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Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)

Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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als versuche er sich zu erinnern, wie man sie benutzt, dann setzte er das schnabelförmige Ende an die Lippen, holte tief Luft und begann: zuerst leise, aber dann langsam lauter werdend, auf jedem wehmütigen Ton verweilend, bis ich nach kurzer Zeit die Melodie wiedererkannte. Es war ein Lied, an das ich mich von unserem Feldzug in Italien vor all diesen Jahren erinnerte, und während ich zuhörte und in das Feuer starrte, fand ich mich dort wieder, fühlte die Hitze des Sommers, ritt über die ausgedörrten Felder mit ihren braunen und verwelkten Pflanzen, durch Olivenhaine und Zypressendickichte.
    Eudos Finger tanzten über die Löcher, während die Musik schneller wurde, elegant auf einen Höhepunkt zusteuerte, wo sie eine Weile zitternd verharrte, bevor sie auf einem abschließenden reinen Ton zur Ruhe kam und in einem Nichts verklang.
    Er nahm sie von den Lippen und schlug die Augen auf. »Ich sollte mehr üben«, sagte er, beugte seine Finger und legte das Instrument neben sich. »Ich habe lange Zeit nicht mehr gespielt.«
    Wenn er das nicht gesagt hätte, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, so sicher und lieblich hatte sein Spiel geklungen.
    »Lass uns noch ein Lied hören«, sagte Wace.
    Das Feuer war heruntergebrannt, bemerkte ich, und der Stapel von Ästen, die wir gesammelt hatten, war zum größten Teil verschwunden.
    »Ich gehe noch etwas Holz holen«, sagte ich und stand auf.
    Es hatte früher am Tag geregnet, und deshalb war nicht viel trockenes Holz zu finden, aber irgendwann hatte ich genug gesammelt, um das Feuer in Gang halten zu können, zumindest ein paar Stunden. Ich machte mich mit einem Bund feuchter Stöcke unter dem Arm auf den Rückweg, als ich glaubte, in der Nähe unter den Bäumen eine Stimme gehört zu haben.
    Ich blieb stehen. Die Nacht war still, und einen Moment lang kam das einzige andere Geräusch, das ich hören konnte, von Eudos Flöte, der diesmal ein schnelleres Lied spielte: eins, das leichter und verspielter war. Aber dann kam die Stimme wieder, leise und mit sanftem Ton. Eine Frauenstimme, merkte ich, und als ich näher kam, sah ich, dass es Beatrice war.
    Sie kniete mit gebeugtem Kopf und zum Gebet gefalteten Händen auf dem Boden. Sie wandte mir den Rücken zu, und die Kapuze ihres Umhangs war zurückgezogen, sodass ihre blonden Haare zu sehen waren, die hinten zu einem straffen Zopf geflochten waren. Meine Schritte machten kaum ein Geräusch auf dem feuchten Waldboden, und sie schien mich nicht gehört zu haben.
    »Mylady«, sagte ich. »Ich dachte, Ihr wärt schon im Bett.«
    Sie schaute hoch, und bei ihrem Gesichtsausdruck musste ich an ein Stück Wild denken, das gerade den Klang eines Jagdhorns gehört hat.
    »Ihr habt mich erschreckt«, erwiderte sie mit angespannten Lippen.
    »Es ist nicht ungefährlich, durch den Wald zu wandern. Ihr solltet bei den anderen sein.« Ich schaute zurück zum Feuer und fragte mich, wie sie unbemerkt hatte weggehen können. Ich würde später mit ihnen reden.
    »Ich wandere nicht«, sagte sie. »Und ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst.«
    Sie wandte sich ab, beugte wieder den Kopf und schloss die Augen; vielleicht hoffte sie, ich würde weggehen, wenn sie mich nicht beachtete. Als das schwache Mondlicht auf ihr Gesicht fiel, konnte ich allerdings sehen, dass ihre Wangen nass waren, und mir wurde klar, dass sie geweint hatte.
    »Was bekümmert Euch?«, fragte ich.
    Sie sagte nichts, aber das war auch nicht nötig, weil ich die Antwort bereits wusste, sobald die Frage meinen Mund verlassen hatte. »Ihr denkt an Euren Vater, nicht wahr?«
    Sie schlug die Hände vor das Gesicht, als wolle sie ihre Tränen vor mir verbergen. »Lasst mich allein«, sagte sie schluchzend. »Bitte.«
    Aber Ælfwolds Worte einige Tage zuvor waren noch frisch in meinem Gedächtnis, und der Anblick von Beatrice, wie sie da zitternd kniete, war mehr, als ich ertragen konnte. Hier hatte ich eine Chance, die Sache in Ordnung zu bringen.
    Ich hockte mich neben sie und legte das Feuerholz ab, bevor ich ihr sanft die Hand auf die Schulter legte. Sie zuckte bei der Berührung zusammen, versuchte aber nicht aufzustehen oder meine Hand abzuschütteln.
    »Ihr versteht nicht, was das für ein Gefühl ist«, sagte sie, »nicht zu wissen, ob Ihr jemanden jemals wiedersehen werdet.«
    Lord Robert, Oswynn, Gérard, Fulcher, Ivo, Ernost, Mauger: ich würde keinen von ihnen wiedersehen. Zumindest nicht in diesem Leben. Aber ich verstand sehr wohl, dass sie das nicht

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