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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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Bevölkerungsgruppe zu erwarten, der man mit offenem Haß begegnete, war dumm und typisch für die Rakshaks, aber ich lächelte Bipin Bhonsle höflich an.
    »Also, Bhonsle-saab, was kann ich für Sie tun?«
    Er setzte die Teetasse ab und beugte sich eifrig vor. »Zunächst brauchen wir Unterstützung im Wahlkampf, Bhai. Unsere Helfer werden eingeschüchtert, wenn sie auf Stimmenwerbung gehen, erst gestern sind ein paar unserer Leute herumgeschubst worden, und man hat ihnen die Plakate weggenommen. Zweihundertfünfzig Plakate. Später haben wir gehört, daß sie ein Freudenfeuer damit veranstaltet haben.«
    »Und die Rakshaks sind so hilflos? Ich habe noch nie gehört, daß es einer von Ihnen nötig gehabt hätte, sich Hilfe zu holen. Sie haben doch Ihre eigenen Jungs und Ihre eigenen Waffen.«
    Er nahm meinen höhnischen Unterton wahr und fand keinen Gefallen daran. Aber er blieb sanft und höflich. »Bhai, wir haben vor niemandem Angst. Aber ich stehe noch weit unten in unserer Organisation, diese Wahl ist meine erste, und der ganze Wahlkreis gilt als eher unwichtig. Die Mittel fließen woandershin. Und ich weiß, daß sich diese Mistkerle von der Kongreßpartei und der NCP jede Menge schlagkräftige Unterstützung geholt haben. Selbst diese Typen von der Samajwadi-Partei 554 wollen sich anscheinend Verstärkung besorgen.«
    »Aha. Und?«
    »Der eigentliche "Wahltag, wenn der Wahlkampf vorbei ist - das sind die entscheidenden Stunden. Wir wollen sicherstellen, daß bestimmte Leute nicht wählen gehen.«
    Ich lachte. »Okay. Sie wollen, daß Ihnen der Wahlsieg geschenkt wird.«
    Er wurde nicht verlegen. Er lächelte und sagte: »Ja, Bhai.«
    »Ich dachte, die Rakshaks wollen der Korruption in diesem Land ein Ende setzen.«
    »Wenn die ganze Welt schmutzig ist, Bhai, muß man sich selbst die Hände schmutzig machen, um Ordnung zu schaffen. Ohne Tricks kommen wir gegen deren Geld nicht an. Sobald wir an der Macht sind, wird das anders werden. Wir werden einen völlig neuen Kurs einschlagen.«
    »Dann erinnern Sie sich nur mal schön an mich. Nicht daß Sie mich im Zuge der großen Säuberungsaktion mit wegsäubern.«
    Er streckte mir beide Hände entgegen. »Sie, Bhai? Nein, nein, Sie sind unser Freund, Sie sind einer von uns.«
    Er meinte, daß ich ein Hindu war und aus Maharashtra kam. Mir waren diese Dinge egal, jedenfalls wenn es ums Geschäftemachen ging, aber ihn beruhigte es, daß ich Ganesh Gaitonde war. Ich gab ihm die Hand und sagte: »Wir treffen uns in ein oder zwei Tagen noch einmal. Dann reden wir darüber, wieviel Geld nötig sein wird.«
    »Bhai, Geld ist kein Problem. Bitte denken Sie in Ruhe darüber nach, und nennen Sie uns Ihre Bedingungen. Ich schätze, wir werden fünfzig, sechzig Jungs brauchen.« Er stand auf und faltete die Hände. »Sagen Sie mir Bescheid, wann ich kommen soll.«
    Als er gegangen war, sagte ich zu Paritosh Shah: »Vernünftiger Kerl.«
    »Er spinnt ein bißchen, wie alle Rakshaks.«
    Paritosh Shah bedeutete das Profitmachen alles, der Gewinn war sein Gott, deshalb mußte ihm natürlich jeder, der die Religion dem Geldverdienen in die Quere kommen ließ, verrückt erscheinen. Die Rakshaks glaubten an eine goldene Vergangenheit, an Blut und Boden und solche Dinge, und mit alldem konnte Paritosh Shah überhaupt nichts anfangen. Ich sagte: »So sehr spinnt er nun auch wieder nicht. Er engagiert uns nicht nur, damit wir ihm helfen, sondern auch, weil er nicht will, daß wir für seine Gegner arbeiten.«
    »Stimmt. Ich habe auch nicht gesagt, daß er dumm ist. Diese Marathen sind verrückt, aber gerissen. Das weißt du.«
    »Wo kommst du eigentlich her?« fragte ich. »Aus Bombay?«
    »Ich bin hier geboren. Mein Urgroßvater ist aus Ahmedabad hergekommen, wir haben dort immer noch Verwandtschaft.« Er war verdutzt. Wir kannten uns nun schon viele Jahre, aber diese Frage hatte ich ihm noch nie gestellt. Und da ich es nun getan hatte, fragte er mich ebenfalls. »Und du? Wo kommst du her?«
    Ich machte eine Handbewegung über die Schulter. »Egal.« Ich stand auf. »Wieviel verlangen wir für die Wahl?« Also redeten wir übers Geld. Jemandem einen Wahlsieg zu verschaffen hieß für mich soviel wie, ihn zu einem Raj oder zumindest einem Navab zu machen, so daß unsere Hilfe viel wert sein müßte. Doch anscheinend war das Geben und Nehmen von Wahlsiegen schon lange ein etabliertes Geschäft, und es gab feste Sätze, die keineswegs fürstlich waren. Fünfundzwanzigtausend Rupien pro

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