Der Paladin
Shoka. »Ich erkläre Euch das, weil Ihr sie kennengelernt habt und weil Ihr... gewisse Dinge wißt. Ich würde mich ihr
wirklich
nicht in den Weg stellen – wenn es erst einmal losgeht. Falls Ihr Euch in einer solchen Lage befinden solltet.«
»Nein«, sagte Meister Yi. »
Nein
, Herr.«
»Ihr sagt es weiter, Meister Yi. Sie läßt sich äußerst schwer in Schranken halten. Manchmal weiß sie einfach nicht, wo sie aufhören muß. Darum sollten sich nur unsere Feinde auf den Straßen aufhalten. Sie könnten gewisse Dinge zu sehen bekommen – Ihr wißt schon.«
»
Ja
, Herr.«
»Fensterläden zu. Das ist am sichersten. Bleibt einfach drinnen und schaut nicht raus.« Er stopfte sich das Tuch hinter den Gürtel. »Das wird ihr
bestimmt
gefallen. Ich werde ihr sagen, von wem es ist.«
»Ein Spaziergang um den Block!« schrie Taizu auf dem oberen Korridor der
Glückseligkeit
, in Anwesenheit von Chun und den anderen. »Meine Güte, wo seid Ihr
gewesen
?«
Soviel zu Taizus Zurückhaltung vor Männern, die ihm, seit der Tumult begonnen hatte, strenge, besorgte Blick zuwarfen.
»Ich sagte doch, du solltest dir keine Sorgen machen.« Er ließ das Tuch in Taizus Hand fallen. »Iß was Süßes.«
»Ihr habt gesagt...«
»Frau...«
Taizu funkelte ihn über den Verband hinweg an, schlug das Tuch auf und steckte sich ein Bonbon in den Mund, vielleicht um sich im Zaum zu halten, als Chun die Tür zu dem Zimmer öffnete, das sich die Männer teilten.
»Beruhige dich«, sagte er. »Ich werde dir sagen, was ich erfahren habe.«
Die Männer und Taizu setzten sich. Das Tuch mit den Süßigkeiten wurde herumgereicht, von Mann zu Mann. Und bis zum Nachmittag hatte Jian, der in gewöhnlicher Kleidung im Gemeinschaftsraum der
Glückseligkeit
herumlungerte, eine Reihe von Gerüchten aufgeschnappt.
Das eine lautete, Ghita sei von mehreren Dämonen wechselhafter Gestalt getötet worden, die zehn bis fünfzig Mitglieder der Leibwache abgeschlachtet hätten; oder von zwanzig bis dreißig Mördern, angeführt oder unter dem Befehl von Saukendar; oder durch eine Verschwörung unter den Offizieren der kaiserlichen Garde, die entweder tot waren, sich versteckten, insgeheim die Macht ausübten oder Geheimverhandlungen mit den aufständischen Fürsten im Süden führten – die mit zehn bis hundert Legionen südlich des Flusses stünden, verbündet mit einem bis fünfzig Dämonen, den Banditen von Hoisan, Söldnerhaufen und ein bis drei Drachen, die abwechselnd der Geist des Alten Kaisers, die Wächter des Hoi, des Chaghin und des Hisei waren, oder einem Bergdrachen, der von den Dämonen aufgeschreckt worden war, mit denen Saukendar seit zehn Jahren Umgang hatte.
Das zweite Gerücht besagte, Ghita sei am Leben und Saukendar sei bei dem Überfall umgekommen, oder er sei entwischt oder befände sich derzeit auf dem Weg zur Hauptstadt oder sei gefangengenommen worden und befinde sich im Gewahrsam des Regenten oder laufe mit zwanzig bis zweihundert Rebellen und mehreren Dämonen wechselhafter Gestalt frei in der Stadt herum.
Drittens hätten einige Priester erklärt, der Drachen bringe dem Regenten Glück; gewisse andere hätten jedoch gehört, er sei ein schlechtes Omen.
Viertens hätte die gesamte Rebellenarmee als Söldner, Bauern und Händler verkleidet die Brücke überquert und warte auf irgendein Signal, um das Lager oder das Hauptquartier anzugreifen.
»Schön war's«, sagte Shoka mit aufgestütztem Kinn, als er den Bericht aus der Gaststube vernommen hatte. »Aber unwahrscheinlich. Ich habe einen Blick drauf geworfen. Sie passen höllisch auf, wer rübergeht.«
»Ich könnte es versuchen«, sagte Taizu und hob, wieder munterer geworden, eine Braue, während sie den Berichten über Dämonen und Drachen mit finsterer Miene gelauscht hatte. Wenn er sie so ansah, dann wußte er, daß sie es tun würde und dabei an den Korb dachte. Wahrscheinlich hatten die Männer noch fantastischere Pläne.
»Wir schaffen es auch so«, sagte er. »Wir werden schon wissen, wann es soweit ist.« Sogar hier in ihrer geschützten Abgeschiedenheit hüteten sie sich, Namen und Details zu nennen – weil schlechte Angewohnheiten, hatte er den Männern erklärt, einen sonst in der Öffentlichkeit zu tödlichen Versprechern verleiteten. »Ich gehe heute abend zur Brücke.«
»Wir gehen«, sagte Taizu.
»Du bist zu auffällig, verdammt noch mal.«
Taizu hielt sich eine Haarsträhne über die Oberlippe. Er blickte sie finster an.
»So ein Schnurrbart
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