Der Pakt - Rügen Thriller
verschwunden, ihre Seele, damals eine einzige offene Wunde, wieder zur Ruhe gekommen. Dennoch, der Gedanke, Brücken hinter sich abzubrechen, hatte ihr noch nie sonderlich gefallen.
»He!«, hörte sie Luisas Stimme wie aus weiter Ferne. »Wollen wir was essen? Ich könnte uns eine Pizza backen. Eine Flasche Rotwein ist auch noch da.«
Unten im Erdgeschoss läutete ein Telefon. Luisa drehte sich herum und horchte.
»Das klingt wie deins.«
Manja seufzte und stand widerwillig auf. Nackt tappte sie die Treppe hinunter und griff nach dem Mobiltelefon, das auf dem Esstisch vibrierte.
»Frau Koeberlin?«, ertönte eine Stimme. »Hier spricht Oberstaatsanwalt Mast.«
Die Worte schienen aus einer anderen Welt zu kommen. »Wer ist da bitte?«
»Günter Mast. Wir haben uns vor einigen Jahren bei einer Fortbildung in Berlin kennengelernt. Ich habe damals einen Vortrag über die Nigeria-Connection gehalten.«
»Hm, ja, jetzt erinnere ich mich«, sagte Manja, während sie sich bemühte, die Gedanken in ihrem Kopf zu ordnen.
Oberstaatsanwalt Mast.
Vor ihrem Auge tauchte ein sauber rasiertes, etwas fleischiges Gesicht auf. Ein Mann Ende fünfzig, mit der Frisur Albert Einsteins und der Figur eines Kühlschranks. Gut gekleidet, verbindlich, sehr professionell. Er führte die Wirtschafts a bteilung irgendeiner Staatsanwaltschaft in Mecklenburg-Vorpommern, wenn sie sich richtig erinnerte. Ja, sie kannte ihn.
Aber was wollte er von ihr?
»Hören Sie, können Sie den nächsten Flieger nach Deutschland nehmen und auf die Insel Rügen kommen?«, fragte Mast in einem Ton, als würde er im Restaurant um den Salzstreuer bitten. »Ich bin mittlerweile Leiter der Staatsanwaltschaft in Stralsund. Hier l äuft ein Ermittlungsverfahren, bei dem ich Sie dringend brauche.«
Fast hätte Manja laut geprustet vor Verblüffung. »Wie bitte? Wissen Sie eigentlich, dass ich beurlaubt bin, Herr Mast?«, fragte sie. »Ich lebe derzeit in den Vereinigten Staaten.«
»Natürlich weiß ich das. Aber wie gesagt, ich brauche Sie. In Binz hat es vor drei Tagen einen ziemlich üblen Mord gegeben. Sieht nach Profiarbeit aus.«
»Und was hat das mit mir zu tun?«, fragte Manja. »Ich arbeite für die Staatsanwaltschaft Dresden, wie Sie wissen.« Mit über trieben geduldiger Stimme fügte sie hinzu. »Wenn ich nicht gerade beurlaubt bin. Außerdem hatte ich bislang nur mit Wirtschaftsstrafsachen zu tun.«
»Das Opfer heißt Kirijenko.«
Manja stutzte. »Moment, Sie meinen …?«
»Bundesrichter Wladimir Kirijenko aus Moskau. Sie haben vor einiger Zeit gegen ihn ermittelt.«
»Und deshalb …?«
»Es gibt in der deutschen Justiz niemanden, der mehr über diesen Mann weiß als Sie. Meint jedenfalls Ihr Chef in Dresden. Er ist bereit, Sie für die Dauer dieses Ermittlungsverfahrens nach Stralsund abzuordnen. Wir haben hier ziemlichen Druck, wie Sie sich denken können. Das russische Außenministerium hat ein Riesen theater gemacht. Ich muss schnellstens Ergebnisse liefern.«
»Herr Mast, wirklich, ich … ich fühle mich geehrt. Aber ich bin jetzt seit drei Jahren aus dem Geschäft. Und, um ehrlich zu sein, ich habe nicht das geringste Verlangen, nach Deutschland zurückzukehren. Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht helfen.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte für ein paar Augenblicke Stille. Schließlich sagte Mast: »Frau Koeberlin, es ist nicht meine Art, fremde Schulden einzutreiben. Aber in dem Fall bleibt mir wohl keine andere Wahl.«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich habe vorhin wie gesagt mit Ihrem Chef in Dresden gesprochen. Oberstaatsanwalt Kolbe. Er hat gemeint, ich solle Sie notfalls daran erinnern, dass Sie ihm noch einen Gefallen schulden.«
Manja spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Sie atmete tief aus. »Verstehe«, sagte sie mit matter Stimme. »Also gut, ich nehme die nächste Maschine.«
Sie unterbrach die Verbindung und ging in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Plötzlich stand Luisa hinter ihr, an den Türrahmen gelehnt. Auch sie war noch nackt. »Die nächste Maschine wohin?«
Manja zuckte die Schultern. »Zurück nach Deutschland. Es geht um ein Ermittlungsverfahren, an dem ich mitwirken soll. An der Ostsee.«
»Aber …« Luisas Unterlippe begann zu zittern. »Wieso denn so plötzlich?«
Manja trat zu ihr und schloss sie in die Arme. »Kein Grund zur Sorge. Ein paar Wochen, dann bin ich wieder da, okay?«
»Worum geht es denn überhaupt? Und wer war das da gerade am Telefon?«
»Ich erkläre
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