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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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wie ein gut gelaunter Gorilla. Er hat einen kräftigen Bartwuchs und buschige Augenbrauen. Selbst aus seinem Hemdkragen wächst Haar.
    »Stuart!«, brummt er und umarmt seinen alten Kollegen. Sie betrachten sich lächelnd und ungläubig, wie Kriegskameraden, die beide lebend aus dem Schützengraben entkommen sind.
    »Er war mein Assistent bei der Ausgrabung der Amon-Ra-Grabkammer«, erklärt Stuart.
    »Dein Assistent?« Der Museumsleiter lacht schallend. »Dein Sklave war ich!«
    Das Museum ist gut besucht. Ich halte nach dem Fotografen aus der Grabkammer Ausschau. Er ist weg. Sie haben ihn natürlich durch jemand anderen ersetzt.
    »Wovon die wenigsten Kenntnis haben – so sie sich denn überhaupt dafür interessieren -, ist die Sammlung von Papyrustexten, Pergamenten und Papierdokumenten, die wir unten in unserem Kellermagazin aufbewahren«, sagt der Leiter. An Stuart gewandt fügt er hinzu: »Dort sind die Dokumente.«
    Stuart zwinkert mir zu.
    »Was für Dokumente?«, frage ich.
    In diesem Augenblick passieren wir eine Glasvitrine mit einer Figur. Ich bleibe wie angewurzelt stehen.
    Die Holzskulptur ist etwa vierzig Zentimeter groß und stellt einen Mann oder einen Gott dar, der mit beiden Händen seinen Bart festhält. Laut Beschreibung an der Vitrine ist die dreitausendzweihundert Jahre alte Figur von schwarzem Pech bedeckt, der Farbe des Gottes Osiris, und wurde in einem Grab im Tal der Könige gefunden. Die Skulptur sieht der Figur auf dem Bild in Thrainns Büro in Reykjavik frappierend ähnlich – dem Foto einer tausend Jahre alten Bronzefigur, die 1815 bei Eyjafjördur in Nordisland gefunden wurde. Wo kam die Eyjafjördur-Figur her? Aus Ägypten? Oder hatte ein isländischer Wikinger diese im 11. Jahrhundert angefertigt, nachdem er sich in Ägypten hatte inspirieren lassen? Gehörte er vielleicht zu der Mannschaft auf einem von Olavs Langschiffen?
    Ich beeile mich, Stuart und den Museumsleiter einzuholen, die bereits die Treppe erreicht haben, die in den Keller führt.
    »Laut Legende wurde der Hohepriester des Amon-Ra-Kultes, Asim, eines frühen Morgens im Jahre 1013 von den Himmelsgöttern abgeholt«, sagt der Museumsleiter mit einem Lachen und einem Nicken in Stuarts Richtung. »Woher dieses neu erwachte Interesse an Asim? Nach dreißig Jahren?«
    »Wir arbeiten an einer Theorie. Uns sind Manuskriptfragmente in die Hände gefallen, die von ihm stammen könnten.«
    »Manuskriptfragmente? Von Asim? Spannend! Die würde ich sehr gerne sehen!«
    »Ich werde dir Kopien schicken.«
    »Danke, mein Freund. Das würde mich freuen.«
    Der Museumsleiter schließt ein Magazin für uns auf und schaltet die Alarmanlage aus. Dann holt er aus einem Stahlschrank zwei laminierte DIN-A4-Bogen. Bei dem einen handelt es sich um die ägyptische und englische Übersetzung eines Textes, der ursprünglich auf Papyrus geschrieben war. Der andere Bogen zeigt das Foto eines Originaldokumentes, das sich im Museum in Kairo befindet.
    »Dieser Text wurde von unserem Freund Mister Asim geschrieben. Es ist ein Auszug aus der Beschreibung der Beisetzung eines Pharaos, eher ein journalistisches Protokoll als eine religiöse Hymne, basierend auf einer Papyrusschrift aus Das neue Reich sowie auf Hieroglyphen und Wandmalereien. Bedauerlicherweise fehlen der Anfang und der Schluss.«
    ... seit dem Morgengrauen strömte das Volk entlang der Begräbnisstrecke zum Fluss hinunter zusammen. Die Volksmasse sang ein Loblied zu Ehren Amon-Ras. Auf der anderen Nilseite, der Seite der Toten, wartete die fertige Grabkammer bereits seit zehn Jahren. Nur die Steinhauer wussten, wo. Der Pharao war seit siebzig Tagen tot. Osiris erwartete ihn. Die-Trauernden klagten laut, warfen Staub über sich selbst und die Menschenmenge und rissen die Arme in die Luft. Die Tänzer trugen Lendenschurze und Federhüte und bewegten sich im Rhythmus der Trommeln. Am Flussufer unterhalb des Palastes wartete das Bestattungsboot mit der Mumie in dem goldenen Sarg. Ein Raunen ging durch die Menschenmenge, als das Boot mit den schluchzenden und klagenden Angehörigen vom Ufer abstieß, unmittelbar gefolgt von dem Bestattungsboot. Der goldummantelte Sarg lag unter einem geschmückten Dach, das von vier geschnitzten Säulen getragen wurde. Stehende Ruderer lenkten das Boot. Zuletzt legten die Folgeboote mit den Priestern, Off izieren, dem Hofvolk, den offiziellen Repräsentanten, den Tänzern und Dienern, die alle Schätze mitbrachten, ab. Die Wertgegenstände sollten dem Grab

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