Der Paladin
Dickicht gegenüber dem Haus.
Und so zog er seine lederne Bundhose an, die er normalerweise zur Jagd benutzte, die aber mit Hornstücken verstärkt war, besonders an der Vorderseite der Schenkel, so daß sie die Körperteile bedeckte, wo das Panzerhemd nicht hinreichte. Er ließ nur die Schienbeinschützer aus, die für einen längeren Fußmarsch ungeeignet waren, nahm aber seine Trinkflasche und den Bogen mit, als er zum Waldrand ging. Inzwischen war es schon recht hell, nur die Feuchtigkeit hing noch an den Blättern, und es war deutlich zu sehen, daß sie an der vermuteten Stelle gewesen war – sich sogar eine Zeitlang dort aufgehalten hatte, gekommen und gegangen war.
Und wieder gegangen war.
Es war töricht gewesen, auf ihn zu schießen, solange ihm der Nebel geholfen hatte. Sie hatte einen Fehler gemacht, einen simplen Anfängerfehler – teilweise aufgrund von zuviel Selbstvertrauen, teilweise weil sie die Dinge in Bewegung hatte bringen wollen, als es für ihren Geschmack zu ruhig gewesen war.
Als er die Fährte sah, die nicht deutlicher hätte sein können, lächelte er vor sich hin.
Wirklich ein Kampf gegen sich selbst. Kein Mensch, selbst wenn er die Umgebung gekannt hätte, konnte sich an einem solchen Morgen durch den Wald bewegen, ohne Spuren zu hinterlassen, und nach dem Tropfenbehang der Blätter vermochte er hinlänglich genau zu schätzen, wann Taizu vorbeigekommen war.
Die Fährte führte ihn weg vom Haus und tiefer in den Wald hinein; das gefiel ihm nicht. So bliebe ihr ausreichend Zeit, wieder umzukehren, wenn er sich nicht schneller und sicherer bewegte; und er achtete nicht auf sein schmerzendes Bein und lief über die Lichtungen. Die steigende Sonne löste den Nebel auf, die Wolken rissen auf; und der Vorteil, den ein Flüchtender im Gebirge haben mochte, war bei Tageslicht sehr viel weniger wert.
Nachdem er einmal die Fährte entdeckt hatte, war es nicht mehr schwer, den Plan nachzuvollziehen, den sie verfolgt hatte – er entdeckte weitere Hinweise, eine gewöhnliche, über einen Hang führende Fährte mit umgeknickten Pflanzen und gelockerten Steinen und nach einer Weile eine Spur, die deutlich wie eine Straße durchs Gebüsch führte.
Es war jedoch weder der passende Ort noch der passende Zeitpunkt, um leichtsinnig zu werden.
»Meister Saukendar!« schwebte eine Stimme zu ihm herab. »Ihr müßt mich nicht suchen. Ich komme hinunter. Ihr müßt mir bloß versprechen, mich zu unterrichten. Ihr braucht Euch um mich keine Sorgen zu machen.«
So einfältig war er nicht, daß er ihr geantwortet hätte.
Soll sie sich jetzt ruhig Sorgen machen, dachte er und beschleunigte seine Schritte entlang ihrer Fährte, ohne auf ihre Stimme zuzugehen, die von jenseits der Schlucht eines anderen Berges kam, von einer Stelle, von der aus er sich ihren weiteren Weg gut vorstellen konnte. Wenn sie schlau war, dann wollte sie herausfinden, wo er war, oder sie versuchte ihn von der Fährte wegzulocken, damit er seine Zeit mit dem Wiederfinden ihrer Fährte vertat, die sie gut verwischen würde.
Wenn sie sich auskannte. Wahrscheinlich hatte sie im Augenblick große Angst; und auf diesem Hügel gab es Trampelpfade; er hatte sie ausgetreten, und er kannte sie viel besser als Taizu. Wenn er herausfand, auf welchem Pfad sie sich befand, dann konnte er tatsächlich eine Abkürzung nehmen.
»Meister Saukendar!« Sehr hoch und weit weg. »Habe ich meine Fähigkeiten nicht unter Beweis gestellt? Mehr wollte ich nicht. Mehr habe ich die ganze Zeit über nicht gewollt. Ich wollte Euch nicht treffen. Ich hätte es tun können. Ich bin keine schlechte Bogenschützin.«
Er ging weiter. Er hatte jetzt das unbestimmte Gefühl, daß sie wußte, wohin sie ging. Er stieß auf die gleiche Art von Fährte wie vorhin, auf gelockerte Steine und geknickte Pflanzen, von denen einige braune Stengel hatten: nicht erst seit heute morgen, seit sie vorbeigekommen war.
Warum?
»Meister Saukendar?«
Er gab keine Antwort. Sie führte ihn vom Haus weg; dann würde sie den bergab führenden Trampelpfad einschlagen und vor ihm zur Hütte zu gelangen versuchen.
Doch es gab eine Abkürzung zu dem Weg, auf dem sie sich jetzt befand.
Er kletterte neben dem Pfad den Hang hinunter, indem er sich von Baum zu Baum bewegte, um nicht zuviel Schwung zu bekommen. Auf der anderen Seite kletterte er rasch zwischen den Kiefern hinauf, weil ihr Pfad bis zu dieser Stelle herabführte.
Auf ihrer Seite gab es nur einen möglichen Abstieg, es sei
Weitere Kostenlose Bücher