Der Paladin
zurück, dann schnitt er die nächste ab und formte nach und nach einen Pony.
Als das Haar herabfiel, kniff sie die Augen zusammen und rümpfte die Nase. Drei, vier vorsichtige Schnitte, dann nahm er eine Metallspange und eine Nadel und drehte sie abermals herum, kämmte das lange Haar hoch und steckte es fest.
»Ihr verschwendet Eure Zeit«, sagte Taizu.
»Warum?«
»Ihr werdet es nicht schaffen, eine Dame aus mir zu machen.«
»Das mag schon sein. Aber ich will auch nicht, daß man dich für einen Banditen hält.« Er drehte sie abermals herum, kämmte ihr restliches Haar locker über die Ohren, wobei er sie am Kinn festhielt. »Verdammt, das ist gar nicht schlecht.«
Sie preßte die Lippen zusammen. In ihren Augen waren Blitze und eine Andeutung von Regen zu sehen.
»Dann sieht man die Narbe um so besser.«
Er kniff sie ins Kinn. Schüttelte sie. »Was ist das für eine Einstellung? Halt den Kopf hoch. Zum
Teufel
mit der Narbe und zum Teufel mit den Leuten. Dein Gesicht wird man bestimmt nicht mehr vergessen. Also halt das Kinn hoch! Vor wem fürchtest du dich?«
»Vor niemandem.«
»Vor welchen Worten fürchtest du dich?«
»Vor keinen.«
»Hm, ich dachte, sie hießen:
Schlaf mit mir.
«
Sie zuckte vor seiner Hand zurück und funkelte ihn an.
Er lächelte. »Du bist verdammt hübsch.«
»Meister Shoka, Ihr seid ein Lügner.«
»Mädchen, Mädchen, das verstehst du falsch: Ein Mann belügt eine Frau,
bevor
er mit ihr geschlafen hat, nicht hinterher.«
Das saß. Ihre Nüstern blähten sich, und sie preßte die Lippen zusammen.
»Wir packen besser, bevor wir uns zu sehr verzetteln«, sagte er. »Und sattle Jiro. Ich hoffe, du weißt, daß er nicht viel Gepäck trägt. Er ist kein Packpferd, und seine volle Ausrüstung hat ein ordentliches Gewicht.«
Immer noch das finstere Gesicht.
»Armer Kerl«, fügte Shoka hinzu. »Du tust ihm wirklich etwas Schreckliches an, weißt du.«
Damit wollte er sie necken. Doch er empfand auch so.
Als er das Metall spürte, legte Jiro die Ohren an, blies sich auf, schüttelte den Kopf und stampfte – alles nur, um das Satteln zu erschweren.
»Ich glaube, du weißt Bescheid«, sagte Shoka zum Pferd und tätschelte ihm den leder- und stahlgeschützten Hals. »Es geht wieder los. Wenn wir Glück haben, sind wir im Frühjahr zurück.«
Einem Pferd konnte man alles mögliche versprechen. Jiro hörte sowieso nicht zu. Er bewegte nur die Ohren und schmollte.
Ein Mensch, dachte Shoka, hätte es eigentlich besser wissen müssen.
Er faltete die Rüstung auf der Veranda auseinander und legte sie an. Sie war ein wenig abgewetzt, ein wenig verschmutzt vom Blut, das er in den Jahren vergossen hatte, aber die goldgewirkten Drachen leuchteten noch immer, und ihre grünen Augen waren ungetrübt. Wolken und Drachen auf dem Gewand und rote Nähte auf der Bundhose, die er trug und deren Farbe stark verblaßt war – schwer zusagen, wie sie früher einmal ausgesehen hatte. Er schnürte den Gürtel und die Schärpe, legte den Körperschutz an und seufzte, verknotete die Seitenriemen, während Jiro unten im Stall vor Ungeduld stampfte und schäumte.
Das Seidengewebe des Panzers war früher einmal rot gewesen. Das Gewebe des Körperschutzes wirkte jetzt fast braun – besonders seit er schmutzig geworden war. Er verknotete die letzten Schnürbänder auf der Brust und blickte Taizu entgegen, die mit ihrem Bogen, den Köchern, dem Schwert und den Bündeln herauskam, in denen sie ihre Nahrungsvorräte, die Töpfe, Pfannen und persönlichen Habseligkeiten verstaut hatte.
Beim zweitenmal brachte sie ihren Panzer mit, setzte sich hin und legte ihrerseits Schienbeinschützer und Ärmel an; beim Rest half er ihr.
»Gar nicht wie ein Bandit«, sagte er. Er fand, daß er bei ihrer Ausrüstung wirklich gute Arbeit geleistet hatte – kleine Hirschhornplättchen in allen möglichen Brauntönen, die zu Mustern angeordnet waren. Bei den Sachen, die er aus Chiyaden mitgebracht hatte, entdeckte er eine rote Seidenschnur und hieß sie stillstehen, während er ihr das Haar band.
»Ein wenig Zierrat«, sagte er, »zeigt deinem Gegner, daß du zuversichtlich bist, weißt du. Das verunsichert ihn.«
Sie blickte ihn mißtrauisch an.
»Das kannst du mir ruhig glauben. Vor wem würdest du dich fürchten? Vor einem schäbigen Banditen? Oder vor jemandem, der sich Zeit für sich und seine Ausrüstung nimmt? Ein, zwei Seidenbänder, und schon wirkst du glaubhafter.«
Wumm.
Unten im Stall
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