Der Osmanische Staat 1300-1922
Quellenausgaben gerade zu
den großen Vertragswerken wie Karlowitz (1689), Passarowitz (1718) und Kü~ük
Kaynarca (1774). Bei dem zuletzt genannten Friedensschluß scheint die Ratifikationsurkunde abhanden gekommen zu sein!
Botschafter und
Konsuln
Von den europäischen Vertretern bei der Pforte bis zum Frieden von Belgrad
(1739) gibt es eine Aufstellung [293: SPULER]. Zu protokollarischen Themen und
zum lange anhaltenden Beharren der Osmanen auf der Zahlung des Unterhalts
ständiger, dann nur noch außerordentlicher Gesandter gibt es eine wachsende,
allerdings auf Einzelaufsätze verteilte Forschungsliteratur [308: M. KÜTÜKOCL.u].
Die osmanischen Gesandtschaftsberichte sind ebenfalls vorläufig gesichtet
worden [294: UNAT]. Einzelne Gesandtschaftsreisen von Osmanen wurden
gründlicher gewürdigt [297: AKSAN; 342: VEINSTEIN; 343: KODAMAN; 384: KARAMuK]. Die politisch einflußreichen Dragomane der ausländischen Vertretungen
bzw. die Dolmetscher der Pforte sind gelegentlich zusammenhängend behandelt
worden [C. ORHONLU, Art. Tercüman in iA xii; 295: CAMARIANO; 296: CuNNINGHAM]. Über die 1783 eingerichteten permanenten osmanischen Auslandsvertretungen berichtet E. KURAN [298]. Der Versuch der osmanischen Zentrale, einen diplomatischen Dienst aufzubauen, kann jetzt aufgrund türkischer
Akten genauer beschrieben werden. Es wird deutlich, wie wenig die ersten Auslandsvertreter der Türkei geschult waren, ihre Aufgabe als Beobachter der politischen Umgebung der Höfe und Regierungen zu nutzen [307: NAFFJ
Einen größeren Abschnitt der osmanischen Außenbeziehungen hat nur D. M.
VAUGHAN [303] behandelt. Zu kürzeren Zeiträumen gibt es eine immer schwerer
zu übersehende Anzahl von Studien [wie 274: S. N. FISHER; 300: FISCHER-GALATI;
301: CASSELS]. Zur vor-tanzimatzeitlichen Außenpolitik fehlt noch eine zusammenfassende Darstellung. Über die Vorgeschichte und die Institution des Außenministeriums gibt es einen sachkundigen, aber ohne Quellenbelege publizierten
Artikel [305: KUNERALP]. Die von S. KUNERALP initiierte Reihe „Studies an
Ottoman History" hat den Blick auf viele vernachlässigte Gebiete gelenkt. In
ihr erschien u. a. ein Band über die türkisch-griechischen Beziehungen zwischen
1840 und 1869 [478] und eine Sammlung von Beiträgen zur osmanischen Afrikapolitik [710; 712-714]. Viel besser bekannt ist das bürokratische „Innenleben"
des Außenministeriums im 19. Jahrhundert [306: FINDLEY]. Zum allgemeinen
Konsularwesen der Großmächte muß trotz seiner Bedeutung auf die Handbücher aus dem 19. Jahrhundert verwiesen werden. Dagegen wächst die Zahl
der Studien zu einzelnen Konsuln [216: ANDERSON] und konsularischen Vertretungen der Mächte an einem bestimmten Ort [z. B. 427: KARK; 721: REVAUD].
Die osmanische Institution der Handelsvertretungen ({ehbenderlik) in Europa
wurde noch durch keine Monographie gewürdigt.
Außenbeziehungen
Mittelmeer
FERNAND BRAUDELS Hauptwerk „La Mediterranee et le Monde Mediterraneen
ä l'~poque de Philippe II" (Paris 1949) hat die jüngere Osmanistik verschiedentlich herausgefordert. BRAUDEZ war sich bei der Schilderung des Mittelmeeres als natürliche und gesellschaftliche Einheit [dazu kritisch 364: HEss] der
damals noch so gut wie ungehobenen Schätze der osmanischen Archive bewußt.
Entsprechend hat Ö. L. BARKAN in seiner Rezension das Mittelmeerwerk (Nachdruck in Annales 9, 1954, 189-200) als „Arbeitsprogramm" für die türkischen
Historiker bezeichnet. Dieser Aufgabe stellten und stellen sich natürlich auch
„westliche" Historiker, z. B. dort, wo Fragen nach dem Bevölkerungswachstum
im 16. Jahrhundert mit Hilfe der tahrir defterleri beantwortet werden sollten. Das
kleine, aber in methodischer Hinsicht äußerst anregende Buch von CooK [153]
beweist aber zugleich, daß nicht alle BARKANschen Grundannahmen mit osmanischem Material aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts weitergeführt
werden können. Ein anderes BRAUDELsches Hauptthema ist mit der Handelsgeschichte im östlichen Mittelmeerraum verbunden. Die auf W. HEYDS
„Geschichte des Levantehandels" (1879) zurückgehende Auffassung von der
Unterbrechung des indischen Gewürzhandels durch die osmanischen Eroberungen in der Levante ist zwar von mehreren Forschern (wie V. M. GODINHO,
F. C. LANE, N. STEENSGAARD, E. A5HTOR) revidiert worden, doch haben diese
Autoren den Übergang von der mamlukischen zur osmanischen Herrschaft am
Nil weitgehend ausgespart. P.
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