Der Pakt der Liebenden
Verkehrsbetriebe in den Streik getreten, alle 3 4 000, so dass der öffentliche Nahverkehr zusammenbrach und die Wirtschaft der Stadt schweren Schaden nahm. Schließlich war Bürgermeister Lindsay, der 1966 auf Wagner gefolgt war, aufgrund der allgemeinen Beschwerden eingeknickt, worauf er von Michael Quill, dem hinter Gittern sitzenden Gewerkschaftsführer, als »Würstchen« und »Junge in kurzen Hosen« verhöhnt wurde. Doch als er den Mitarbeitern des öffentlichen Nahverkehrs nachgab, hatte Lindsay – der in vielerlei Hinsicht ein guter Bürgermeister war, man sollte sich da von niemandem etwas anderes einreden lassen – Tür und Tor für eine Reihe weiterer Streiks von städtischen Bediensteten geöffnet, die seine Amtszeit ruinieren sollten. Die Protestbewegung wider die Wehrpflicht fing gerade an zu köcheln, ein Topf, der überzukochen drohte, seit 400 Aktivisten die Einberufungsstelle an der Whitehall Street blockiert und ein paar von ihnen sogar ihre Einberufungsbefehle verbrannt hatten. Aber noch waren sie in der Minderheit, denn der Großteil des Landes stand hinter Lyndon B. Johnson, obwohl die US -Truppen von 18 0 000 auf 38 5 000 aufgestockt worden waren, die Zahl der amerikanischen Opfer sich verdreifacht hatte und bis Ende dieses Jahres 5000 US -Soldaten fallen sollten. Es sollte noch ein weiteres Jahr dauern, bis die öffentliche Meinung endgültig kippte, aber im Moment ging es den Aktivisten eher um die Bürgerrechte als um Vietnam, auch wenn einige allmählich begriffen, dass das eine etwas mit dem anderen zu tun hatte und die Wehrpflicht ungerecht war, weil es meist junge Schwarze waren, die von weißen Einberufungskomitees zum Wehrdienst eingezogen wurden, und die konnten das College nicht als Vorwand benutzen, um die Sache hinauszuzögern, weil sie von vornherein nicht die Chance hatten, aufs College zu gehen. Im East Village gab es die so genannte »neue Boheme«, und Marihuana und LSD wurden die bevorzugten Drogen.
Und Will Parker und Jimmy Gallagher, die ebenfalls junge Männer waren und keineswegs dumm, zogen jeden Tag ihre Uniform an und fragten sich, wann man sie auffordern würde, Kids in ihrem Alter den Schädel einzuschlagen, Kids, mit denen sie, jedenfalls in Wills Fall, weitestgehend einer Meinung waren. Alles veränderte sich. Es lag förmlich in der Luft.
Unterdessen wünschte sich Jimmy, dass sie Caroline Carr nie begegnet wären. Nachdem sie bei Will zu Hause angerufen hatte, war Jimmy nach Norden gefahren und hatte sie nach Brooklyn zurückgebracht, wo sie im Haus seiner Mutter in Gerritsen Beach wohnte, ganz in der Nähe des Shell Bank Creek. Mrs. Gallagher besaß einen kleinen, eingeschossigen Bungalow mit Spitzdach, aber ohne Garten, der am Melba Court stand, einem Wirrwarr aus Straßen in alphabetischer Reihenfolge, in dem Amerikaner irischer Abstammung einst ihren Sommerurlaub verbracht hatten, bis Gerritsen so beliebt wurde, dass die Häuser winterfest gemacht wurden, damit die Leute das ganze Jahr über dort wohnen konnten. Da sie jetzt in Gerritsen versteckt war, hatten Jimmy und ab und zu auch Will einen Vorwand, sie zu besuchen, denn Jimmy schaute ohnehin mindestens einmal die Woche bei seiner Mutter vorbei. Darüber hinaus war dieser Teil von Gerritsen klein und jeder kannte jeden. Fremde würden sofort auffallen, und außerdem hatten sie Mrs. Gallagher darauf hingewiesen, dass es Leute gab, die Ausschau nach dem Mädchen hielten. Jimmys Mutter wurde dadurch noch wachsamer, als sie ohnehin schon war; selbst wenn sie ganz entspannt war, hätte sie jeden durchschnittlichen Präsidentenleibwächter beschämt. Wenn sich Nachbarn nach der jungen Frau erkundigten, die bei ihr wohnte, erklärte ihnen Mrs. Gallagher, dass sie die Freundin einer Freundin sei und unlängst einen Angehörigen verloren habe. Ein Jammer, wo das arme Mädchen doch guter Hoffnung sei. Sie gab Caroline einen goldenen Ring, der einst ihrer Mutter gehört hatte, und forderte sie auf, ihn zu tragen. Der angebliche Trauerfall hielt selbst die Neugierigsten auf Abstand, und wenn Caroline Mrs. Gallagher abends ab und zu zum Ancient Order of Hibernians an der Gerritsen Avenue begleitete, wurde sie so zuvorkommend und rücksichtsvoll behandelt, dass sie sowohl dankbar als auch schuldbewusst war.
Caroline gefiel es in Gerritsen. Sie wohnte nahe am Meer und dem nur für Anlieger zugänglichen Kiddie Beach. Vielleicht sah sie sich sogar schon dort mit ihrem Kind die Sommertage verbringen, im Sand
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