Der Pakt der Liebenden

war.«
    »Und?«
    »Es war ein Zeichen für einen Engel. Einen gefallenen Engel. An – irgendwas, so hieß er. Anselm. Nein, das war’s nicht. Verdammt, es fällt mir schon wieder ein.«
    Ich musste jetzt vorsichtig sein. Ich hatte keine Ahnung, wie viel Jimmy über die Männer und Frauen wusste, denen ich in der Vergangenheit begegnet war und von denen einige einem seltsamen Glauben anhingen, davon überzeugt waren, dass sie gefallene Wesen waren, rastlose Geister.
    Dämonen.
    »Dieser Mann war mit einem okkulten Symbol gebrandmarkt?«
    »Ganz recht.«
    »Eine Gabel?« Das war das Zeichen, das ich zuvor gesehen hatte. Diejenigen, die es trugen, nannten sich die »Gläubigen«.
    »Was?« Jimmy kniff verdutzt die Augen zusammen, dann veränderte sich seine Miene, und mir wurde klar, dass er mehr über mich wusste, als mir recht war, und ich fragte mich, woher. »Nein, keine Gabel. Es war was anderes. Es sah nicht so aus, als ob es irgendeine Bedeutung hätte, aber alles hat eine, wenn man genau genug hinschaut.«
    »Und die Frau?«
    Jimmy stand auf. Er ging zum Weinregal und entnahm ihm eine weitere Flasche.
    »Ach, die ist wiedergekommen«, sagte er. »Um sich zu rächen.«

20
    Die beiden Männer waren mit Caroline Carr ständig unterwegs, ließen sie nie länger als eine Woche an einem Ort. Sie nutzten Motels und für kurze Zeit auch Mietwohnungen. Eine Zeitlang brachten sie sie in einer Hütte in den Wäldern im Norden des Staates unter, ganz in der Nähe einer kleinen Stadt, in die ein ehemaliger Cop aus dem Neunten, ein Cousin von Eddie Grace, gezogen war, um dort Polizeichef zu werden. In der Hütte wurden gelegentlich Zeugen versteckt oder andere Leute, die untertauchen mussten, bis sich eine kritische Situation beruhigt hatte, aber Caroline hasste die Ruhe und die Abgeschiedenheit. Sie wurde dadurch noch nervöser als zuvor, denn sie war ein Stadtmensch. Draußen auf dem Land kündete jedes Geräusch von einer nahenden Gefahr. Nach drei Tagen in der Hütte war sie mit ihren Nerven am Ende. Sie war so verängstigt, dass sie Will sogar zu Hause anrief. Glücklicherweise war seine Frau nicht da, aber der Anruf schreckte Will auf. Die Affäre war bereits im beiderseitigen Einvernehmen beendet worden, aber manchmal stand er in seinem Garten und fragte sich, wie er es geschafft hatte, die ganze Sache derart zu verpatzen. Er war ständig versucht, seiner Frau alles zu gestehen. Er träumte sogar, er hätte es bereits getan, wachte dann auf und wunderte sich, dass sie immer noch neben ihm schlief. Er war sich sicher, dass sie irgendetwas ahnte und nur auf den richtigen Moment wartete, um ihren Verdacht zu äußern. Nichts wurde ausgesprochen, aber durch ihr Schweigen wurde seine Paranoia nur noch schlimmer.
    Außerdem wurde ihm zusehends bewusst, dass er so gut wie nichts über Caroline Carr wusste. Sie hatte ihm ihr Leben nur in groben Zügen umrissen: aufgewachsen in Modesto, Kalifornien; Tod der Mutter bei einem Brand; die zunehmende Überzeugung, dass sie von zwei Gestalten verfolgt wurde. Caroline hatte es lange geschafft, sie abzuhängen, aber dann war sie unvorsichtig geworden, weil sie es satt hatte davonzulaufen. Sie hatte sich fast schon mit dem Gedanken angefreundet, dass sie sie finden könnten, bis zu dieser Nacht, als sie in ihr Apartment einbrechen wollten und ihre Angst größer war als der Wunsch, der Verfolgung ein Ende zu bereiten. Sie konnte Will nicht erklären, warum sie es auf sie abgesehen hatten; sie sagte, sie wisse es nicht. Sie wusste nur, dass sie eine Gefahr darstellten und ihr das Leben nehmen wollten. Als er sie gefragt hatte, warum sie nicht zur Polizei gegangen sei, hatte sie ihn ausgelacht, und ihr verächtlicher Unterton hatte ihn tief getroffen.
    »Meinst du, das habe ich nicht gemacht? Ich war bei der Polizei, als meine Mutter umgekommen ist. Ich habe ihnen gesagt, dass der Brand vorsätzlich gelegt wurde, aber die sahen nur ein verwirrtes, untröstliches Mädchen vor sich und haben mir überhaupt nicht zugehört. Danach habe ich beschlossen, dass es am besten ist, wenn ich selber auf mich aufpasse. Was sollte ich denn sonst tun? Den Leuten erzählen, dass ich ohne jeden Grund von einem Mann und einer Frau gejagt werde, die niemand außer mir jemals gesehen hat? Man hätte mich eingesperrt, und dann hätte ich in der Falle gesessen. Ich habe alles für mich behalten, bis ich dich kennengelernt habe. Ich dachte, du wärst anders.«
    Und Will hatte sie in die Arme genommen und