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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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paßt nicht zu einem Jungen.«
    Sie ließ das Haar fallen. »Der Korb«, sagte sie.
    »Hüte dich.«
    »Ich bleibe jedenfalls nicht hier!«
    Sie hatte sich mühelos an den Umgang mit den Männern gewöhnt. Nun schmollte sie, das konnte er trotz des allzu verräterischen Verbands erkennen.
    »Du bist zu leicht zu beschreiben, Frau. Oder wollt ihr eure Köpfe über dem Tor von Lungan hängen sehen?«
    Sie sagte nichts. Sie sah ihn bloß an. Und dann bekam er Angst, als er sie im Geiste hinter sich über die Straße gehen sah.
    »Es wird uns schon was einfallen«, sagte er. Schon die bloße Vorstellung, sie allein in der Stadt zu wissen, beunruhigte ihn – Taizu mit ihrer Angst vor Städten, mit ihrer Unerfahrenheit beispielsweise in so einfachen Dingen, wie man sich durch den Verkehr bewegte.
    Was sie alles nicht abhalten würde, wenn sie es sich einmal in den Kopf gesetzt hatte. Nichts hatte sie je abgehalten.
    »Da ist jemand auf dem Korridor«, sagte Jian. Ein Brett auf der Treppe hatte geknarrt, und sie vernahmen eilige Schritte.
    »Eidi«, sagte Chun, während Jian zur Tür sprang: Eidi hatte die Wache.
    Ein Pochen an der Tür, eine leise Stimme: Jian schob den Riegel zurück und ließ Eidi ein.
    »Hauptmann«, japste Eidi und verneigte sich. »Es heißt, der Regent werde eine Rede halten, im Lager, um zu beweisen, daß er am Leben ist. Daß sich alle dort einfinden sollen. Daß wir – daß die
Rebellen
am anderen Flußufer aufgetaucht wären. Daß der Kaiser eingetroffen sei und mit dem Regenten zum Lager kommen werde.«
    Letzteres überraschte ihn: daß Beijun am Leben war. Daß der Regent sich zu diesem Schritt entschlossen hatte...
    »Ghita ergreift die Initiative«, murmelte er und massierte sich unter seinem fettigen Haarschopf den Hals. »Und unsere Freunde könnten einen Tag zu früh gekommen sein; oder Späher könnten ihr Lager entdeckt oder sie angegriffen haben; oder Ghita weiß genau, wo sie sind, und er hofft, uns mit einer Falschmeldung dazu bewegen zu können, daß wir die Initiative ergreifen und uns zu früh offenbaren.«
    Besorgte Blicke ringsum. »Was machen wir jetzt?« fragte Taizu.
    »Ich denke nach«, sagte er. In der Tat zerbrach er sich den Kopf – saß mit den Armen auf den Knien da, starrte an die grauen Bodenbretter und überlegte, wie er mit Reidi Kontakt aufnehmen könnte.
    Trockene, altersgraue Bodenbretter.
    »Wir sind am Zug«, sagte er selbstgefällig – er konnte nichts dagegen tun. Die Dinge entwickelten sich erstaunlich gut, wenn man bedachte, daß er ständig improvisierte.
Und
er hatte den Gegner gezwungen, seine Deckung zu verlassen.
    Vielleicht, dachte er, erwachten nun, da Chiyadens Schicksal auf dem Spiel stand, die Götter aus ihrem Schlaf.
    Oder vielleicht holte sie ein gewisser alter Mönch mit seinen Gebeten aus dem Bett.
    In seiner frömmeren Jugend hätte er sich wegen eines solchen Gedankens Sorgen gemacht.
     
    Der Strom der Soldaten mit ihrer Ausrüstung und den Schlafmatten, der sich am späten Nachmittag ins Lager ergoß, wirkte wie eine Parade; Gruppen zu Fuß und Gruppen zu Pferd – doch für eine Parade, dachte Shoka, fehlten die winkenden Zuschauer. Die wenigen Bürger, die auf der Straße waren oder aus den Fenstern und von den Läden aus zuschauten, starrten die Soldaten, die demonstrativ für sich blieben, nur düster an.
    Sie hatten den verbliebenen Bogen dabei – Chun trug ihn, ebenso wie den Köcher, eingerollt in die eine Schlafmatte, die ihn auch auf dem Weg von der
Pfingstrose
zur
Glückseligkeit
verhüllt hatte.
    Ansonsten hatten sie nur Decken dabei: alles andere war noch in der
Pfingstrose
. Es war eine armselige Schar, die in der nachmittäglichen Menge durch die Straßen zog.
    In der Ferne schepperte ein Gong. Überall auf der Straße sahen Soldaten von ihren Unterhaltungen und Beschäftigungen auf, die Köpfe der Städter wandten sich um, jeder in der Stadt horchte auf diesen einen Laut.
    »Das muß Ghita sein«, sagte Shoka, und ein paar Schritte weiter: »Sie bringen den Kaiser ins Lager. Wo er für Attentäter erreichbar ist. Oder für
uns
. Das ist eine Falle. So oder so ist es eine Falle – die uns aus der Deckung hervor und in Ghitas Reichweite locken soll.«
    Wieder ein paar Schritte.
    »Was machen wir also?« fragte Taizu.
    Einberufen zum Lager. Mit dem Kaiser als Köder.
    Verdammt.

21
    Eine schmale Gasse mündete nahe dem Markt auf die Straße, eine Gasse wie zahllose andere auch, abgesehen von dem Durcheinander aus Abfall

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