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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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war sein Leben lang ein feiger Hurensohn, und so ist er auch geendet: auf der Flucht.«
    »Sogar das wissen Sie, Bibi? Und Sie sind sicher, daß es nicht Ihre Leute waren?«
    »Are, das hab ich doch gesagt.«
    »Es gibt die Theorie, daß es seine eigenen Leute waren.«
    »Hat das Samant gesagt, diese Pappnase?«
    »Samant ist sehr erfolgreich, Bibi.«
    »Samant ist ein Hund, der sich von dem ernährt, was andere übriglassen. Er wird behaupten, seine Leute hätten Bunty erschossen, Sie werden sehen. Dabei weiß der Chutiya nicht mal, daß Buntys Jungs vor zwei Tagen abgehauen sind. Bunty hat nicht mehr genug Geld gebracht, also haben sie sich anderweitig umgetan.«
    »Gibt es überhaupt etwas, was Sie nicht wissen, Bibi?«
    »Ich lebe eben schon sehr lange auf dieser Welt. Aber keine Sorge, wir werden bald wissen, wer Bunty erledigt hat.«
    »Das wüßte ich zu gern.«
    »Sehr gut, Beta - fragen Sie mich, wenn es soweit ist.«
    Sartaj mußte lachen. »In Ordnung, Bibi, ich werd's mir merken.«
    Sartaj legte auf und dachte an Bunty, wie er in seinem Rollstuhl durch die Stadt gedüst war, von Versteck zu Versteck. Er mußte sehr allein gewesen sein ohne seine Bodygards, und voller Angst; bestimmt hatte ihm jemand aufgelauert. Ein kleines Kribbeln des Mitgefühls breitete sich in Sartajs Kreuz aus, und er drehte sich ärgerlich in seinem Stuhl, stand auf und stampfte dabei mit den Füßen auf den Boden. Bunty hatte in seinem Leben genug Unheil angerichtet, der Gaandu hatte verdient, was er bekommen hatte. Und wer immer ihm den Garaus gemacht hatte, der hatte das Geld oder zumindest einen Orden verdient. Hoffentlich hatte es sich für ihn gelohnt.
    Auf der Heimfahrt machte Sartaj einen Umweg, um zu sehen, wie weit die Sadhus inzwischen mit ihrem Mandala gekommen waren. Die Zuschauermenge hatte sich gelichtet, doch die Tibeter waren in der Abenddämmerung noch am Werk, arbeiteten im Lichtkreis der Lampen. Sartaj stellte sich ans Fenster, und als der ältere Sadhu vom Vormittag ihn sah, neigte er den Kopf und erwiderte Sartajs »Namaste« mit einem Lächeln. Er gestaltete eine schöne Szene in einem der Ovale und füllte gerade die Flanke eines Hirschs aus. Das Tier hatte undurchdringliche schwarze Augen und stand vor dem Hintergrund einer tiefgrünen Waldlichtung. Sartaj betrachtete den rieselnden goldenen Sand. Die Erdkugel war etwa zur Hälfte fertig. Sie war inzwischen von einer Vielzahl von Lebewesen bevölkert, großen und kleinen, und ein Reigen göttlicher Wesen hüllte diese ganze neue Welt ein. Ihr Sinn blieb Sartaj verborgen, aber es war schön, ihre Entstehung zu verfolgen, und er schaute lange Zeit zu.

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    Ganesh Gaitonde
gewinnt eine Wahl

    K anta Bai starb an einem Freitag im Februar. Nur vier Tage zuvor war sie mit Fieber aufgewacht. Sie brüstete sich gern mit ihrer Widerstandsfähigkeit und trug eine gepflegte Verachtung für Ärzte zur Schau. Sie hatte mir mal gesagt, daß mehr Menschen infolge ihres Krankenhausaufenthalts stürben als infolge der eigentlichen Krankheit. Also trank sie ein Glas Mausambi-Saft nach dem anderen und ging wie gewohnt zu ihrer Destille. Sie traf sich mit ihren Angestellten und brachte ihre Sendungen auf den Weg. Am späten Nachmittag war sie sehr müde, ging nach Hause und schlief. Sie erwachte abends um elf, zitternd, mit Gliederschmerzen und Durchfall. Doch sie rief immer noch keinen Arzt, glaubte, die alte Närrin, sie würde alles überleben, ob bakteriell oder menschlich. Sie aß einen Teller Reis mit Joghurt, nahm zwei Lopamide-Tabletten und schickte ihre Leute fort. Am nächsten Morgen um acht fand ihre Schwester sie, die Augen verdreht, den Körper ins besudelte Laken verknäuelt. Ich erfuhr davon um neun, als man sie bereits in ein Privatkrankenhaus in Andheri gebracht hatte. Den Medizinern zufolge hatte sie Malaria. Ich ließ sie nach Jaslok verlegen und sagte den Ärzten, sie sollten ihr jegliches ausländische Medikament, jede Therapie zukommen lassen, die nötig sei. Doch am Freitagnachmittag war sie tot.
    Wir brachten sie ins elektrische Krematorium in Marine Lines. Als die Trage mit ihrem Leichnam auf der Schiene aufgebahrt war, die ins Feuer führte, waren ihre Wangen eingefallen, und ihr Körper sah unter dem Leichentuch flach aus, als hätte die kurze Krankheit sie schrumpfen lassen. Ihre Haut hatte nicht mehr diesen dunklen rötlichen Schimmer, sondern die Farbe von hellem Schlamm. Ich zwang mich hinzusehen, als die Metalltür sich schloß und uns für

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