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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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persönlich anrufen. Mal sehen, ob ich ihn überreden kann, das Ganze doch noch mit zu tragen. Ich glaube allerdings, dass wir auch mit General Marshall und General Arnold Probleme haben werden. Aus demselben Grund.«
    Hopkins zuckte die Achseln.
    »Trotzdem bedauerlich.« Roosevelt zündete sich eine Zigarette an und rauchte sie ohne seine Zigarettenspitze, was wohl von erhöhter Nervosität zeugte. Er setzte sich in seinem 466

    Rollstuhl zurecht und sah Reilly an. »Mike? Wie begründen wir offiziell unseren Umzug in die russische Botschaft?«
    »Damit, dass es eine ganz schöne Strecke von hier bis zur sowjetischen Botschaft ist. Was bedeuten würde, dass Sie durch ungesicherte Straßen fahren müssten, während hier immer noch deutsche Fallschirmagenten frei herumlaufen. Drei bis sechs Mann sind nach Auskunft der Iwans immer noch nicht gefunden. Außerdem könnte es irgendwelche Demonstrationen gegen die Briten oder auch gegen die Russen geben, und dann würden wir mittendrin stecken.«
    »Das stimmt wirklich«, sagte Roosevelt. »Haben Sie gesehen, was für einen Empfang sie uns auf dem Weg vom Flughafen hierher bereitet haben? ich kam mir vor wie Hitler beim Einzug in Paris.«
    »Hinzu kommt«, fuhr Reilly fort, »dass die russische und die britische Botschaft, verglichen mit unserer, geradezu hermetisch gesichert sind. Wussten Sie, dass diese Botschaft hier im letzten Monat mehrfach ausgeraubt wurde? Zudem sitzen die Briten und die Russen direkt nebeneinander, sodass wir, falls doch irgendetwas schief liefe, jede Menge Soldaten hätten, um Sie zu schützen, Mr. President. Jedenfalls dürfte unterm Strich kaum jemand widersprechen, wenn wir behaupten, dass wir um Ihrer Sicherheit willen in die russische Botschaft umgezogen sind.«
    Im ersten Moment traute ich meinen Ohren nicht. Reilly konnte doch nicht davon gesprochen haben, den Präsidenten der Vereinigten Staaten in die »sichere« russische Botschaft bringen zu wollen. Aber Roosevelt nickte.
    »Ja, Mike, sagen Sie das«, sagte er. »Aber glauben Sie nicht, dass es kein Gerede geben wird. Ganz egal, welche Begründung wir liefern. Das gesamte Pressekorps wird zetern, dass die Russen alles, was ich sage, mit versteckten Mikrophonen abhören werden. Solange wir darauf keine Antwort haben, 467

    werden sie mir vorwerfen, ich sei naiv. Oder schlimmer noch, unfähig. Lahm. Krank.«
    »Wie wäre es denn mit Folgendem?«, sagte Hopkins. »Um zu demonstrieren, dass wir ohne vorgefertigte Strategie nach Teheran gekommen sind, ohne irgendwelche Pläne, die wir mit den Briten ausgebrütet hätten …« Hopkins hielt einen Moment inne und fuhr dann fort: »Im Geiste der Offenheit und Zusammenarbeit wohnen wir in der russischen Botschaft, wohl wissend, dass wahrscheinlich alles, was wir sagen, von den Sowjets abgehört wird.
    Aber vor unseren Verbündeten haben wir ja nichts zu verbergen. Und deshalb kann es uns piepegal sein, ob sie unsere Gespräche abhören. Wie finden Sie das, Mr. President?«
    »Klingt gut, Harry. Das gefällt mir. Wenn wir erst mal auf dem russischen Botschaftsgelände sind, können wir uns natürlich völlig abschotten, und die Presse erfährt überhaupt nicht mehr, was dort drinnen vor sich geht, stimmt’s, Mike? Die Sowjets sind doch unschlagbar darin, auf derlei Dinge den Deckel draufzuhalten.«
    »Deshalb sind wir ja nach Teheran gekommen«, sagte Reilly.
    »Um den Deckel draufzuhalten. Aber wie wäre es, wenn wir vorher noch behaupten würden, wir hätten Stalin auf einen Drink herübergebeten und er habe uns abblitzen lassen? Er habe sich geweigert, zu uns zu kommen? So steht er als derjenige da, der um seine Sicherheit besorgt ist, besorgter als Sie. Und deshalb seien wir in die russische Botschaft umgezogen.«
    »Gut«, sagte Roosevelt. »Auch das gefällt mir.«
    »Schließlich, Mr. President«, sagte King, »waren Sie doch derjenige, der um die halbe Welt geflogen ist, um hierher zu kommen. Nicht Stalin. Sie haben ja keine Angst vor dem Fliegen.«
    »Stimmt, Ernie«, sagte Roosevelt.
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    »Und wann bringen wir unser kleines Theaterstückchen?«, fragte Harriman.
    »Heute Abend«, sagte Roosevelt. »Dann kann es gleich morgen früh losgehen. Wenn die andere Seite mitspielt.«
    »Tut sie«, sagte Reilly. »Aber Mr. Harriman sagt etwas sehr Richtiges, wenn er von einem Theaterstückchen spricht. Ich denke, das Beste wäre vielleicht eine kleine Inszenierung, wie Sie diese Botschaft hier verlassen und zur russischen Botschaft fahren.

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