Der Outsider-Stern
besorgt.
Ihre Tränen waren versiegt. Ihr Gesicht trug einen gefaßten Ausdruck, doch ihre Augen widerspiegelten die Müdigkeit von Zeitaltern. »Es geht mir gut, Andy«, sagte sie mit matter Stimme.
»Bleiben Sie bei ihr«, sagte Quamodian zum Reefer, der aufsässig dreinschaute, dann jedoch die Schultern hob. »Rufe, komm mit.« Die beiden eilten in die Sternenkirche und betraten den weiten Saal unter dem Dom. Ein Gongschlag dröhnte und hallte. Der Gesang zahlreicher Stimmen und der eigentümliche Geruch der fusorischen Visitanten erfüllte die Luft. In den fünf Flügelanbauten des Doms standen Sitzreihen, aber sie waren alle leer. Die Menschen knieten in konzentrischen Kreisen am Boden unter der Zentralkuppel mit den Abbildern von Almaliks dreizehn Komponentensonnen. Der Robot-Inspektor war nicht zu sehen.
»Dort ist Mollys Mutter«, meinte Rufe. »Hier entlang, Prediger.« Quamodian folgte ihm. Neben einem Paar, einer Frau und einem Mann, die im gleißenden, warmen Licht der Sonnen knieten. »Mr. Juan Zaldivar, Mrs. Deirdre Zaldivar.« Er hob sein Stimmchen. »Das ist Monitor Quamodian.«
Die beiden hörten zu singen auf. Mit deutlichem Widerwillen lösten sie ihre Blicke von der Kuppelwölbung und richteten sie ohne Neugier auf Quamodian. Beide wirkten wie Verkörperungen von Jugend, Gesundheit und Wohlbefinden. Beide trugen das Zeichen Almaliks an der Stelle, wo fusorische Kolonien in ihre Körper eingedrungen waren, Juan Zaldivar auf der Stirn, die Frau auf ihrer Wange, winzige goldene Narben in Sternform.
»Es betrifft Molly«, flüsterte Quamodian. »Sie ist verletzt. Sie wartet draußen auf Hilfe.«
Zugleich nickten die beiden. Der Mann war schwarzhaarig, die Frau blond. Verwirrt wollte Quamodian seine Worte wiederholen, doch da öffnete die Frau den Mund. »Am Herzen der Sterne besitzt kein Schmerz Bedeutung. Sie mag sich dort zu uns gesellen, dann wird sie Frieden finden.«
»Aber sie ist in Gefahr. Wir alle sind in Gefahr!«
»Hier nicht.« Juan Zaldivar lächelte. »Bringen Sie sie herein. Die Visitanten werden sie heilen.« Er hob den Blick seiner dunklen Augen und begann, ebenso wie die Frau, wieder zu singen.
Rufe kaute auf seiner Unterlippe. »Zwecklos, Prediger«, versicherte er trübselig. »Sie sind zu beglückt.«
Als sie aus der Kirche kamen, sog Quamodian erleichtert die kühle, frische Luft ein. Der Gleiter war fort. Über die zusammengekauerte Gestalt Molly Zaldivars ragte der wuchtige Umriß des Reefers auf. »Was sollen wir nur tun?« murmelte Quamodian.
»Wir gehen zu uns, Prediger«, sagte Rufe. »Es ist nicht weit. Meine Eltern werden sich um Miß Zaldivar kümmern.« Plötzlicher Zweifel verdüsterte sein Gesicht. »Hoffe ich jedenfalls.«
Doch im Haus, in das der Junge sie führte, befand sich niemand. Das automatische Versorgungssystem arbeitete und erfüllte die Zimmer mit behaglicher Wärme.
Einige Zeit später saß Quamodian gesättigt und ein wenig erholt im gemütlichen Wohnzimmer. Der Junge lag vor dem Kaminfeuer, das Kinn in die Hände gestützt. Am Kamin lehnte der Reefer und beantwortete Quamodians Fragen.
Er ließ sich jedoch nicht in die Rolle eines Angeklagten drängen. »Ich trage keinerlei Verantwortung, Monitor Quamodian«, grollte er. »Das Gelände im Gebirge ist mein Eigentum, und was dort geschieht, ist meine Sache.«
»Es geht jedermann an, wenn jemand einen Outsider erschafft.«
»Das war nicht mein Werk.« Das zernarbte Gesicht des Reefers drückte Ärger aus.
»Sondern Cliff Hawks?«
Der Reefer zuckte die Achseln, fuhr zusammen und betastete seinen bandagierten Arm. »Gleichgültig«, knurrte er düster. »Er hat dafür gebüßt. Er ist tot. Glaube ich wenigstens.«
»Was heißt das, Sie glauben es? Ist er tot oder nicht?«
»Er hat nicht geatmet. Beantwortet das Ihre Frage?«
»Nicht?«
»Wahrhaftig, ich weiß es nicht, Monitor. Ja, er war schwer verletzt. Länger als eine Stunde hätte ich ihm sowieso nicht gegeben ...« Er zögerte. »Junge, gibt es hier nichts zu trinken?«
»Nur Milch. Oder Wasser. Oder vielleicht kann ich Tee machen ...«
Verächtlich schüttelte der Reefer den Kopf. »Cliff hatte ständig in seinem Labor gearbeitet«, brummte er, anscheinend gelangweilt. »Ich wußte, daß er irgend etwas Gefährliches trieb, aber schließlich ist ... war er ein erwachsener Mann. Dann geschah etwas.« Seine dicken Finger glitten durch den blutverkrusteten Bart. »Eine Explosion. Plötzlich erschien Molly Zaldivar, weinte und
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