Der parfümierte Todeshauch
Anweisung,
uns Eiswürfel heraufzubringen.
Nachdem dies geschehen und wir beide wieder
allein waren, sagte er:
«Ich höre, Monsieur Burma. Zuerst einmal: Was
machte Janine bei Ihnen zu Hause um diese unmögliche Uhrzeit?»
Seine Stimme klang vorwurfsvoll.
«Dort war wirklich nicht ihr Platz», fuhr er
fort, «und offenbar hat sie es selbst irgendwann gemerkt. Allerdings... nach
dem, was passiert ist, wäre es mir lieber gewesen, sie hätte Ihre Wohnung nicht
verlassen. Dann wäre es nicht zu diesem Unfall gekommen.»
Seine Stimme zitterte. Es schien so, als rührte
man seine Patentochter lieber nicht an. Er war bereit, sie mit Zähnen und
Klauen zu beschützen. Warum aber hatte er sich dann damit begnügt, den
Sittenstrolch mit der gestreiften Weste rauszuschmeißen, anstatt ihn verhaften
und ordentlich verprügeln zu lassen? Ich beantwortete sogleich meine Frage: Es
hätte ihn wahrscheinlich inkommodiert. Ja, er fürchtete einen Skandal wie die
Pest! Nun, er würde gleich ziemlich dumm aus der Wäsche gucken, wenn ich ihm
reinen Wein einschenken würde!
«Wir haben nichts Böses getan», versicherte ich
ihm. «Jedenfalls nicht das, was Sie annehmen. Mademoiselle Valromay mußte sich
von diversen Aufregungen erholen. Sie hatte gestern nämlich mehr erlebt, als
sie vertragen konnte. Und zur Krönung mußte sie auch noch den Unfall haben! Man
könnte meinen, sie ziehe Katastrophen magisch an! Zunächst hier der... der
Vorfall mit Baptiste, dem Butler, den Sie inzwischen rausgeschmissen haben...»
«Ach, Sie sind im Bilde?»
«Janine hat mich hineingesetzt. Und ich habe
ihre Verletzung verarztet, die sie sich mit einem Rasiermesser beigebracht hat,
als sie sich gegen die Annäherungsversuche dieses charmanten Zeitgenossen
wehren wollte. Dieser Vergewaltigungsversuch — nennen wir das Kind ruhig beim
Namen, wenn ich mich so ausdrücken darf — scheint für Ihre Patentochter ein
großer Schock gewesen zu sein. Übrigens sehr verständlich. Doch dieser Schock
hat eine Menge anderer Dinge ausgelöst. Seit geraumer Zeit nämlich machte Sie
sich Sorgen... wegen Ihnen.»
«Sorgen? Wegen mir?»
«Sie machten auf Janine einen nervöseren
Eindruck als gewöhnlich.»
«Warum, zum Teufel, hat sie Ihnen das erzählt?»
«Damit ich Ihnen zu Hilfe eile. Eine verrückte
Idee! Aber sie stammte von ihr, die Idee.»
Buard hob die Hand.
«Moment mal... Aus welchem Grund ist sie zu
Ihnen gelaufen, um sich an Ihrer Schulter auszuweinen? Kannten Sie sich denn
schon?»
«Nein, überhaupt nicht. Ihr ging es wie Ihnen,
Monsieur: Sie hat durch Paul Grillat von mir gehört.»
«Ah ja, natürlich...»
Er füllte unsere Gläser nach. Monsieur Buard
hatte ein sympathisch lockeres Handgelenk!
«Auf Ihr Wohl! ... Hm... Nehmen wir mal an, daß
ich übernervös bin. Inwiefern könnten Sie mir denn helfen? Sind Sie Arzt?»
«Oh, Janine glaubt nicht, daß Ihre Nervosität
mit Medikamenten behandelt werden könne. Sie meint, man müsse Sie vor
geheimnisvollen Mächten schützen. Sagen wir, vor der Synarchie. Sie wissen, was
ich meine, oder? Janine schließt sogar einen Selbstmord nicht aus, und in dem
Fall könnte jemand — ich zum Beispiel — , der Ihnen nicht von der Seite weicht,
Sie vor einem solchen Akt mit fatalen Folgen bewahren. Eine verrückte Idee, wie
gesagt.»
«Mein Gott!» seufzte Buard und schüttelte
tiefbetrübt den Kopf. «Das Mädchen ist nicht normal.»
«Sie macht nur aus einer Mücke einen Elefanten,
weiter nichts», widersprach ich. «Nicht immer, übrigens.»
«Was wollen Sie damit sagen? Glauben Sie, daß
ich in Gefahr bin?»
«Sie können nicht leugnen, daß irgend etwas Sie
quält, Monsieur. Das war mir bereits bei unserer ersten Begegnung bei Monsieur
Durocher aufgefallen; aber ich dachte, das wäre Ihr Normalzustand. Mademoiselle
hat meine Annahme zum Teil widerlegt.»
«Und was sollte mich quälen, außer der Tatsache,
daß dieses Mädchen, das ich liebe wie meine eigene Tochter, wirres Zeug redet
und mit dem Wagen gegen einen Baum rast?»
«Sagen wir, unter Berücksichtigung Ihres Berufs:
Unglückliche Spekulationen. Dessen braucht man sich nicht zu schämen. In eine
Affäre wie die von Austro-Balkans zum Beispiel sind nicht nur Betrüger
verwickelt. Es gibt auch Opfer.»
Er warf mir einen Blick zu, so scharf wie die
Züge seines hageren Gesichts. Nach kurzem Zögern sagte er:
«Sie treffen wohl immer ins Schwarze, Monsieur
Burma, nicht wahr? Meinen Glückwunsch! Ja, ich habe Gelder in die
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