Der Pate von Bombay
Gold gegangen noch um irgend etwas, das mit Ganesh Gaitonde zusammenhing. »Okay«, sagte Sartaj. Bunty hatte einen Liebenden gekränkt, und der Liebende hatte seinen Groll genährt und geduldig gewartet, bis es mit Bunty steil bergab ging. »Okay.«
»Wollen Sie sie haben?«
»Wen?«
»Die Killer. Wir wissen, wo sie im Moment sind, wo sie die Nacht verbringen werden. Wo sie morgen sein werden.«
»Sie wollen sie mir überlassen?«
»Ja.«
»Warum?«
»Betrachten Sie's als ein Geschenk unter Freunden.« Sie sprach ein makelloses Urdu, und ihre Stimme konnte ganz sanft und weich klingen.
Sartaj stand auf, reckte sich und ging auf den Balkon hinaus. Er lehnte sich über die Brüstung und schaute zu, wie die Baumwipfel im feuchten Wind schwankten. Die Lampen warfen Blätterschatten auf die glatten Flächen der Autos.
»Saab?«
»Ich bin so ein Geschenk nicht wert, Iffat-bibi. Sie haben doch eine alte Beziehung zu Parulkar-saab. Warum geben Sie's nicht ihm? Ich habe mit diesen Bhai- und Company- und Killersachen gar nichts zu tun.«
»Ist das Ihr Ernst? Oder meinen Sie, ich bin es nicht wert, Ihnen etwas zu schenken?«
»Are, nein, Bibi, ich habe nur Angst, ich kann mich nicht gebührend revanchieren, wenn es einmal soweit ist. Ich bin nur ein kleines Licht.«
Sie schnalzte ärgerlich mit der Zunge. »Wie der Vater, so der Sohn. Schon gut, schon gut.«
»Ich wollte Sie nicht kränken, Bibi.«
»Ich weiß. Aber im Ernst, ich hab das auch immer zu Sardar-saab gesagt: Wie wollen Sie's zu etwas bringen, wenn Sie nicht die großen Deals machen? Und er hat immer gesagt: Iffat-bibi, ich fliege so hoch hinauf, wie ich kann. Vielleicht bringt mein Sohn es ja einmal weiter.«
»Das hat er gesagt?«
»Ja, er hat oft von Ihnen gesprochen. Ich weiß noch, wie er an Ihrem zwölften Geburtstag Süßigkeiten verteilt hat. Pedas und Burfis.«
Sartaj erinnerte sich an die Pedas, an ihren Safrangeschmack, der die ganze Zukunft barg. »Vielleicht bin ich ja wie er. Parulkar-saab hat es weiter gebracht.«
»Ja, und alles mit Sardar-saabs Hilfe. Parulkar war schon immer ein ganz Schlauer. Permanent am Denken. Da gab es mal so einen Fall mit einer Diebesbande auf den Docks ...«
Und sie erzählte Sartaj von dieser Bande am Hafen, die alles habe mitgehen lassen, was ein bißchen Geld bringt - Waren, Geräte, Benzin, alles. Parulkar habe sie hochgehen lassen, zum großen Teil mit Sardar-saabs Hilfe, seinen Beziehungen und Informanten, und Sardar-saab habe ihm gern geholfen. Doch als es dann an die Verhaftungen ging, habe Parulkar einen Oberinspektor die Apradhis einbuchten und die ganzen Lorbeeren ernten lassen. »Für Parulkar wäre es eine große Sache gewesen, aber er hat vorausgeschaut, verstehen Sie? Heute ein paar spektakuläre Festnahmen sausen lassen, und dafür später absahnen.«
»Ja, er ist da sehr geschickt.«
»Sie ahnen gar nicht, wie geschickt. Aber Sie haben nicht viel von ihm gelernt.« Er wußte, daß sie lächelte, und lächelte unwillkürlich zurück.
»Was kann man machen, Bibi? Wir sind nun mal, wie wir sind.«
»Ja, wir sind, wie Allah uns gemacht hat.«
Sie verabschiedeten sich, und Sartaj wandte sich wieder seinem Brathuhn zu. Er verspürte plötzlich einen Heißhunger auf Pedas, aber es war spät, und er war müde. Er tröstete sich mit einem weiteren Schuß Whisky und versprach sich selbst zwei Pedas zum Mittagessen am nächsten Tag. Und es würde ein guter Tag werden, das hatte er im Gefühl.
Am darauffolgenden Morgen hatte sich der Regen zum typischen Monsun-Dauerregen gewandelt, man konnte meinen, der Himmel bräche unter dem Gewicht des Wassers ein. Sartaj legte die Strecke vom Auto zum Revier im Laufschritt zurück, und trotzdem waren seine Schultern durchweicht, als er ankam, und in seinen Schuhen quatschte das Wasser.
»Ihre Freundin wartet auf Sie, Sartaj-saab«, sagte Kamble. Er saß im ersten Stock auf der Balustrade und beugte sich vor, eine Zigarette in der Hand, den Kopf nahe dem Wasserfall, der gleichmäßig vom Dach rauschte.
»Kamble, mein Freund«, sagte Sartaj. »Sie strotzen nur so von schlechten Angewohnheiten und schlechten Überzeugungen.« Er mußte laut sprechen, um das Trommeln des Regens auf die Ziegel zu übertönen. Kamble grinste ihn an; er schien sich in seiner Schlechtigkeit sehr wohl zu fühlen. Bis Sartaj die Treppe hinauf war, zündete er sich schon die nächste Zigarette an und hatte eine Antwort parat.
»Manchmal wird so ein schlechter Kerl wie ich
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