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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Präsidentenschutzes?«, fragte ich Rauff.
    »Nur hier an Bord. Sonst ist der Chef Mike Reilly. Aber der ist jetzt gerade in Nordafrika und wartet auf unsere Ankunft am Samstag.«
    »Und wie ist es so, den Präsidenten zu bewachen?«, fragte ich Pawlikowski.
    Pawlikowski zuckte die Achseln. »Ich bin da noch neu. Hab vor dem Boss jemand anderen bewacht. John McCloy vom Kriegsministerium.« Er deutete mit dem Kinn auf Rauff.
    »Fragen Sie ihn.«
    »Ist anders als alles, was ich sonst kenne«, sagte Rauff. »Und ich mache diesen Job schon seit vor dem Krieg. Damals, 1935, haben wir FDR noch mit neun Mann bewacht. Heute sind wir über siebzig. Wissen Sie, der Boss ist besonders verwundbar, wegen des Rollstuhls und so. Er kann nicht ausweichen wie ein normaler Mensch. Einmal, in Pennsylvania, hat jemand ein Gummimesser auf ihn geworfen. Wir wussten in dem Moment natürlich nicht, dass es aus Gummi war. Jedenfalls, es hat den Boss genau an der Brust getroffen. Wenn es ein echtes Messer gewesen wäre, wäre er wahrscheinlich tot gewesen. Und keiner von uns hatte es kommen sehen. Nur der Boss. Aber er konnte nichts machen.«
    »In diesem Job braucht man Augen am Hinterkopf«, sagte Pawlikowski. »So viel steht fest. Selbst auf einem Kriegsschiff 259

    der Vereinigten Staaten. Ist doch nicht zu fassen, oder? Diese Idioten auf der Willie D.? «
    »Ja, was war denn da eigentlich los?«, sagte ich. »Ich habe immer noch keine Erklärung dafür gehört.«
    Pawlikowski lachte schnaubend. »Dieser verdammte Trottel von Kapitän hatte wohl beschlossen, die kleine Feuerwerksshow des Präsidenten zu nutzen und die Iowa als Ziel für ein Übungsmanöver zu nehmen. Der Torpedoabschuss hatte eigentlich nur simuliert werden sollen, aber jemand hat es geschafft, wirklich einen abzufeuern. King ist stinkwütend. Es ist anscheinend das erste Mal in der Geschichte der Navy, dass ein ganzes Schiff samt Besatzung unter Arrest gestellt werden musste.«
    Pawlikowski entnahm Schmidts Tasche zwei Flaschen Mount Vernon und sagte kopfschüttelnd: »Der Bursche war ja gut gerüstet, was?«
    »Vielleicht wollte er ja deshalb letzte Nacht zu mir«, sagte Rauff lachend. »Um mich auf einen Drink einzuladen.«
    Pawlikowski machte sich daran, die Sachen des Toten, einschließlich der beiden Flaschen, wieder in die Tasche zu packen.
    »Hier drin ist nichts Aufschlussreiches«, sagte er. Ich trat zurück, um ihn durch die Tür zu lassen, und bemerkte, dass er das Schach-Set in der Hand hielt. Als er meinen Blick sah, sagte er: »Spielen Sie?«
    »Nicht wirklich«, log ich.
    »Gut. Dann habe ich wenigstens den Hauch einer Chance, Sie zu schlagen.«
    »In Ordnung. Aber später, okay?«
    »Klar. Wann Sie wollen.«
    »John Weitz«, sagte Rauff. »Wie gut kennen Sie ihn?«
    »Ich kenne ihn gar nicht«, sagte ich.
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    »Aber Sie haben ihn doch ziemlich schnell in Schutz genommen, oder? Ich meine, wir haben doch beide gehört, wie Mr. Weitz gedroht hat, Schmidt umzubringen.«
    »Das ist ihm nur im Eifer des Gefechts so herausgerutscht, meinen Sie nicht?«
    »Mag sein. Aber ich wüsste trotzdem gern, warum Sie ihm sofort beigesprungen sind. Ist das so ein Elite-UniversitätenDing?«
    »Wahrscheinlich habe ich wirklich ein bisschen zu automatisch reagiert.« Ich zuckte die Achseln. »Kann schon sein, dass das ein Elite-Universitäten-Ding ist, wie Sie sagen.
    Tut mir Leid.«
    »Er hat wahrscheinlich nichts damit zu tun«, sagte Pawlikowski.
    »Aber fragen müssen wir nun mal. Wenn jemand Mr. Schmidt ermordet hat, könnte dieser Jemand noch mal zuschlagen, verstehen Sie?«
    »Andererseits«, sagte Agent Rauff, »kann es natürlich einfach nur ein Unfall gewesen sein. Vielleicht ist Mr. Schmidt ja aufs Hauptdeck hinaufgegangen und von einer hohen Welle erfasst worden. Wird manchmal ganz schön rau dort oben.« Er zuckte die Achseln. »Betrunken. Droben auf dem Bug bei schwerer See. Nachts. Wer weiß, was da passiert ist?«
    Ich nickte, um sie endlich loszuwerden. Ich war in Gedanken immer noch bei Ted Schmidt. Ich blieb den Rest des Tages in meiner Kabine und dachte über ihn nach. Niemand klopfte an meine Tür. Niemand kam, um mir zu sagen, dass man ihn in irgendeinem vergessenen Winkel des Schiffs gefunden hatte.
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    MITTWOCH, 17. NOVEMBER 1943
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    ATLANTIK
    UNTERHALB VON TURM EINS und seiner 40-cm-Drillingsbatterie stand ich auf dem Hauptdeck und sah zu, wie der Bug der Iowa durch die gischtige See glitt. Ich drehte mich

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