Der Osmanische Staat 1300-1922
Übersetzungen halten, sondern vor allem auf die Erwähnungen und Zitate achten,
die in türkischen Werken verstreut sind" (OTTO HACHTMANN, Europäische
Kultureinflüsse in der Türkei. Ein literärgeschichtlicher Versuch, Berlin 1918).
Schon an der alten osmanischen Universität wurden Vorlesungen über westliche
Literaturen angeboten.
Presse
Die periodische Presse entstand mit langer Verzögerung nach dem Aufkommen
des Buchdrucks. Die ersten in Istanbul verbreiteten Zeitungen wurden 1795 von
der Botschaft Frankreichs herausgegeben, um die Revolution zu propagieren.
Danach vergingen weitere Jahrzehnte bis zum Erscheinen des Smyrn'en (Izmir
1824). Die osmanische Staatszeitung Takvim-i Vekäyi („Almanach der Ereignisse"
1831) folgte dem Muster des Moniteur Officiel de France. Der Reichshistoriograph
Sahhäflar $eyhi-Zäde Mehmed Es'ad Efendi wurde zum Herausgeber bestellt. Bis
etwa 1838 erschienen nur 25-30 Ausgaben pro Jahr. Von Anfang an wurde sie von
dem privat betriebenen Moniteur Ottoman begleitet. Später erschienen Parallelausgaben in griechischer, armenischer, arabischer und sogar persischer Sprache. Der amtliche Charakter des Blattes verstärkte sich nach der Herausgabe der
Ceride-i Havädis (1840). Unter Abdülhamid II. wurde das Blatt mehrfach
verboten. Dennoch ist der Takvim bis zum Ende des Osmanen-Staats gedruckt
und von großen Teilen der Beamtenschaft gelesen worden. Das „Register der
Vorfälle" (Ceride-i Havädis) wurde von dem Engländer William Churchill ins
Leben gerufen und erschien mit staatlichen Subventionen. Trotz seiner sehr
geringen Auflage (angeblich nur 100-150 Exemplare in den ersten 13 Jahren)
gehörte das Blatt (ab 1860 unter dem Namen Rüznäme-i Ceride-i Havädis) zu
den einflußreichsten Organen. Erst mit dem Erscheinen des Tercümän-i Ahväl
(„Interpret der Zustände") und anderer privat betriebener Tageszeitungen löste
sich der osmanische Journalismus von seinen offiziös geprägten Anfängen. Dabei
behielten in den Provinzen z. T. zweisprachige Amtsblätter ihre Bedeutung. In der
Hauptstadt wurde die frankophone Presse überwiegend von den Minderheiten
und Ausländern genutzt (Stamboul 1875). Eine erste gesetzliche Regelung der
Presse von 1864 lehnte sich an ein französisches Dekret von 1852 an und hob die
bis dahin geübte Vorzensur auf. Schon in der Kreta-Krise von 1867 legte All Pascha
den Journalisten mit einer „vorübergehenden Verordnung" jedoch wieder Zügel
an. Die von Nämik Kemäl und Ziyä Pascha in London gegründete und später in
Genf fortgesetzte Hürriyet („Freiheit", 1868-1870) und die Istanbuler Ibret
(„Exempel", 1870-1873) waren die wichtigsten Sprachrohre der jungosmanischen Intelligenzija.
Zensur
Die z. T. in grotesken Formen ablaufende Knebelung der Presse durch Abdülhamid II. stützte sich auf keine neuen presserechtlichen Regelungen, sondern
schüchterte die Herausgeber durch polizeiliche Maßnahmen ein. Abdülhamid war wie keinem anderem zeitgenössischen Souverän an seinem „Image" in den
Ländern des Westens gelegen, dazu gehörten Maßnahmen wie Geldzahlungen und
Auszeichnungen ausländischer Verleger und Korrespondenten ebenso wie Erpressung und politischer Druck auf Gastländer von Exiljournalisten. Während
in seinem ersten Herrschaftsjahrzehnt (1879-1887) jährlich 9-10 neue Periodika
auf den Markt kamen, sank die Zahl nach 1888 auf durchschnittlich ein Organ.
Den staatstragenden Istanbuler Zeitungen (wie v.a. Tercümän-i Hakikat „Interpret der Wahrheit", 1878, und Ikdäm „Fleiß", 1894) stand die oppositionelle
Presse im Exil gegenüber.
Zeitungsfrühling
1908
Zeitschriften
Nach dreißig Jahren Zensur, unter der keine einzige satirische Zeitschrift
erschienen war, führte die Juli-Revolution von 1908 zu einer Explosion an
Presseerzeugnissen. In den ersten Wochen wurden mehr als 200 Konzessionen
vergeben. Dieser Zeitungsfrühling wurde schon am 31. März/14. April 1909
beendet. Immerhin erhielt im Juli der Verfassungsartikel 12 („Die Presse ist im
Rahmen der Gesetze frei") den Zusatz „Es gibt keinerlei Art von Vorzensur". Das
hinderte die Regierungen nicht, eine Reihe einschränkender Verordnungen zu
erlassen. Das wichtige, dem Komitee für Einheit und Fortschritt nahestehende
Blatt Tanin war in den Jahren 1910-1913 entsprechenden Verfolgungen ausgesetzt.
Mecmü`a-i Fünün („Sammlung der Wissenschaften", 1861) ist die erste türkischsprachige Zeitschrift. Sie
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