Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
zurückmüsste.
Ein paar Tage später begegnete ich Robert de Commines, und mein Lebensweg stand fest.
Diese Geschichte hatte ich wenigen Menschen erzählt. Von denen, die noch am Leben waren, kannten nur Eudo und Wace sie. Doch selbst wenn ich alles in Rechnung stellte, was geschehen war, schämte sich ein Teil von mir immer noch – warum, das war mir selbst nicht klar –, weil ich einst geflohen war, weil ich dieses Leben verschmäht hatte.
Aus weiter Entfernung kamen die Geräusche von Vieh: ein langes, klagendes Muhen, das von einem anderen beantwortet wurde, und dann von einem dritten und vierten, die deutlich im Konvent zu hören waren. Mir war bewusst, dass Burginda hinter mir stand und mich von der Tür aus beobachtete. Als sie vorhin sah, wie ich meinen Umhang überwarf, hatte sie mich davon abzuhalten versucht hinauszugehen. Vielleicht dachte sie, ich hätte vor, einer der jüngeren Nonnen einen Besuch abzustatten – falls mir der Sinn danach gestanden hätte, gab es wenig, was in ihrer Macht lag, um es zu verhindern. Aber das war es nicht, warum ich hier herausgekommen war. Mein Kopf war voll mit so vielen verschiedenen Gedanken, wie hundert Stränge Garn, die alle miteinander verheddert waren, und ich brauchte Freiraum, um sie zu entwirren.
Trotzdem konnte ich es ihr nicht verdenken. Ich hatte zahllose Geschichten von Nonnen gehört, die gegen ihren Willen genommen worden waren, von Männern, die sie begehrt hatten, bevor sie ihre Gelübde ablegten. Solche Männer kamen häufig zu einem Konvent und gaben vor, verletzt zu sein oder sonst ein Gebrechen zu haben, um sich Zutritt zu verschaffen; manchmal kamen sie allein, manchmal in Gruppen. Die Einzelheiten wechselten von Geschichte zu Geschichte, aber in jeder verschwendeten sie keine Zeit, den wahren Zweck ihres Besuchs zu zeigen, sobald sie drinnen waren: Sie marschierten direkt zu dem Kapitelhaus, oder wo sich die Nonnen zu dieser Tageszeit sonst aufhalten mochten, und schlichen sich danach genauso schnell wieder davon.
Und deshalb verübelte ich es Burginda nicht, dass sie mich weiterhin beobachtete, aber ich tat mein Bestes, sie nicht zu beachten. Meine Gedanken kreisten allerdings nicht um eine der Nonnen hier, sondern um Oswynn und um die Träume, die ich neulich gehabt hatte. Die Art, wie ihr Gesicht vor mir verborgen gewesen war, beunruhigte mich; als ob meine Erinnerung an sie bereits verblasste.
Ich hörte Stimmen in meinem Rücken. Über die Schulter sah ich Wace, der an der Nonne vorbeizugehen versuchte, die in seinem Weg stand.
»Lasst mich durch«, sagte Wace, und sogar in diesem schwachen Licht konnte ich die Müdigkeit in seinen Augen erkennen.
Ich richtete mich auf und wandte mich zurück zur Tür. Burginda warf einen Blick auf mich, dann wieder auf Wace, bevor sie widerwillig zur Seite trat, zweifellos weil sie entschieden hatte, dass sie mit uns zweien nicht fertigwerden konnte.
»Ich dachte, du wärst am Schlafen«, sagte ich zu ihm. Ich hatte gewartet, bis er und Eudo nach oben gegangen waren, bevor ich hinausgegangen war, und nicht damit gerechnet, einen der beiden vor dem nächsten Morgen wiederzusehen.
»Ich bin heruntergekommen, um zu pinkeln«, sagte er. »Was machst du draußen?«
»Nachdenken«, sagte ich und schaute wieder auf die Hauptgebäude des Konvents und die drei dunklen Türme der Abteikirche, die wie riesige Säulen das große Gewölbe des Firmaments hochhielten. »Seit ich dreizehn war, habe ich keinen Fuß mehr in ein Kloster gesetzt. Hier zu sein ruft mir so viele Dinge aus jener Zeit wieder ins Gedächtnis.«
Wace sagte nichts.
»Ich war gerade sieben Jahre alt, als mein Onkel mich zu den Mönchen gab«, fuhr ich fort. »Er war alles, was ich nach dem Tod meines Vaters an Familie hatte.« Ob Wace sich nach so langer Zeit noch an meine Geschichte erinnerte, wusste ich nicht. Jedenfalls unterbrach er mich nicht.
»Es war vermutlich das Netteste, was er für dich tun konnte«, sagte er.
»Vermutlich«, stimmte ich zu. »Obwohl es damals nicht so aussah.«
»Nicht nach dem, was später geschehen ist, da bin ich mir sicher.«
Ich nickte. »Du kennst also den Rest.«
»Warum erwähnst du es jetzt?«
»Ich habe darüber nachgedacht, wie stark unser Leben von Ereignissen geprägt wird, auf die wir keinen Einfluss haben. Der Tod meines Vaters und alles, was darauf folgte. Was in Dunholm geschehen ist und wohin uns das jetzt gebracht hat.«
»Was ist damit?«
»Ist das alles nur Zufall?«, fragte
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