Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
ich.«
»Ich brauche Euer Mitleid nicht.« Ich ging auf den Brunnen zu, der neben der Schmiede stand, und hoffte, sie würde es müde, mich zu verfolgen. Meine Kehle war ausgedörrt von dem Kampf, und ich brauchte etwas, um sie zu kühlen. Ich stellte fest, dass der Eimer noch halb voll war, rollte meine Ärmel hoch und spritzte mir etwas von dem braunen Wasser ins Gesicht; es verschlug mir fast den Atem, so kalt war es, süß, aber zur gleichen Zeit erdig. Es tropfte mir über Kinn und Hals und vorne auf meine Jacke, wie eisige Finger, die auf meiner Brust spielten.
»Mein Vater hält große Stücke auf Euch«, sagte Beatrice in meinem Rücken.
Ich stieß einen Seufzer aus und drehte mich um, wobei ich mit einer Hand die Sonne abschirmen musste, die mir in die Augen schien. »Warum beharrt Ihr darauf, mir zu folgen, Mylady?«
Ihr Gesicht lag im Schatten, und ich konnte den Ausdruck, der darauf lag, nicht erkennen. »Weil Ihr mich neugierig macht, Tancred a Dinant.«
Mein Gesicht tropfte immer noch, und ich wischte mir mit dem Ärmel darüber. Ich spürte Stoppeln auf meinem Kinn, und mir wurde klar, dass ich mich in den letzten Tagen nicht rasiert hatte. Unrasiert, schwitzend, die Haare ungekämmt, die Arme mit Narben und Blutergüssen bedeckt; ich fragte mich, was für einen Eindruck ich auf jemand wie sie machen musste, die Tochter eines der mächtigsten Männer in England. Was hatte ich an mir, das sie neugierig machen konnte?
Ohne ein weiteres Wort schritt ich an ihr vorbei auf die große Tür zum Saal und die Wärme der Feuerstelle zu. Und diesmal folgte sie mir nicht.
In all der Zeit sah und hörte ich so gut wie nichts von Malet. Seit er zum Burgvogt gemacht worden war, hatte er mit seinen Dienstboten in den Gemächern Lord Richards im Burgfried Quartier bezogen. Die wenigen Gelegenheiten, bei denen ich ihn sah, war es oft aus einiger Entfernung auf dem Übungshof, und er hatte immer etwas mit dem einen oder anderen Lord zu besprechen. Die meisten kannte ich nicht; vielleicht waren es niedere Vasallen des Königs oder auch Männer, die ihre Position unmittelbar Malets Gunst verdankten.
Einen gab es allerdings, den ich kannte, denn ich war ihm schon früher begegnet: Gilbert de Gand, dessen langes Gesicht in meinen Augen dauernd zu einer höhnischen Grimasse verzogen zu sein schien. Er war von Geburt Flame wie Lord Robert, aber obwohl die beiden ungefähr im gleichen Alter waren, hatte er nie so hoch in der Wertschätzung des Königs gestanden. Tatsächlich konnte ich mich nicht erinnern, dass die beiden irgendwann keine Rivalen gewesen wären. Als wir uns zum ersten Mal begegneten, war ich etwa siebzehn Jahre alt und gerade in Lord Roberts Conroi aufgenommen worden. Er hatte mich damals kaum beachtet, aber als mein Ansehen im Lauf der Jahre stieg, lernte er mich als einen der Ritter kennen, die Robert am nächsten standen, und betrachtete mich mit der gleichen Feindseligkeit, die er im Übrigen für den Mann selber reservierte.
Diesmal sah er mich jedoch nicht, worüber ich froh war. Ich erwartete nicht, dass er irgendwas Angenehmes über Robert zu sagen hätte, nicht einmal jetzt, nach seinem Tod, und ich war mir nicht sicher, ob ich selber meine Zunge im Zaum halten könnte.
Es dauerte volle vier Tage, bis ich die Nachricht erhielt, dass Malet mich zu sehen wünschte. Er war wie üblich in der Burg, und deshalb versorgte mich der Haushofmeister des Vicomtes mit einem Pferd, einer schwerfälligen Stute mit grauem Fell und weißen Flecken an den Fesseln. Mit Sicherheit nicht das feinste Reittier, auf dem ich je gesessen hatte, aber mehr als ausreichend, und wenn sie auch nicht die Schnellste war, so war sie zumindest fügsam.
Im Außenbereich der Burg war an jenem Morgen viel los. Auf dem Übungshof stand eine Reihe von Holzpfählen, die alle mannshoch waren und mit einem verrotteten Kohlkopf gekrönt waren. Männer auf Pferden ritten abwechselnd darauf los und traktierten sie mit ihren Schwertern, bis die Blätter in Fetzen herabhingen. Am Südtor war eine Stechpuppe aufgestellt worden, wie ich sah, mit einer Zielscheibe aus Holz, die attackiert werden musste. Das war eine Übung, bei der es ebenso auf Geschwindigkeit ankam wie auf Genauigkeit: Wenn man die Scheibe zu langsam traf, schnellte der Sandsack am anderen Arm der Puppe herum, bevor der Reiter an dem Pfosten vorbei war, traf ihn in den Rücken und schlug ihn geradewegs aus dem Sattel. Als ich jünger war, hatte ich diesen Fehler ganz oft
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