Der Pate von Bombay
jenen Wintertagen meine treuen Soldaten an dieses Massaker des »wir oder sie«, an diese Schlächterei, die kein Kampf war. Sie verließen mich, verachteten mich, weil ich mich nicht einmischte. Das mußte mir Bunty nicht erst erklären. Ich war dabei, an Prestige zu verlieren, an Macht zu verlieren, die Company zu verlieren, die ich aufgebaut und gegen so viele Aggressoren verteidigt hatte.
Bipin Bhonsle bot mir einen Ausweg. Er kam eines Sonntagvormittags in einem mit safrangelben Flaggen geschmückten Jeep vorgefahren, gefolgt von zwei Ambassadors, in denen bis an die Zähne bewaffnete Rakshaks saßen. Bipin Bhonsle selbst trug ein Schwert, das er in meinem Wohnzimmer seitlich an einen Stuhl lehnte.
»Ein bewaffneter Abgeordneter auf offener Straße«, sagte ich. »Die Zeiten haben sich wirklich geändert.«
»Heute werden wir sie zurückverändern, Bhai«, erwiderte er und rieb sich das Gesicht. Er war aufgedunsen, erschöpft, und er stank. Sein lilafarbenes Hemd war fleckig und zerknittert und hing ihm vorne aus der Hose, so daß ich die schweißglänzenden Speckfalten an seinem Bauch sehen konnte. »Was genug ist, ist genug. Wir werden es diesen verdammten Landyas zeigen.«
Ich wartete. Doch er schien offenen Auges eingeschlafen zu sein, das Kinn auf der Brust. Die Haare klebten ihm strähnig an der Stirn, seine übliche füllige Frisur war völlig dahin. Was er den Moslems zeigen wollte, blieb ungesagt. Schließlich fragte ich: »Bipin-saab?«
Er antwortete ohne irgendeine sichtbare Regung. »Es war eine Anweisung von oben: Zeigt es den Maderchods. Also haben wir es ihnen gezeigt.«
»Ein Befehl von oben?«
»Von ganz ganz oben.« Er gähnte. »Ich habe einen Kopf abgehackt. Richtig abgehackt - tschack! -, einfach so. Ich mußte das Schwert mit beiden Händen halten. Er ist zweimal aufgeprallt, der Kopf. Das seltsame daran ist das Blut. Es spritzt sehr weit. Wie aus einer Wasserpistole, überallhin. Die Jungs sind weggerannt, um nichts abzukriegen. Der Kopf sah nicht überrascht aus oder so was. Er hatte überhaupt keinen Gesichtsausdruck.«
»Sie haben es ihm gezeigt.«
»Ja. Aber Sie sitzen hier, Ganesh-bhai, in der Sicherheit Ihres Hauses.«
»Ich habe keine Anweisung von oben erhalten, Bipin-saab.«
»Die Landyas haben Paritosh Shah umgebracht. Und trotzdem wollen Sie nichts unternehmen.«
Ich hätte ihn natürlich darauf hinweisen können, daß Suleiman Isa zwar fraglos ein Moslem war, aber jede Menge Hindus beschäftigte. Und daß Suleiman Isa mit den muslimischen Familien, die an der Schnellstraße wohnten, nichts zu tun hatte und es ihn überhaupt nicht kratzen würde, wenn man ihnen die Köpfe abhackte. Aber ich sagte bloß: »Für mich ist da nichts zu holen.«
Er sah mich an, ein kurzer Blick aus seinen geröteten Augen. »Ich werde für Ihren Profit sorgen. Ich habe viel zu tun, deshalb biete ich Ihnen ein schnelles Geschäft. In Abarva gibt es ein Basti. Kennen Sie es?«
»Hinter dem weißen Gebäude der Lebensversicherung. Ja.«
»Das Land, auf dem das Basti steht, gehört einem meiner Partner. Er hat es vor drei Jahren zu einem günstigen Preis gekauft, es ist gutes Bauland, aber er kriegt diese Slum-Maderchods nicht davon herunter. Wasser, Strom - sie haben alles. Sie behaupten, sie würden schon seit Jahren dort leben, der übliche bhenchod Unsinn. Schaffen Sie sie von dort weg. Brennen Sie das Basti nieder. Wir zahlen Ihnen zwanzig Lakhs.«
»Bipin-saab. Bipin-saab. Dieses Land ist locker seine vier Crore wert.«
»Also dann fünfundzwanzig.«
»Ich werde eine Menge Jungs benötigen.«
»Ihre Jungs können behalten, was sie finden.«
»Behalten, was sie in irgendeiner erbärmlichen Hütte finden, während über ihren Köpfen die Flammen zusammenschlagen?«
»Dreißig.«
»Ein Crore.«
Er lachte. »Ich geben Ihnen sechzig Lakhs.«
»Abgemacht.«
» Wann? «
»Morgen.«
»Okay. Erledigen Sie es bald. Wir werden die Jagdzeit noch so lang wie möglich laufen lassen, aber irgendwann wird die Armee Schießbefehl bekommen und nicht mehr nur exerzieren, und dann wird es schwierig werden.« Er legte die Hände auf die Knie und hielt einen Moment inne. »Wollen Sie mir nicht etwas zu trinken anbieten?«
»Ich hätte Sie gleich fragen sollen, Bipin-saab.« Ich rief in den Korridor hinaus: »Are, bringt uns Wasser, Tee, irgendwas Kaltes.«
Bipin Bhonsle grinste. »Ich dachte eher an Whisky. Oder Rum. Aber Sie sind ganz der alte, Bhai. Wasser, Wasser, rund um die
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