Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)
Zuversicht.
Jack hörte, wie sie hinausgingen. Jemand schloss die Tür, und die Stille kehrte zurück. Er hatte noch immer die Augen geschlossen. Die Weißen, es sind die Weißen. Sie warten nur darauf, dass jemand einen Fehler macht.
Dann bewegte sich jemand neben ihm. Jack blickte auf.
»Keine Angst, ich bin's nur. Ich bin noch da«, sagte Miranda leise.
Jack blickte in ihre Augen. »Wie geht's dir?«
»Ich bin müde«, sagte sie. »Es war ein langer Tag.«
»Du zitterst. Meine Jacke«, Jack deutete auf den Stuhl am Schreibtisch, »zieh sie ruhig an.«
Miranda ging zum Schreibtisch und Jack hörte, wie sie etwas aufhob. »Jeder Schriftsteller hat so ein Notizbuch, richtig?« fragte sie und ihre Stimme klang angespannt. Jack drehte sich um. Sie hielt sein in dunkles Leder geschlagenes Buch empor. Ihre dunklen Haare schimmerten im Licht des Kerzenleuchters, der schon zur Hälfte herunter gebrannt war. »Das mag wohl stimmen. Ich würde viel geben, um auch nur eine der Ideen darin gedruckt zu sehen.«
»Das wird, Jack. Du musst Vertrauen haben.«
»Miranda, lass es. Vielleicht sollten wir jetzt darüber sprechen. Was ist mit meinen Füßen? Mit meinen Beinen? Ich will nicht, dass du mir etwas verheimlichst.«
Sie legte das Buch zurück. »Du spürst noch immer nichts?«
Jack wackelte mit Füßen vor dem Feuer. »Nichts in meinen Füßen. Meine Unterschenkel werden allmählich taub. Meine Oberschenkel brennen. Was zum Teufel ist los mit mir?«
»Es gibt keine eindeutige Diagnose.« Sie zögerte. »Du zeigst Anzeichen von extremen Erfrierungen, das habe ich dir schon gesagt, auch wenn es für die Zeit, die du draußen verbrachst hat, untypisch ist. Es läuft zu schnell ab, als ...«
»Als würde jemand den Film vorspulen«, ergänzte Jack. »Das liegt an diesen Dingern dort draußen.«
»Ich denke auch, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt. Wir müssen über eine Amputation nachdenken.« Das Wort verhallte. Amputation. Das war gleichbedeutend mit dem Verlust eines Körperteils und Schmerzen.
»Nur meine Zehen?« Jack hoffte, dass es nicht mehr sein würde. Er wusste nicht, ob er es durchstehen konnte, das spürte er.
»Ja.« Sie zögerte wieder. »Fürs erste. Wir wissen nicht, mit was wir es zu tun haben. Wir wissen nicht, wie sich es ausbreitet. Ich sagte bereits, es ist keine gewöhnliche Erfrierung.«
»Es ist wie das Eis an diesem Fenster. Nur dass ich dieses Eis in mir trage.«
»Es tut mir leid.«
»Hast du die nötigen ... Werkzeuge?« In seinen Gedanken tauchten die Bilder von großen Sägen und Messern auf.
»Es gibt eine kleine medizinische Ausstattung hier, ja. Jim hat mir bestätigt, dass es möglich sein sollte.«
»Jim hat es bestätigt? Und er nichts davon gesagt, als die junge Frau dort unten auf dem Boden der Eingangshalle verblutet ist?«
»Das war etwas anderes. Sie hätte ich nicht retten können.«
»Wir machen es morgen«, sagte Jack. »Ich will eine Nacht darüber schlafen.«
»Okay.« Miranda kam an seine Seite zurück. »Es ist schrecklich. Aber vielleicht hilft es. Tut mir leid.«
»Angenommen, wir unternehmen nichts. Was geschieht dann?«
»In Folge der Ansammlung des abgestorbenen Bluts wäre die Folge eine Blutvergiftung. In jedem Fall stünde am Ende ... der Tod.«
»Ich verstehe. Es ist also ernst.«
Miranda griff nach seiner Hand, wie sie es getan hatte, als er unten vor dem Kamin aufgewacht war. »Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Vielleicht ist der Sturm morgen vorbei. Vielleicht ist das alles nur ein böser Traum.« Sie blickte zum Fenster. »Vielleicht wachen wir morgen auf und stellen fest, dass dort draußen eine Abteilung Ranger wartet, die uns mit in die Stadt nehmen will. Hoffnung, Jack. Wenn wir jetzt die Hoffnung aufgeben, verlieren wir alles.«
Er erwiderte ihren Händedruck. »Es gibt nicht viel, was ich verlieren könnte.«
»Sag das nicht.«
»Und wenn es die Wahrheit ist? Was ist mit dir?«
»Ms. Reiley hat bis vor einer Woche nicht daran geglaubt, dass sie diese Woche überhaupt erleben würde.« Ihr Händedruck verstärkte sich und ihre Stimme wurde rau. »Ich bin unglücklich. Nein, das reicht nicht. Ich bin verzweifelt. Aber ich weiß auch, dass ich ihn nicht wieder sehen will. Nie mehr.«
»Ihn?« fragte Jack behutsam.
»Patrick. Wir waren verheiratet.«
»Bis vor einer Woche.«
»Er hat mich betrogen, und zwar nicht nur ein Mal.« Sie sah ihn an. »Keine Ahnung, warum ich dir das erzähle. Aber egal. Wir sind im Krieg
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