Der Pakt der Liebenden
gab es in der Küche ein paar leichte Brandverletzungen und Wutausbrüche. Eins musste ich den Köchen lassen: Sie waren immer unterhaltsam. Diejenigen, die im Bear arbeiteten, waren besser als die meisten. Ich kannte Leute in dem Gewerbe, die einen erheblichen Teil ihrer Zeit damit zubrachten, ihre Köche aus dem Gefängnis auszulösen, einen Platz zum Schlafen für sie zu finden, wenn sie von ihren Frauen vor die Tür gesetzt wurden, und ab und zu mit einer Tracht Prügel zur Räson zu bringen.
Eine Gruppe von Cops aus Portland hatte sich in der Nähe der Tür in Stellung gebracht. Gary hatte sich den Großteil des Abends um sie gekümmert. Der Bear war ein beliebter Treffpunkt der hiesigen Ordnungshüter – es gab Parkplätze, das Bier war gut, man bekam bis zum Schluss etwas zu essen, und er war so weit vom Old Port und der Polizeizentrale von Portland entfernt, dass sie sich unbeobachtet fühlten. Vielleicht gefiel ihnen auch das bunkerhafte Aussehen. Der Bear hatte nicht viele Fenster, und wenn alle Lampen ausgeschaltet waren, war es drinnen stockdunkel.
Als ich jetzt hinschaute, teilte sich die Gruppe kurz, und eine bekannte Gestalt kam auf die Bar zu. Ich hatte angenommen, dass es lauter Polizisten aus Portland waren, aber ich hatte mich geirrt. Mindestens einer von ihnen war ein Staatspolizist: Hansen, der Detective aus der Kaserne in Gray, der meine derzeitige Lage mehr als jeder andere genoss. Er wirkte fit, hatte grün-blaue Augen, tiefschwarze Haare und ständig einen dunklen Bartschatten im Gesicht, weil er sich seit Jahren elektrisch rasierte. Wie üblich war er besser gekleidet als der durchschnittliche Cop. Er trug einen gut geschnittenen dunkelblauen Anzug und eine blaue Paisleykrawatte. Eine goldene Krawattennadel funkelte im Licht von oben.
Er setzte sich in einigem Abstand von den anderen hin und stellte sein fast leeres Glas auf die Bar, legte die Hände zusammen und wartete darauf, dass ich zu ihm kam. Ich ließ zwei Sekunden vergehen, dann fand ich mich damit ab, dass ich mich um ihn kümmern musste.
»Was darf ich Ihnen bringen, Detective?«
Er antwortete nicht. Seine Kinnlade bewegte sich, als er mit den Zähnen mahlte. Ich fragte mich, wie viel er schon getrunken hatte, und kam zu dem Schluss, dass es vermutlich nicht viel war. Er kam mir nicht so vor wie jemand, der gern einen draufmachte.
»Ich habe gehört, dass Sie hier arbeiten«, sagte er.
»Hat eine Weile gedauert, bis Sie vorbeigeschaut haben.«
»Das ist kein Höflichkeitsbesuch.«
»Das habe ich mir schon gedacht. Ich glaube nicht, dass Sie für Höflichkeit was übrighaben.«
Er schaute weg und schüttelte leicht den Kopf, ein vernünftiger Mann, der es mit einem unvernünftigen zu tun hatte.
»Was machen Sie hier?«, fragte er und deutete verächtlich auf die Bar, die Gäste, vielleicht sogar die Welt an sich.
»Brötchen verdienen. Sie und Ihre Kumpel haben mir den von mir gewählten Beruf verbaut. Deshalb habe ich vorübergehend einen anderen angenommen.«
»›Vorübergehend‹? Glauben Sie das wirklich? Ich habe gehört, dass Ihre Anwältin Ihretwegen eine Menge Anrufe macht. Ich wünsche ihr viel Glück. Sie sollten lieber Ihr Trinkgeld aufstocken. Sie ist nicht billig.«
»Tja, jetzt haben Sie die Gelegenheit, etwas zu der Sache beizusteuern. Soll ich nachschenken oder Sie einfach alleinlassen, damit Sie es selber mit Pisse und Essig auffüllen können?«
Hansen beugte sich vor. Jetzt sah ich, dass seine Augen leicht glasig waren. Entweder hatte er mehr intus, als ich dachte, oder er vertrug keinen Alkohol.
»Das ist eine Polizistenkneipe. Haben Sie keinerlei Würde? Sie lassen sich von der guten Polizei dabei beobachten, wie Sie hinter einer Bar arbeiten. Was bezwecken Sie damit, wollen Sie es ihnen unter die Nase reiben?«
Diese Frage hatte ich mir auch schon gestellt. Selbst Dave hatte gesagt, als er mir den Job anbot, er habe Verständnis dafür, wenn ich ihn wegen der Cops, die hier tranken, nicht annehmen würde. Ich hatte ihm erklärt, dass ich mich nicht darum scheren würde, was irgendjemand dachte, aber vielleicht traf es Hansen besser auf den Punkt, als ich ihm zugetraut hätte. Bei meiner Entscheidung, im Bear zu arbeiten, war eine gewisse Sturheit mit im Spiel gewesen. Ich wollte mich nach allem, was vorgefallen war, nicht einfach davonschleichen. Klar, ein paar der Cops, die in die Bar kamen, wirkten etwas verlegen, wenn sie mich sahen, und zwei, drei behandelten mich mit unverhohlener
Weitere Kostenlose Bücher