Der Osmanische Staat 1300-1922
UZUN(~AR5SILI [608; 615] wurden nicht mehr zur Kenntnis genommen.
N. ITZKHwITZ [290] bemängelte zu recht, daß GIBB und BOWEN bei der Schilderung der „herrschenden muslimischen Klasse" die großen Veränderung im
Laufe des 18. Jahrhunderts übersahen. Trotzdem haben die Autoren viel nützliches Quellenmaterial, vor allem aus den arabischen Provinzen, verarbeitet.
Wesentlich knapper, dafür aber übersichtlicher und aktueller ausgefallen als
UZUNI;AR5ILIS Monographien ist Y. HALA~ocLUS als Einführung gedachtes
Buch über die osmanische Staatsverwaltung im 14.-17. Jahrhundert [263].
Das Haus Osmän
Ein durchaus praktisches, in viele kurze Sachabschnitte (wie Prinzenresidenzen,
Brudermord, Eheschließungen und Scheidungen) aufgeteiltes „Familienporträt"
des Hauses Osmän stammt von ALDERSON [51]. Einzelne lebensgeschichtliche
Daten in dem Buch eines osmanistischen Außenseiters müssen allerdings korrigiert werden [dazu ORANSAY bei 50]. Bisher konkurrenzlos für die Genealogie
großer osmanischer Familien ist Y. OZTUNAS Kompilation [52]. Über die Damen
des osmanischen Hauses (Gattinnen und Töchter) und den Harem insgesamt hat
ULU(~AY mehrere, schon einmal genannte Bücher verfaßt [48; 49]. Ein jüngerer
Titel [53: PEIRCE] hat als Schwerpunkt die wachsende Komplexität der Familienpolitik und den Aufstieg der Frauen als Handelnde auf der dynastischen Bühne
im 16. und 17. Jahrhundert. Die Autorin untersucht die Vergrößerung des Harems
im alten und neuen Palast, die Zahl seiner Bewohnerinnen und die Höhe ihrer
Apanagen.
Serail
NECIroüLU konnte aufgrund überragender Quellenkenntnisse vorführen, daß
sich in der Baugeschichte des 1459 begonnenen Topkapl-Serails der osmanische
Weg vom Absolutismus Mehmed II. bis zur Aufgabe des Universalanspruchs im
späten 16. Jahrhundert ausdrückt. Sie wendet sich gegen die überkommene These,
die in der Palastarchitektur „fromme Scheu" ausgedrückt sah: Die osmanischen
Quellen betrachteten das Topkapi-Sarayi ausnahmslos als Symbol imperialer
Grandeur und Quelle des Stolzes [259].
Divän-i Hümäyün
Großwesirat
Zum „Divän-i Hümäyün" genannten Staatsrat gibt es nur die Monographie des
Rechtshistorikers A. MuMcu [261], der das Gremium als eine in der islamischen
Staatenwelt singuläre Einrichtung beschreibt. Sie wurde freilich wegen unzureichender Institutionalisierung ab Ende des 17. Jahrhunderts bedeutungsloser
als das neue, beim Großwesir entstandene Machtzentrum. Über dieses höchste Staatsamt gibt es, abgesehen von älteren biographischen Sammelwerken, keine
zusammenfassende Darstellung. Eine monographische Behandlung wäre angesichts des gewaltigen Zeitraums auch kaum zu verwirklichen. Eine Studie
zum Großwesirat in den Jahren zwischen 1299 und 1453 vergleicht es mit der
Institution in anderen islamischen Dynastien [262: TANERI]. Biographien zu
einzelnen Großwesiren der klassischen Zeit gibt es nur in geringer Zahl. Sie
können z. T. ersetzt werden, etwa durch eine Untersuchung des Palastes von
Ibrähim Pascha, dem berühmten Wesir Süleymän I. [264: ATASOY], und Evliyä
C,elebis Portrait seines Gönners Melek Ahmed Pascha [265: DANKOFF]. Über die
Köprülüs, denen es in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wieder gelang, den
an Hofkreise verloren gegangenen Spielraum wiederzugewinnen, fehlen zusammenhängende Studien [vgl. aber M. T. GÖKBILGINS IA-Artikel über 7 Großwesire aus der Familie]. Gegen die vorherrschende Meinung, Mehmed Köprülü
habe sich vor Amtsantritt besondere Vollmachten gleichsam vertraglich ausbedungen, wandte sich KUNT mit dem Argument, die Wiederherstellung der
großwesirlichen Autorität sei eine allgemeine Forderung der Zeit gewesen (Lit.
bei EI2 s.v. Sadr-i A'zam).
Haushalte der
Sultansdiener
KUNT hat den Gefolgschaften („Haushalten") hochrangiger ümerä (das sind
sancakbeyis und beylerbeyis) zwischen den Jahren 1568 und 1641 ein Buch
gewidmet [266]. In diesem Zeitraum werden Patronage und Haushaltszugehörigkeit zu den wichtigsten Faktoren für den Aufstieg innerhalb des Systems. Der Rückgang der Rekrutierung von Christenknaben (deviirme) ist nach
KUNT in der Literatur überbewertet worden. Die Ausbildung von Verwaltern
innerhalb des Palastes als „wesentliches Charakteristikum des kul-Systems" sei
aber nicht aufgegeben worden. Ein besonderes Verdienst dieser Studie, die sich fast
ausschließlich auf Ernennungsregister stützt, ist der prosopographische Zugang.
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