hass (Grundbesitz eines sancakbeyi bzw. beylerbeyi, aber
auch sultanisches Land).
    timars: Größen
und Anzahl
    Alle Begünstigten hatten je nach Größe ihres Besitzes (im Durchschnitt ein
Dorf) eine bestimmte Zahl von Bewaffneten zu stellen. In Rumelien mußte der
Inhaber eines „Säbel-Timars" (kzlz~ timarz) je einen, höchstens aber drei gepanzerte Reiter pro 3 000 ak(e aufbringen. Das entspricht dem Nominalwert
seines „Dienstlehens". Die errechneten Gesamtzahlen von kzltF timars erreichten in der Zeit Süleymän I. 81971, 1631 waren es 42688, 1654 56089. Die
sipähi-Truppe bildete zeitweise eine Kampfkraft von 70-80 000 Mann. Am Entsatz
von Bagdad (1638) waren nach einem europäischen Zeugen 73589 Mann Kavallerie beteiligt. Nach dem Tod eines Timarioten wurde die Nachfolge im Einzelfall geregelt. Es spielte eine Rolle, ob der Amtsinhaber im Felde starb, wieviele
Söhne er hatte und in welchem Alter sie sich befanden. Kleinere timars wurden von
Provinzgouverneuren verliehen, größere nur von der Zentrale. Im Laufe der Zeit
wurden sancakbeyi immer häufiger versetzt, ihre Amtszeiten währten Mitte des
17. Jahrhunderts meist nur ein Jahr. Die Höhe der Pfründen unterschieden sich
nicht nur nach einzelnen sancaks, sondern sie wechselten auch innerhalb ein und
desselben sancaks bei wechselnden Amtsträgern entsprechend Seniorität und
Meriten. Ihre Einnahmen aus timars und ze`ämets wurden durch eine Fülle weiterer Steuern und Abgaben ergänzt. In Einzelfällen hatten sie sogar Zugriff auf
die Kopfsteuer der Nichtmuslime (cizye).

    Stehende Armee
    Die aus dem „allgemeinen Haushalt" besoldeten Janitscharen haben ihren
Ursprung möglicherweise in einer Leibgarde des Sultans (um 1330?). Ihre typische Kopfbedeckung war die einen Nackenschutz bietende Filzhaube (ke(e). In
den ersten osmanischen Jahrhunderten wurde diese „Neue Truppe" (yeni (eri)

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