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Der Paradies-Trick (Kindle Single) (German Edition)

Der Paradies-Trick (Kindle Single) (German Edition)

Titel: Der Paradies-Trick (Kindle Single) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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jetzt würde ihre in Stücke gegangene Welt, die sie in qualvoller Mühe wieder zusammenzusetzen versucht hatte, erneut zerschmettert werden. Und auch die Welt ihrer Eltern.
    Die Ironie entging Delilah nicht. Fatima hatte gesagt, dass die Tragödie ihrer Familie sie noch bis in ihre glücklichsten Momente hinein verfolgte, besonders in ihre glücklichsten Momente. Und nun, in der Nachglut einer so schönen, aufwühlenden und unerwarteten Begegnung, war auch Delilah zur Gehetzten geworden. Aber nicht durch eine Tragödie der Vergangenheit. Sondern durch eine, die sich erst noch ereignen würde. Eine, die sie selbst in Gang gesetzt hatte. In der sie all ihre Hinterlist, all ihre Fertigkeiten dazu benutzt hatte, Fatima zur Komplizin zu machen.
    Sie wusste, das war die falsche Betrachtungsweise. Was zählte, waren nur die geretteten Menschenleben. Und was hätte sie denn tun sollen? Etwa durch Nichtstun zulassen, dass Fatima verschleppt und gefoltert wurde? Doch gleichgültig, wie sehr sie sich selbst zu überzeugen versuchte, die grausame Schuld blieb bestehen. Und mit ihr die unheilvolle Vorahnung, die Strafe würde auf dem Fuß folgen.

    Die Rückreise war lang und anstrengend. Delilah konnte sich vorstellen, was Fatima dachte – eine Variante der Fragen, mit denen sie sich selbst herumschlug. Wie sollte es weitergehen? War es eine einmalige Sache gewesen, die sie auf zu viel Wein zurückführen und im Paradies zurücklassen konnten? Würden sie in Kontakt bleiben? Sich gegenseitig in ihren Heimatstädten besuchen? Waren sie jetzt Freundinnen? Oder mehr?
    Für Delilah wurde das ganze Durcheinander noch verschlimmert durch das Wissen, worum es bei ihrer »Beziehung« wirklich gegangen war. Und durch das Furchtbare, das Fatima und ihrer Familie nun bevorstand und das Delilah unausweichlich in Gang gesetzt hatte.
    Sie wusste, dass sie die Angelegenheit jetzt besser hinter sich lassen sollte, ohne die Ergebnisse abzuwarten. Sich auf die geretteten Menschenleben konzentrieren, all die verhinderten Traumata.
    Aber das wollte sie nicht. Sie wollte nicht, dass es vorbei war. Es war eigenartig. Bisher hatte sie es immer geschafft, gleich nach Erreichen der Ziele einer Operation die richtigen Ausreden zu finden, um die »Beziehung« zu beenden. Und jetzt suchte sie stattdessen nach einer Möglichkeit, sie zu verlängern. Das war schlimmer als dumm. Es war gefährlich. Sie musste einen Schlusspunkt setzen. Sie hatte bekommen, was sie wollte, und ihre Tarnung gab ihr die perfekte Entschuldigung, den Kontakt abzubrechen. Sie versuchte sich einzureden, es schnell und sauber zu beenden. Damit es vorbei war. Und nicht zurückzublicken.
    Sie landeten an einem grauen, regnerischen Morgen in Heathrow. Der Expresszug brachte sie zur Paddington Station, und endlich standen sie verlegen vor den Drehkreuzen zur U-Bahn-Station. Fatima brach das Schweigen.
    »Wann fährst du nach Paris zurück?«
    Es war das perfekte Stichwort. Delilah sagte: »Bald, vermutlich. Unser Interview habe ich bereits abgeschickt. Es gibt keinen Grund, noch sehr viel länger zu bleiben. Keinen beruflichen Grund, meine ich.«
    Scheiße. Es hatte vor allem keinen guten Grund gegeben, den letzten Satz hinzuzufügen.
    Fatima nickte. »Ich weiß. Das war ziemlich … verrückt, oder nicht?«
    Delilah nickte und dachte: Du hast ja keine Ahnung .
    Fatima sagte: »Es tut dir nicht … leid?«
    Delilah schüttelte schnell den Kopf. »Überhaupt nicht. Dir?«
    Was zum Teufel war mit ihr los? Es sollte ihr leidtun. Es tat ihr leid, wenn auch nicht auf die Art, die Fatima angedeutet hatte. Und unabhängig davon war es sicher kein kluger Schritt, Fatima Hoffnungen zu machen.
    Es entstand eine lange Pause, dann fragte Fatima, während sie Delilah direkt in die Augen sah: »Bleibst du heute Nacht bei mir?«
    Sag nein , dachte Delilah. Du musst nach Paris zurück. Zur Arbeit. Sei keine Idiotin .
    Stattdessen sagte sie: »Das möchte ich gern.«
    Fatimas Gesicht rötete sich vor Erleichterung – und Erregung? Sie lächelte und sagte: »Irgendwann nach Einbruch der Dunkelheit. Ich texte dir die Adresse.«
    Delilah nickte wortlos, und plötzlich lagen sie sich in den Armen. Die Umarmung fühlte sich an wie ein köstliches Geheimnis – für die Passanten ein harmloser Abschied, für sie aber die Erinnerung an geteilte Intimität und die Verheißung zukünftiger Freuden, die nur sie beide kannten.
    Sie duschte in ihrer gemieteten Wohnung und zog sich um, dann ging sie aus dem Haus,

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