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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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Sekretär wegen eines Werbeauftritts. Er hörte zu, dann verfiel er in seinen sachlichen Verhandlungston. »Ich kann einen Lakh bezahlen. Ich habe eine Fluggesellschaft gegründet, keinen Fonds für abgewirtschaftete Starlets. Einen Lakh.« Der Schneider maß jetzt von der Taille zum Boden. »Wieviel? Okay, hundertfünfzig. Abgemacht. Und fünfzigtausend schicke ich Ihnen heute. Okay.« Er legte das Telefon ab. »Alles klar«, sagte er. »Ein Filmstar kommt zum Jungfernflug. Wir werden im Fernsehen sein.«
    »Sei du mal schön im Fernsehen«, sagte ich. »Ich werde mich nicht mal in die Nähe deines Flugzeugs begeben.«
    »Auch nicht, wenn Sonam Bhandari drinsitzt?« fragte er. »Wenn du siehst, wie sie ihre Kokosnüsse schaukeln läßt, wirst du die Sache mit deiner Lieferung vergessen.«
    »Keine Frau hat solche Kokosnüsse, daß ich das vergessen könnte.«
    Er schwieg, bis der Schneider seine Notizen und Stoffproben zusammengesammelt hatte und gegangen war. »Du hast getan, was du tun konntest«, sagte er. »Jetzt mußt du einfach abwarten.«
    Und warten und warten und warten. Abwarten war eine Qual für mich. »Hör zu«, sagte ich, »ich will nicht mehr warten. Wir müssen etwas unternehmen.«
    »In solchen Zeiten braucht man Hilfe«, sagte er mit listigem Blick. »Wie wär's mit einer Puja?«
    »Gut.«
    »Wie bitte? Meinst du das ernst?« Es war nur zu verständlich, daß er erstaunt war - in all unseren gemeinsamen Jahren hatte ich nie ein Gebet gesprochen, nie die Gunst der Götter erfleht, hatte Prasad nur als kleinen Imbiß zwischendurch gegessen. Er bohrte indes nicht nach, sondern wollte nur möglichst rasch diese unerwartete Chance nutzen. Er griff bereits nach dem Hörer eines seiner Telefone. »Wir halten eine Satyanarayan 568 Katha 320 ab. Ich weiß genau den richtigen Pandit dafür. Du wirst sehen, seine Kathas tragen immer Früchte, ganz sicher. Mach dir keine Sorgen. Eh du dich's versiehst, haben wir die Sache im Griff.« Er lächelte mich höchst wohlwollend an. Ich konnte mir nur zu gut die Geschichte vorstellen, die er im Kopf hatte, konnte die Katha, die er selbst erzählen würde, so deutlich hören, als schallte sie mir über Lautsprecher in die Ohren: Bhai ist nach Hause gekommen, würde er den Jungs erzählen, er hat zu Gott gefunden, ist durch die Gnade Gottes erweckt worden, und der Glaube ist in seinem Herzen entflammt. In Wirklichkeit fühlte ich mich keineswegs entflammt, sondern einfach kraftlos. Ich hatte das Gefühl, langsam zu ertrinken, und während das Wasser schon über meine Wangen leckte, streckte ich die Hand hoch, um zu packen, was zufällig vorübertrieb. Diese Puja war ein Strohhalm, und ich griff danach.

    Ich sah das schwere Boot, reglos lag es auf der silbrig bewegten Oberfläche des unermeßlichen Meers. Paritosh Shah hatte für seine Puja einen Pandit aus dem Norden kommen lassen, so daß ich seine Katha auf Hindi problemlos verstehen konnte. Dieser Pandit war ein sehr engagierter Geschichtenerzähler, und er gestaltete das Ritual sehr ausdrucksvoll, mit verschiedenen Stimmen für die einzelnen Personen und perfekter Dilip-Kumar-Mimik. Wir waren gerade bei der Stelle angelangt, wo der Händler und sein Schwiegersohn in einem schwer beladenen Boot voll Gold, Perlen, Parfüm und Elfenbein, dem Ertrag einer langen, verschlungenen Reise durch die Fremde, auf dem Heimweg sind. Da erscheint ein Dandi-Swami 147 am Ufer - der listige alte Vishnu in Verkleidung - und stellt die einfache Frage: »Bachcha, was ist in deinem Boot?« Und der Kaufmann, der befürchtet, ein Almosen geben zu müssen, dieser gierige, kurzsichtige Mistkerl, sagt: »Ach, nichts, Swami-ji, nur ein bißchen Lata-Pata 370 .« Woraufhin der Dandi-Swami nickt und sagt: »Tathaasthu.« 623 Und tatsächlich hüpft das Boot plötzlich wie ein Korken auf den Wellen, denn es ist nur noch mit luftigem Heu und weichem Gras beladen. Der Dandi-Swami versinkt in eine tiefe meditative Trance, und in diesem Moment, bevor wir zur wohlverdienten Strafe und schließlich der Reue des Kaufmanns kamen, klopfte mir Chhota Badriya auf die Schulter und flüsterte: »Kommen Sie mal, Bhai.«
    Draußen drückte er mir ein Telefon in die Hand. Ich nahm den Anruf unter den Augen von Paritosh Shah, Chhota Badriya und seinem Bruder Bada Badriya entgegen. Es war der Durchbruch. Einer unserer Anlandungs-Organisatoren aus Golghat hatte die vorige Nacht mit einem Mädchen namens Simky in Colaba verbracht. Dieser Organisator, ein gewisser

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