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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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genug, um ihm zu zeigen, daß er vollkommen närrisch war.
    Schließlich half nichts mehr, als ihrer beider Fell zu riskieren, Jiro das Halfter anzulegen, auf den ungesattelten Rücken zu steigen und mit ihm aus dem Pferch hinaus und auf die Weide zu reiten, hin und her, hin und her, während er die ganze Zeit über dachte, welch großes Ziel sie beide abgäben; und jedesmal, wenn sie dem Haus und dem Stall den Rükken zuwandten, blickte er sich über die Schulter um – was das Mädchen bestimmt dazu veranlaßte, sich in seinem Versteck vor Lachen am Boden zu wälzen.
    Alles war aus den Fugen geraten. Jiro war durcheinander, und er selbst machte sich jedesmal Sorgen, wenn er die Augen von der Lichtung, dem Stall oder der Hütte abwandte, und bei jeder Wende fiel ihm ein halbes Dutzend Möglichkeiten ein, wie ein entschlossener Gegner ihn hätte überwältigen können.
    Er kämpfte wieder gegen sich selbst. Etwas Besseres fiel ihm nicht ein.
    Und sie setzte ihn unter Druck, ohne überhaupt etwas getan zu haben. Mit geringstem Kraftaufwand.
Sie
hatte alles richtig gemacht.
    Falls sie überhaupt dort draußen war.
    Verdammt,
dachte er und kämpfte mit sich, wieder und wieder und wieder.
    Er brachte Jiro ins Schwitzen und führte ihn besser gelaunt in den Stall zurück, rieb ihn ab und bürstete ihn, während er ständig den Waldrand beobachtete und ihm einfiel, daß die einzige Stelle, die er nicht einsehen konnte, die Rückseite der Hütte war, wo der Wald viel näher herankam; und er überlegte, daß es möglich wäre, mittels der Regentonne und des Holzstapels, den er nachlässigerweise hinter der Hütte aufgeschichtet hatte, aufs Dach zu klettern und durch die Luke einzudringen...
    Saukendar an ihrer Stelle...
    Er traute sich nicht, hinter dem Haus zu arbeiten und dort etwas zu verändern, denn wenn er dort arbeitete, könnte er die andere Seite nicht einsehen: Wenn sie es auf das Pferd abgesehen hatte, könnte sie ungesehen in den Stall laufen...
    ...und ihn so durcheinanderbringen, daß er geradewegs in einen Hinterhalt rannte. Sie brauchte ihn nur zu beobachten und festzustellen, was er behütete, um herauszufinden, was ihm etwas bedeutete und wie sie ihn dazu bringen konnte, kopflos zu handeln.
    Verdammt.
     
    Er bereitete sich eine einfache Mahlzeit und verzehrte sie im Eingang der Hütte sitzend, während die Sonne unterging. Er fragte sich, ob Taizu wohl etwas zu essen im Korb hatte und wie sie es schaffte, so lange auszuhalten, und ob sie wußte, wie sie sich auf diesen Bergen Nahrung verschaffen konnte.
    Aber ein Bauernmädchen würde die Beeren und Wurzeln kennen, die eßbaren und die ungenießbaren...
    Und die giftigen...
    Bei diesem Gedanken fühlte sich der Reis ein wenig merkwürdig auf der Zunge an. Er aß weiter. Der Reis war in Ordnung. Auch im Tee war nichts.
    Es hieß, die Fürstin Bhosai sei in Chiyaden an Gift auf dem Boden einer Teeschale gestorben.
    Verdammt, er dachte schon wieder an den Hof, an das ganze verfluchte Unheil.
    An die Lehren seines Vaters, die mitternächtlichen Übungen, an die Fallen, die ihm sein Vater gestellt hatte...
    ...an die Dinge, die ihn am Leben erhalten hatten, während drei der alternden Freunde des Kaisers Unfällen zum Opfer gefallen waren. Den Tod des Fürsten Riga hatte er aufgedeckt, die Verbindung des Mörders zu Ghita jedoch nicht beweisen können...
    Er hätte Ghita töten sollen, solange er die Möglichkeit dazu gehabt hatte. Doch da Ghita nur einer von vielen gewesen war und da der alte Kaiser es ihm verboten hatte...
    Er setzte die Reisschüssel ab und trank seinen Tee, versuchte die Vergangenheit wieder zu verdrängen, während der Panzer ihm schwer auf den Schultern lastete und gegen die Rippen drückte und die Sonne der Dämmerung entgegensank.
    Das waren die Veränderungen im Gebirge, der Wechsel von Dämmerung zu Dunkelheit und zu neuer Dämmerung, vom Winter zum Frühling und wieder zum Winter – ein Tag war wie der andere, ein Sturm wie der andere, ein Blatt wie das andere, von der Knospe bis zum Herbst. Neun Jahre des Wechsels waren wie ein Tag, ein Jahr, ein Leben; alles reduzierte sich auf kleine Muster. In der Veränderung blieb alles sich gleich. Man wurde ein Teil der Muster, die eigenen Veränderungen wurden Natur, ein vollkommenes Gleichgewicht, so vollkommen, wie es einem Menschen nur möglich war.
    Doch es war alles ein Tag, war alles ein Jahr, ungeachtet der Tatsache, daß dieser Mensch älter wurde, daß er eines Tages niederstürzen

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