Der Pate von Bombay
hart und war ausgesprochen leistungsfähig. Bei ihnen gab ich den starken Mann und Krieger, bis sie auf dem Schlachtfeld zusammenbrachen. Doch zu Hause war ich ein Nichts. Ich inspizierte meine Frau mit ihrem etwas schiefen Lächeln, den geraden schmalen Augenbrauen, dem zarten Duft nach Puder und Zahncreme und stellte fest, daß sie mir gefiel. Ich begehrte sie. Aber ich konnte sie nicht nehmen. Meine Kraft schwand, sobald ich in der Sicherheit meines eigenen Bettes war, und ich hatte nichts, wozu ich hätte Zuflucht nehmen können. Ich las die Werbung für Kliniken auf Reklametafeln und auf der Rückseite von Zeitschriften, die Potenzverheißungen auf Packungen von Tropfen und Tabletten, aber ich konnte niemandem davon erzählen, nicht einmal Chhota Badriya. Ich schämte mich. Einmal rief ich in einer dieser Kliniken an und bat darum, mit dem Vaidy 652 sprechen zu dürfen, aber sie verlangten Geld und wollten meinen Namen wissen, und so beschimpfte ich die Frau am anderen Ende wüst und knallte den Hörer auf die Gabel. In diesem Moment kam Subhadra mit einem Glas Milch herein, und ich leerte es und dachte bitter: Ja, diese Randi am Telefon hätte ich pimpern können, aber bei meiner Frau kann ich nur Milch trinken. Also nahm ich mir Jojos Mädchen vor, eine nach der anderen.
Doch ich stellte fest, daß ich fern von Subhadra und ihrem Geplauder noch mehr Angst hatte. Vielleicht war es doch besser, zu Hause zu sein, vielleicht würde meine Nähe sie ein wenig bremsen, sie davon abhalten, jemandem von meinem Versagen zu erzählen. Also ging ich wieder zurück. Und fand sie in ihrem neuem Heim glücklich und zufrieden vor. Sie wirkte tatsächlich glücklich, sie war glücklich. Ihre Ehe war ein Witz, hatte ein schlaffes Nichts zum Mittelpunkt, aber sie wuselte geschäftig durchs Haus, den Schlüsselbund in ihrem Pallu, klapperte in der Küche mit Töpfen, kommandierte Dienstboten herum, bearbeitete mich wegen meiner Eßgewohnheiten und strahlte Zufriedenheit aus. Sie blühte auf, während wir uns wegen der in Trümmern liegenden Moschee sorgten, in der Presse alte Geschichten von Haß und Verbitterung aufgerollt wurden und die Politiker aufputschende Reden hielten. Eines Abends kam sie ins Schlafzimmer und setzte sich neben mich.
»Ich habe in letzter Zeit viel von deinem Freund gehört«, sagte Subhadra.
»Von wem?«
»Von deinem Freund Paritosh Shah.« Sie hielt den Ärmel meiner Kurta fest. »Die Jungs betonen immer wieder, daß er dich dazu gebracht hat, zu heiraten, und was für einen guten Einfluß er auf dich hatte. Erzähl mir von ihm.«
Also erzählte ich ihr, wie ich das Gold zu ihm gebracht hatte, erzählte von seiner enormen Wampe, seinem Gespür fürs Geld, seiner Spielernatur, wenn es ums Geschäftemachen ging, unseren gemeinsamen Abenteuern, seiner Begeisterung für Festtage, Rituale und Feiern, seinem Bedürfnis nach Höhenflügen. Sie hörte mir zu, die Hand auf meinem Ärmel, den Kopf geneigt, und blickte aus strahlenden Augen zu mir empor. Die Lampe hinter ihr ließ ihr Haar leuchten.
»Und dieser fette Freund von mir«, sagte ich, »hat nichts getan, ohne vorher zu beten - wenn er von Colaba nach Worli fahren mußte, hat er gebetet, wenn er ein Crore stehlen mußte, hat er gebetet. Und dann ist er ermordet worden.«
»Hast du sie getötet?«
»Wen?«
»Na die, die ihn ermordet haben!« Sie redete vom Töten, diese kleine Jungfrau, wie vom Hühnerzerteilen.
»Wir haben ein paar von ihnen erledigt.«
»Ich meine, diejenigen, die es tatsächlich getan haben?«
Wie sollte ich ihr erklären, daß es nicht gerade einfach war, herauszufinden, wer abgedrückt und wer die Hämmer geschwungen hatte? Was verstand sie schon vom Sammeln von Informationen, geheimen Unterschlüpfen, doppelten und dreifachen Täuschungsmanövern, dem In-Stellung-Gehen und dem Töten von Männern? Sie hatte eine einfache Frage gestellt: Hast du die Männer bestraft, die es getan haben? Es gab darauf keine einfache Antwort. Doch plötzlich, beim Anblick des Sindurs in ihrem Haar und des rückhaltlosen Vertrauens in ihrem Blick, begriff ich, daß sie die einzige Frage gestellt hatte, die eine Antwort verdiente. Ich hatte Paritosh Shah im Stich gelassen. Ich hatte ein paar von Suleiman Isas Männern umgebracht und das für die angemessene Rache gehalten. Aber irgendwelche beliebigen Männer zu töten, das war keine Rache. Paritosh Shah hatte sich Gedanken um mich gemacht, er hatte mich geliebt, er hatte dafür gesorgt,
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