Der Pakt - Rügen Thriller
nichts. Und glaube mir, ich habe wirklich alles unter die Lupe genommen. Die Schubladen des Schreibtischs. Sämtliche Ordner in seinem Aktenschrank. Die Ablagefächer. Ich habe jedes Buch durchgeblättert, unter dem Schreibtisch nachgeschaut, sogar im Papierkorb. Nichts. Nur der Safe …« Sie hielt inne, um Luft zu holen.
»Ja?«
»Der Safe hat plötzlich eine neue Kombination. Die alte kannte ich. Axel und ich haben keine Geheimnisse voreinander. Dachte ich jedenfalls. Und in dem Safe liegen persönliche Unterlagen von uns beiden. Geburtsurkunden, Familienbuch, so etwas. Doch auf einmal konnte ich ihn nicht mehr öffnen. Ich habe alle Zahlen probiert, die mir in den Sinn kamen. Sein Geburtsdatum. Unser Hochzeitstag. Und so weiter. Nichts.«
»Das heißt, du weißt nicht, was sich momentan im Safe befindet?«
»Richtig. Aber wie du dir denken kannst, wurde mein Misstrauen dadurch noch größer. Am Sonntag war ich in Axels Wahlkreisbüro. Dort habe ich ebenfalls alles durchwühlt. Ohne Ergebnis. Als ich wieder zu Hause war, fiel mir der Keller ein. Dann kam die Garage dran und anschließend der Dachboden.«
»Klingt, als seist du ziemlich beschäftigt gewesen.«
»Worauf du Gift nehmen kannst. Am Mittwoch stand in der Ostsee-Zeitung ein Artikel über einen Wirtschaftsspionage-Fall in Stockholm. Da hieß es, dass Kopierer, Faxgeräte und so weiter heutzutage alles kleine Computer seien mit Festplatten, auf denen sämtliche Daten zwischengespeichert werden. Dieser Typ in Stock holm wurde ertappt, weil er vertrauliche Unterlagen über den Firmenkopierer gezogen hat. Da kam mir eine Idee.«
Nora rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über den Nasenrücken. »Bist du sicher, dass ich sie hören will?«
»Und ob! Ich habe bei unserem Fax die Tonerpatrone herausgenommen. Im Keller hatten wir noch eine leere. Die habe ich hineingeschoben. Und dann habe ich den Servicedienst angerufen. Mein Mann ist gerade im Ausland, und ich kleines Dummerchen habe doch keinen blassen Schimmer, wie man die Patrone wechselt. Aber unser Berliner Büro will meinem Mann etwas ganz, ganz Wichtiges schicken …«
»Ich kann’s mir lebhaft vorstellen.« Nora wedelte mit der Hand. »Weiter!«
»Ich habe dem Monteur gesagt, dass schon die letzten Blätter kaum noch lesbar gewesen seien. Ob ich sie noch mal ausdrucken könne. Er meinte, das sei kein Problem. Die letzten fünfzehn Faxe seien noch im Speicher. Auch die gesendeten.« Kerstin sah ihre Schwester mit einer Mischung aus Traurigkeit und Triumph an. »Und die hat er mir dann netterweise noch einmal ausgedruckt.«
»Was hast du denn nun gefunden? Red schon!«
»Das Meiste betraf Axels politische Arbeit. Aber dazwischen kam das hier.« Kerstin nahm ihre Handtasche und zog eine A4-Seite in einer Klarsichtfolie heraus. Sie enthielt vier handschriftliche Zeilen.
»Herrn Görtes, HSB«, las Nora im Schein der Kerze. »Ich bestätige die Terminänderung. Sonnabend, 15. Dezember, 20.00 Uhr, Renaissance Phuket Resort. Wir treffen uns in meiner Suite. AG.« Als sie wieder aufblickte, war ihre Stirn gerunzelt. »HSB. Hast du eine Idee, was es damit auf sich hat?«
»Das Fax wurde an eine Nummer mit Dresdner Vorwahl gesendet. Ich habe im Internet nachgeschaut. HSB steht für Herzog, Strasser & Beermann. Die größte Anwaltskanzlei Sachsens.«
»Und was hat Axel mit denen zu tun?«
»Ich weiß es nicht. Dieser Görtes ist Anwalt für Steuerrecht. Axel hat ihn mir gegenüber nie erwähnt.«
»Vielleicht ist die Kanzlei in Thailand tätig und hat deinen Mann um Unterstützung gebeten. Du weißt schon, Türen öffnen, Kontakte herstellen.«
Kerstin schüttelte den Kopf. »Glaube ich nicht. Ich habe mir auf der Homepage der Kanzlei den Lebenslauf von diesem Görtes angeschaut. Kein Wort über Asien.«
»Trotzdem, ich vermute, dass diese Sache«, Nora tippte auf die Klarsichthülle, »mit Axels politischer Arbeit zu tun hat. Bestimmt gibt es eine ganz harmlose Erklärung dafür.«
»Ich weiß nicht. Mein Gefühl sagt mir, dass es nichts Harmloses ist.« Kerstin zögerte einen Moment. »Außerdem gab es noch ein zweites Fax.«
28
In Thailand war es nach Mitternacht, aber Axel Gruber schlief nicht. Er benötigte ohnehin nicht viel Schlaf und heute, nach einem herrlichen Tag am Strand, fühlte er sich erholt und ausgeruht. Außerdem liebte er die nächtliche Schönheit der Insel. Seine letzten Stunden auf Phuket wollte er genießen. Schlafen konnte er auch später im Flugzeug.
Entspannt
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