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Der Outsider-Stern

Der Outsider-Stern

Titel: Der Outsider-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl u. Jack Willamson
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blickte entsetzt auf. Dort stand der Sleeth mit seinen radiumgrünen blinden Augen von der Größe menschlicher Schädel, die hinaus aufs Tal starrten. Er war anmutig wie eine Katze, wirkte nur aufgrund des Transflex-Felds, das ihn umgab, so unbeholfen, während er mit tödlichen Klauen im Geröll scharrte.
    Er hatte sie nicht gesehen. Noch nicht.
    Reglos lauschte Molly wie gebannt dem Summsang des Sleeths. Unter seiner feingeschuppten Haut arbeiteten mächtige Muskeln, und sein Blick schweifte langsam von Horizont zu Horizont. Dann wich er gemächlich von der Felskante zurück und verschwand aus Mollys Blickfeld. Sie wagte wieder zu atmen. Wenn Cliff Hawk sie nur hörte! Wenn der Sleeth nur die andere Seite des Bergs aufsuchen würde, so daß sie eine Chance erhielt, um den Höhleneingang zu erreichen! Wenn doch Andy Quamodian käme ... Aber alles war gleichermaßen unwahrscheinlich. Cliff konnte sie nicht hören, der Sleeth würde sich nicht weit genug zurückziehen. Und was Andy Quamodian betraf ... Trotz ihrer Furcht mußte sie lächeln. Armer, alter Andy, schwermütig und ernsthaft, verliebt und einfältig, voller Groll und großer Güte ... von allen Helden, die ein Mädchen sich auszumalen vermochte, war er sicherlich der letzte.
    Das Summen gewann erneut an Lautstärke, und sie spähte furchtsam empor. Doch der Sleeth zeigte sich nicht.
    Sogar der Reefer wäre ihr jetzt willkommen gewesen, der finstere, flachsbärtige Riese, der mit Cliff Hawk im Bunde stand, obwohl sie auch ihn fürchtete. Dabei hätte es wirklich keiner zusätzlichen Gefahren bedurft. Cliffs Vorhaben allein war schlimm genug! Schöpfung atomaren Lebens, der Versuch, Gewebe aus jener Materie zu züchten, woraus die Kerne Lebender Sterne bestanden. Und noch schrecklicher, das Streben, im Laboratorium jene Art von Leben zu reproduzieren, das manchen Lebenden Sternen den Charakter von Outsidern verlieh.
    Plötzlich fuhr Molly Zaldivar auf. Das Gesumme des Sleeths war verstummt. Nur der Wind stöhnte noch.
    Sie wartete für eine lange Weile. Dann nahm sie allen Mut zusammen und schob sich geräuschlos vom Sitz. Neben dem Auto lauschte sie, bereit zur Flucht, wie nutzlos sie auch sein mochte. Aber der Sleeth blieb fort.
    Behutsam tat sie einen Schritt. Ein Stein knirschte unter ihrem Fuß, und sie verharrte. Ihr Herz hämmerte. Nichts geschah. Noch einen Schritt. Und noch einen ...
    Sie erreichte die höchste Stelle des Pfades. Zu ihrer Rechten lag der Höhleneingang, davor ein Haufen zerbrochenen Laborgeräts. Niemand befand sich in Sicht. Auch nicht der Sleeth.
    Molly begann zum Höhleneingang zu laufen.
    In diesem Moment raste der Sleeth über den Hang, sauste auf sie zu wie ein Speer, buchstäblich mit Schallgeschwindigkeit, und seine großen blinden Augen starrten. »Cliff!« Sie stürzte zum Höhleneingang.
    Und erreichte ihn nicht.
    Aus dem Innern der Höhle schoß eine schwarze Qualmwolke. Die Erschütterung warf Molly von den Beinen. Einen Augenblick später grollte der Donner über den Berg, doch da hatte es Molly schon überwältigt, die Explosion, der Schmerz von Hautabschürfungen, der wilde Sleeth – all das raubte ihr das Bewußtsein.
     
    Was war Wirklichkeit, was Traum? Molly schlug benommen die Augen auf und sah Cliff Hawks düsteres, blutiges Gesicht. Sie schloß die Lider. Jemand – jemandes Stimme – rief nach ihr ... jemand war gefangen, verloren und rief ...
    »Wach auf! Verdammt, Molly!«
    »Ich bin wach ...« Sie öffnete die Augen wieder. Es war wirklich Cliff. »Wir müssen ihn herausholen und ...«
    »Herausholen? Wen? Wovon sprichst du?«
    Plötzlich bemerkte sie, wie stark ihr Kopf schmerzte. Sie stützte ihn in die Hände. »Ich ...« Bestürzt schaute sie auf. »Ich habe es vergessen.«
    Er schnitt eine Grimasse. »Du bist verwirrt. Und eine Plage. Was machst du hier? Als hätte ich nicht genug Schwierigkeiten!«
    »Da war eine Explosion«, sagte sie. »Ich bin gefallen.«
    Cliff Hawk blickte weniger verärgert und mehr besorgt drein. Offenbar wußte er bereits alles. Das Blutrinnsal, das aus einer Platzwunde aus seiner Stirn lief, teilte sich über der Nase und versickerte in den bläulichen Bartstoppeln seiner Wangen. »Wir ... wir hatten einen Unfall. Molly, geh zurück nach Wisdom Creek.«
    Sie schüttelte den Kopf und begann zu weinen. Hawk fluchte erbittert. Molly schluchzte hemmungslos, aber trotz ihrer Tränen erkannte sie, daß das Höhleninnere tatsächlich eine großzügige Laborausstattung umfaßte.

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