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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Kriminalwache anzurufen, sollte ich wirklich feststellen, dass eingebrochen und etwas gestohlen wurde.
    Ich stoße die Tür zum Arbeitszimmer auf.
    Ich habe erwartet, ein auf den Kopf gestelltes Büro vorzufinden. Aber es ist alles ordentlich. Genauso wie ich es zurückgelassen habe.
    Fast.
    Die linke Kante der Tastatur ist ein oder zwei Zentimeter Richtung Schreibtischmitte verschoben. Ich richte sie immer parallel zur Schreibtischkante aus.
    Das Wohnzimmer ist aufgeräumt. Aber sie haben Laxness’ Islandglocke rechts und nicht links von Nabokovs Lolita ins Regal gestellt. In der CD-Sammlung von Pink Floyd haben sie Wish You Were Here neben Ummagumma eingeordnet. Das stimmt nicht. Das Kreuzworträtsel auf dem kleinen Glastisch in der Ecke zwischen den Sofas – von dem 6 senkrecht noch nicht gelöst ist – liegt auf dem Kopf. Und der Stift daneben liegt diagonal und nicht im rechten Winkel dazu auf dem Tisch.
    Sie waren im Schlafzimmer, in der Küche und in der engen, überfüllten Garderobe. Ich weiß nicht, ob sie gefunden haben, wonach sie suchten. Ich weiß ja noch nicht einmal, wonach sie gesucht haben.
     
    Nachdem ich den Koffer ausgepackt und eine Waschmaschine angestellt habe, hole ich mir eine Dose Bier aus dem Kühlschrank und lasse mich aufs Sofa fallen.
    Das Telefon klingelt, ehe ich die Dose geöffnet habe. Thrainn. Er erzählt mir, dass bei ihm zu Hause und im Institut eingebrochen wurde. Glücklicherweise haben sie nichts gefunden. Und am Kellergewölbe haben sie sich nicht einmal versucht.
    Ich sage ihm, dass er die Polizei benachrichtigen soll und wir besser nicht weiterreden, falls die Leitung angezapft ist.
    Ich fummele lange herum, bis ich die Dose aufkriege. Ich kaue Fingernägel und habe Schwierigkeiten, die Fingerkuppe unter den Ring zu schieben. So hat jeder sein Problem.
    Mit zitternder Hand setze ich die Dose an den Mund und trinke.
    Ich bin kein Held. Aber ich bin zäh. Und ich denke, dass es mir jetzt wirklich reicht.
    Ich rufe die Polizei an. Der Beamte am anderen Ende glaubt mir kein Wort, verbindet mich aber trotzdem mit der Kriminalwache. Stotternd erzähle ich von den Ereignissen auf Island – von Sira Magnus, von den Arabern, von unserem archäologischen Fund. Ich sage, ich würde vermuten, dass jemand in meiner Wohnung war. Während ich mich reden höre, stelle ich mir vor, wie der Mann im Kästchen für »Fall für den Psychiater« einen Haken setzt.
    Da sagt der Polizist etwas Überraschendes: »Jesses!«
    Vielleicht hat er schon mal von mir gehört. Vielleicht haben ihn mein Titel oder all die Hinweise auf Snorri beeindruckt. Warum soll nicht auch ein Polizist ein gewisses Maß an Abenteuer und Dramatik im Alltag vermissen?
    »Wir schicken jemanden vorbei«, sagt er knapp.

2
     
    Der Jemand, den sie vorbeischicken, ist mollig, trägt einen halb langen Rock und einen eng anliegenden Pullover, der ihre üppigen Brüste nicht gerade kaschiert.
    Im ersten Augenblick halte ich sie für eine Vertreterin. Dann entdecke ich den Ausweis um ihren Hals, auf dem POLIZEI steht.
    Sie heißt Ragnhild und ist Kriminalkommissarin. Ich habe Wasser für einen Pulverkaffee aufgesetzt, und wir setzen uns ins Wohnzimmer. Ich erzähle ihr detailliert, was auf Island passiert ist und wieso ich glaube, dass bei mir eingebrochen wurde. Sie lacht mich weder aus, noch verdreht sie die Augen. Als ich am Ende angelangt bin, nimmt sie die Türrahmen und Schlösser in Augenschein. Ich sage, dass wir es mit Profis zu tun haben. Nacheinander zeige ich ihr die Spuren des Einbruchs: die Tastatur, die Bücher, die CDs, das Kreuzworträtsel und den dazugehörigen Stift. Sie lächelt unergründlich und sagt, ich sei ein aufmerksamer Herr.
    Wenig später klingeln zwei Polizeitechniker an meiner Tür und schreiten die Wohnung mit ihren Pinseln und Plastikbeuteln ab, in denen sie alle Beweise sammeln.
    Die Polizei hält sich ein paar Stunden bei mir auf, findet aber keine Spuren. Als die Techniker gehen und Ragnhild sich erhebt, um sich zu verabschieden, sind wir alle genauso schlau wie vorher.
    »Sie wissen sicher, dass das Beweismaterial nicht ausreicht, um Polizeischutz zu veranlassen«, sagt sie. »Aber – passen Sie gut auf sich auf.« Sie drückt mir eine Visitenkarte mit einer ganzen Reihe von Telefonnummern in die Hand. Mit einem Kugelschreiber schreibt sie noch eine Mobilnummer dazu. »Meine Privatnummer. Für den Fall – na, Sie wissen schon.«
     
    Als Ragnhild gegangen ist, schließe ich die Tür ab.

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