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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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Uhr.«
    »Das hält meinen Geist wach.«
    »Und mich hält der Whisky bei Kräften«, sagte Bipin Bhonsle und griff nach seinem Schwert. »Wasser ist schlecht für mein Herz.« Er wog sein Schwert in der Hand, richtete es auf mich. »Gut, daß Sie auf unserer Seite sind«, sagte er. Und dann stürmte er mit knallenden Absätzen die Treppe hinunter. Der Jeep raste davon, und ich war jetzt für uns und gegen sie.

    Dies ist die elegante Methode, ein Basti niederzubrennen: Man tut es nachts, schickt ein Dutzend Wagen mit seinen Jungs in den Osten des Bastis und läßt sie dort einen lautstarken Angriff durchführen. Die Jungs feuern Pistolen ab, schwingen Schwerter und attackieren die Männer des Basti, die aus ihren armseligen Hütten kommen und sich verzweifelt wehren. Unterdessen ist am südwestlichen Ende des Bastis eine andere Gruppe Jungs zugange. Geschickt und verstohlen nähern sie sich den dicht zusammenstehenden Hütten und Häusern, sie können das Geschrei und Gefluche auf der Ostseite hören, und nun schleudern sie Flaschen voll Benzin, Flaschen, in deren Hälsen benzingetränkte Lappen stecken. Man hört das helle Klirren von Glas, und die aufzüngelnden Flämmchen schwellen zu einem Wildbach an, der über Dächer springt, an Wänden hinunter, in Fenster hinein. Das Feuer spricht, ein freudiges kehliges Grollen, es verschlingt alles, ist nicht aufzuhalten. Es gibt keine Telefone, keine Feuerwehr wird kommen, keine Polizei. Die Verteidiger verteidigen nicht mehr, sie fliehen, suchen Schutz zwischen den Häusern, die jetzt von dem hellen Schein über den Dächern erleuchtet sind. Die Jungs verfolgen die Männer, bringen einige von ihnen um, die anderen flüchten sich zu ihren Frauen, ihren schreienden Kindern und nehmen Reißaus vor dem Feuer, sie stolpern, fallen, raffen sich wieder hoch und laufen weiter, verschwinden. Sie sind weg. Die Flammen springen behende von Haus zu Haus über, und unsere Arbeit ist getan.
    Am nächsten Morgen war die westliche Fassade des Versicherungsgebäudes rußiggrau verschmiert, und wo zuvor ein Basti gestanden hatte, war nun ein leeres Aschefeld, aus dem hier und da ein verkohlter Türpfosten, ein verkrümmtes Rohr aufragten.
    Zwei Tage später erhielt ich meine komplette Bezahlung. Sie kam in Form von plastikumhüllten Stapeln druckfrischer Scheine, die ich aufriß, um meine Jungs zu entlohnen. Inzwischen waren die meisten zu mir zurückgekehrt. Im Laufe der nächsten vier Tage räumten wir zwei weitere Baugelände. Und alle waren zufrieden, ich, meine Jungs, Bipin Bhonsle. Unruhen sind auf die verschiedenste Weise nützlich, für die verschiedensten Leute.

    In der dritten Januarwoche schließlich hörte unter den Schüssen von Armee und Polizei und auf Anweisung von Bipin Bhonsles Bossen und wiederum deren Boß das Morden und Brandschatzen auf. Selbst den Allerobersten wurde die Zahl der Leichen zu groß, das Tosen des Chaos zu ohrenbetäubend. Die Stadt wand und schüttelte sich und begann sich von den Trümmern zu befreien, Bulldozer räumten die leeren Grundstücke und hoben Baugruben aus, die Leichen wurden aus den Rinnsteinen und von den Müllhaufen weggeschafft, der Verkehr wälzte sich erneut durch die Straßen. Alles ging seinen normalen Gang. Und ich war wiederhergestellt. Eines späten Abends kam ich von einem Treffen mit Bipin Bhonsle zurück - ich hatte Geld abgeholt, das er uns noch für die anderen Aktionen während der Unruhen schuldete, und wir hatten über neue Projekte gesprochen -, zog die Schuhe aus und machte es mir auf dem Bett bequem, den Kopf auf Subhadras neuen bestickten Kissen, tiefrot waren sie. Subhadra hatte die Möbel in unserem Schlafzimmer umgeräumt, so daß wir nun vom Bett aus durch ein Doppelfenster hinausschauen konnten. Ich sah mein dunkles Basti und die Sterne darüber. Subhadra brachte mir meine Milch und setzte sich dann mit gekreuzten Beinen aufs Bett, um mir beim Trinken zuzuschauen. Ich trank in kleinen Schlückchen, und sie stützte das Kinn in die Hand und summte leise vor sich hin.
    »Was ist das für ein Lied?« fragte ich flüsternd. Die Nacht war so still, so zart und kühl, so schattenreich, daß ich nur flüstern konnte.
    Subhadra schaute kurz auf und summte weiter.
    »Sag, Saali? Was für ein Lied ist das?«
    Sie lächelte schelmisch, streckte mir die Zunge heraus und summte weiter.
    Ich packte sie spielerisch am Arm, doch sie stieß einen theatralischen kleinen Schrei aus und entwand sich mir. »Laß mich los«, sagte

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