Der Pakt der Wächter: Roman
hohe Summen.«
»Einer der eifrigsten Sammler, die damals auftauchten, war ein bis dahin unbekannter Scheich. Ein geheimnisvoller Multimilliardär. Scheich Ibrahim al-Jamil ibn Zakiyy ibn Abdulaziz al-Filastini. Ich weiß nicht, ob dieser Mann jemals in der Öffentlichkeit aufgetreten ist. Wir haben nicht einmal ein Bild von ihm. Er besitzt eine der weltgrößten privaten Sammlungen historischer Reliquien. Nicht wenige sind der Meinung, er verfüge über eine komplette Version des Codex Sinaiticus , der Handschriftensammlung der griechischen Bibel. Diese Bibelversion ist in der ganzen Welt verteilt: dreihundertsiebenundvierzig Blätter befinden sich in der British Library, zwölf Blätter und vierzehn Fragmente im Katharinenkloster, dreiundvierzig Blätter in der Universitätsbibliothek von Leipzig und drei Blätter in der russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg.«
»Und vermutlich eine komplette, unversehrte Kopie bei Scheich Ibrahim«, sagt Professor Llyleworth.
»Der Scheich hat überall auf der Welt Sammler, Konservatoren, Bibliothekare und Forscher engagiert, um ihn zu informieren, sollte es Neuigkeiten über einen eventuellen Wikingerraubzug nach Ägypten geben«, sagt Diane. »Warum? Das wissen wir nicht. Wie wir auch nicht wissen, ob es wirklich Scheich Ibrahims Leute sind, die hinter den Morden in Reykholt und Ringebu stehen.«
»Es ist aber nicht ausgeschlossen«, sagt Professor Llyleworth. »Die Organisation des Scheichs steht nämlich auch unter Verdacht, zwei weitere Morde in den Achtzigerjahren begangen zu haben und dadurch in den Besitz einer alexandrinischen Kopie des Codex Vaticanus gekommen zu sein, der als eines der ältesten Bibeldokumente gilt.«
»Kopie? Ich dachte, es gäbe keine Kopie!«
»Es gibt so einiges, was wir Forscher nicht wissen.«
»Du kennst die Theorie über die parallelen Universen?«, fragt Diane.
Ich sehe sie mit großen Augen an.
Sie lacht. »Es gibt zwei Welten, auch was historische Artefakte anbelangt. In der einen davon bewegen wir Forscher uns. Es gibt aber auch die kommerzielle Welt der Sammler, Diebe, Hehler, Mittelsmänner und Verkäufer. Sie scheuen vor nichts zurück, um an die wertvollsten Gegenstände zu gelangen. Manuskripte. Gemälde und Kunstwerke. Erstausgaben. Archäologische Funde.«
»Und der Scheich ist so ein Mann?«
»Er ist der Schlimmste von allen.«
»Eine mystische Figur, die über ein Netzwerk von Aktivisten, Agenten und Repräsentanten operiert«, sagt Professor Llyleworth. »Er selbst ist ein Eremit, der sich in seinen Wüstenpalast zurückgezogen hat, in dem er seine Sammlung, seinen Reichtum und seinen Glauben pflegt.«
»Aber wie konnte er von dem Pergament wissen, das Sira Magnus gefunden hat? Und von meinen Funden?«
»Er weiß alles«, sagt Diane.
»Er hat Ressourcen wie ein Geheimdienst«, sagt Professor Llyleworth. »Und er ist skrupellos.«
»Warum drängt er so darauf, die Thingvellirrollen zu bekommen?«
»Die Arbeit an der Übersetzung ist bis jetzt viel zu kurz gekommen«, sagt Diane. »Aber wir nehmen inzwischen an, dass die Thingvellirrollen sowohl eine hebräische Kopie als auch eine koptische Übersetzung eines weitaus älteren biblischen Dokumentes umfassen. Vermutlich älter als der Codex Vaticanus und garantiert älter als die Septuagintaen .«
»Was will der Scheich mit dem Text?«
»Vielleicht will er ihn einfach bloß haben«, schlägt Diane vor.
»Um ihn zu besitzen«, ergänzt Professor Llyleworth.
Ihre vagen Vermutungen klingen für mich nicht plausibel.
»Vielleicht beinhaltet er neue Informationen, neues Wissen«, deutet Professor Llyleworth an.
»Wir wissen es wirklich nicht, Bjorn «, sagt Diane. Sie hat es nie gelernt, meinen Namen richtig auszusprechen. Früher hat mich ihr Akzent einmal verzaubert. Bjorn …
»Und was machen wir jetzt? Warum habt ihr mich gebeten zu kommen?«
Diane und Professor Llyleworth senken die Blicke.
»Das SIS würde dich gerne engagieren«, sagt Diane. »Wir brauchen dich!« Sie erwidert meinen Blick. We need you ...
Als das SIS den Shrine of Sacred Secrets gefunden hatte, war ich der Letzte, den sie brauchten. Ich war ein norwegischer Kontrolleur. Ein blasser, nerviger Quälgeist, der pain in the ass für die gepflegten Herren, die es auf den goldenen Schrein mit dem jahrtausendealten Manuskript abgesehen hatten. Ich war ihnen im Weg. Wobei ich nicht ausschließen kann, dass ich sie mit meinem grenzenlosen Starrsinn beeindruckt habe. Ist man nur
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