Der Pakt
daß der Dämon kommen wird, dann sind wir im Vorteil, wenn wir ihm an einem Ort auflauern, wo wir uns gut verbergen können. Wir gehen nach draußen!« Er zeigte mit der Kinnspitze zum Höhlenausgang.
Während sie ins Freie gingen, versuchte Hurlak den Ausdruck im Gesicht seines früheren Freundes zu deuten. Da waren Zögern, Angst, Erwartung und ein Anflug von Spott. Es war Kroll - und dann war er es doch wieder nicht.
»Hast du dich eigentlich nie gefragt, wie die Bestie an den Wachen vorbeigekommen ist?« fragte Kroll, als er Hurlak in die Nacht folgte. »Und warum keiner der Männer geschrien hat, als er gerichtet wurde?«
Hurlaks Schritte wurden zögernd. Was wollte ihm Kroll da erklären? Daß der Dämon unsichtbar war? Dann wäre selbst der magische Speer keine sichere Waffe mehr.
Eine andere Vermutung drängte sich in Hurlaks Überlegungen. Was, wenn der Dämon die Jäger während der ganzen Zeit begleitet hatte? Unsichtbar, oder - in Gestalt einer seiner Männer. Aber die waren alle tot, zerfleischt bis zur Unkenntlichkeit. Lediglich Kroll war noch auf unerklärliche Weise am Leben. Für Hurlak gab es nur eine Erklärung: Der Dämon mußte von Krolls Körper Besitz ergriffen haben!
Ihm blieb demnach nur eine Möglichkeit: Er mußte schneller als der Dämon sein, er mußte Kroll töten und so seinen besessenen Körper befreien. Dann, so vermutete Hurlak, würde die Bestie ihm in ihrer wahren Gestalt gegenüberstehen, und er konnte den Kampf gegen sie aufnehmen.
*
»Hier werden wir uns auf die Lauer legen«, bestimmte Hurlak und zeigte auf einen mannshohen Felsspalt, der durch die Krone einer niedrigen Kiefer geschützt war. »Von hier aus können wir das ganze Tal überblicken, und sobald der Mond aufgegangen ist, kann uns der Gegner nicht mehr überraschen. Was meinst du, Kroll?«
»Deine Anstrengungen sind ohne Nutzen!« antwortete Kroll, und Hurlak glaubte Mitleid aus der Stimme herauszuhören. »Der Gegner - wie du ihn nennst - wird kommen, so oder so. Mich wundert nur, daß du nicht weißt, wer er ist!«
»Dein Gerede kann mich nicht verunsichern!« Hurlak hob den Speer, die silberne Spitze zeigte auf Krolls Hals. Er war entschlossen, die Sache zu Ende zu bringen! »Du denkst, ich wüßte nicht, wer du bist! Aber da irrst du dich, Dämon! Du magst zwar aussehen wie mein bester Jäger, aber du bist es nicht: du benutzt nur seinen Körper, um mich zu überlisten. Du bist nicht Kroll!« Und er holte zum tödlichen Stoß aus.
»Warte. Hurlak!« rief Kroll. »Gib mir und dir noch etwas Zeit -nur bis der Mond aufgegangen ist. Wenn du mich dann noch töten willst, tu es. Ich werde dich nicht daran hindern. Nicht ich - und auch nicht die anderen!«
Überrascht ließ Hurlak den Speer sinken. Aus der Schwärze der Nacht waren unbemerkt mehrere Gestalten aufgetaucht, und an den Umrissen konnte Hurlak unschwer erkennen, daß es seine Jäger waren. Für einen Augenblick verließ ihn der Mut, aber sofort drängte er die Angst zurück. Wenn es sein mußte, würde er auch mit mehreren Gegnern kämpfen. Nicht umsonst war er der beste Jäger seines Stammes.
Hurlak stellte sich auf, den Rücken zur Felswand, seinen Speer schräg vor dem Körper, bereit, den ersten Angriff abzuwehren und im gleichen Atemzug zurückzuschlagen. Zuversichtlich glitt sein Blick über die magische Speerspitze, die jetzt im Mondlicht aufblitzte.
Mondlicht?
Hurlak sah zum Horizont, der rötlich zu schimmern begann. Der Mond ging auf! Die kreisrunde Scheibe leuchtete in dunklem Orangerot und zog Hurlaks Blick auf sich wie ein Magnet.
»Fühlst du die Kraft des Mondes?« hörte er Kroll fragen.
Und da spürte der Schamane die Veränderung!
Das rote Licht des Monds schien sich mit seinem Blut zu vereinen; es pulste schneller und kräftiger durch seine Adern. Eine übermenschliche Kraft wuchs in seinem Körper heran, machte ihn stärker - und Hurlak erkannte den Ursprung dieser Kraft: Die Macht des Wolfs durchströmte ihn - seines Totemtiers, das er in zahlreichen Traumreisen beschworen hatte, in tiefer Trance am Boden sitzend, reglos.
Reglos? Nein - er war während seiner Trance nicht untätig gewesen!
Hurlak ahnte die Wahrheit, als sein Blick sich vom Leuchten des Mondes löste und auf seine Männer fiel. Auch sie hatten sich dem Mond zugewandt, und fast gleichzeitig verwandelten sie sich! Sie sanken zu Boden, bis sie auf allen Vieren kauerten, das Gesicht nach oben gereckt, die nackten Leiber mehr und mehr behaart. Ihre Rücken
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