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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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Gangster und einem Filmstar gibt. Also nichts Besonderes.«
    Dem konnte Sartaj kaum etwas entgegenhalten. Daß die Filmi-Leute oft Verbindungen zu Bhais hatten, wußte jedes Kind, noch im abgelegensten Dorf. Sollte die Information durchsickern, würde sie Zoya Mirzas makelloses Image, ihren unschuldigen Sexappeal ankratzen und vielleicht auch zu einem Knick in ihrer steilen Karriere führen. Aber es war immer noch nicht klar, warum Ganesh Gaitonde nach Mumbai zurückgekommen war, es gab nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, warum er einen Betonkubus in Kailashpada gebaut hatte, warum er Jojo erschossen und sich dann selbst eine Kugel in den Kopf gejagt hatte. »Sie wollen, daß ich weiter verdeckt ermittle. Also kann ich meinen Chef nicht bitten, Zoya Mirza auf die Wache einzubestellen. Sie wollen, daß ich privat mit ihr rede, daß ich einfach zu ihr gehe und sie belästige. Diese Filmstars haben oft Verbindungen auf höchster Ebene«, sagte Sartaj. »Wenn sie irgendeinen Minister anruft und dafür sorgt, daß ich vom Dienst suspendiert werde, können Sie das Ihrem Chef auch nicht vorlegen.«
    »Das wird sie nicht tun. Sie haben doch die Fotos.«
    »Es ist trotzdem ein Risiko.«
    »Aber ein kleines.«
    Das Risiko ist immer noch größer als jeder Gewinn, den ich aus diesen Ermittlungen ziehen kann, hätte Sartaj gern gesagt. Er hatte Anjali Mathur unter der Nummer in Delhi angerufen, die sie ihm gegeben hatte, und sie hatte gleich nach dem ersten Klingeln abgenommen. Sie war am Telefon ziemlich knapp, hatte sich seinen Bericht angehört und dann ruhig vorgeschlagen, er solle sich mal mit Zoya Mirza unterhalten. Sehr unkompliziert, sehr effizient. Sartaj holte tief Luft, atmete wieder aus. »Von Delhi aus erscheint vielleicht alles klein, Miss Anjali. Und ich bin in der Tat ein kleiner Mann. Für mich ist selbst ein kleines Risiko ein großes.«
    Sie blieb ruhig. Sie war überhaupt eine ruhige Frau, in ihrem Kleidungsstil und in ihrer ganzen Art sehr zurückhaltend. Doch jetzt spürte Sartaj, daß sie im Begriff war, eine Entscheidung zu treffen, und als sie ihm antwortete, lag Nachdruck in ihrer Stimme. »Das vestehe ich, aber es gibt da ein paar Hintergrundinformationen, die Sie kennen sollten.«
    »Ich brauche sämtliche Hintergrundinformationen. Man hat mir bisher schlichtweg gar nichts gesagt.«
    »Das tue ich ja jetzt. Hören Sie zu. Das Haus, in dem Sie Gaitonde gefunden haben, war ein Atombunker.«
    »Ein was?«
    »Ein Bunker zum Schutz vor einer Atombombe. Er wurde nach einem Grundriß gebaut, den man im Internet finden kann.«
    »Warum hat Gaitonde denn so was gebraucht? Hier?«
    »Genau das will ich herausfinden.«
    Der Telefonhörer an Sartajs Ohr war warm. Er saß hinten in einem kleinen Cafe in der Haupteinkaufsstraße von Kailashpada, und draußen strömte der morgendliche Verkehr vorbei. Ein Schulbus schwenkte nach rechts an den Bürgersteig, woraufhin die Mädchen in blauer Uniform, die dort in einer Schlange warteten, nach ihren schweren Schultaschen griffen. Eine Autorikscha quetschte sich an dem Bus vorbei. Ganz normales Leben an einem ganz normalen Morgen. Sartaj dachte an Gaitondes Kubus auf dem Grundstück zwei Straßen weiter und spürte, wie sich Angst in seiner Brust einnistete, einem kalten Wassertropfen gleich. Er hustete sich die Kehle frei. »Besteht eine ernsthafte Bedrohung?«
    »Es gibt ein allgemeines Schreckensszenario, nämlich daß eine militante Gruppe in einer städtischen Gegend eine tragbare Nuklearwaffe einsetzen könnte. Eine der Gruppen aus Kaschmir. Oder aus dem Nordosten. Aber eine konkrete Information liegt uns nicht vor, nein.«
    Es hatte da mal einen Film gegeben - Sartaj hatte ihn sich nicht angeschaut, doch er hatte die Vorschau im Fernsehen gesehen. Eine militante Gruppe hatte in Delhi eine Atombombe postiert. Der Held hatte die Katastrophe im allerletzten Moment abwenden können, hatte die neongrüne Uhr des Zeitzünders in dem Moment angehalten, wo sie auf Null gesprungen wäre. Das war nur ein Film gewesen, Gaitondes Kubus hingegen war echt. Sartaj hatte ihn mit eigenen Händen angefaßt. Er setzte sich auf, lockerte seine Schultern, versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. »Madam«, sagte er. »Madam. Wenn Gaitonde von einer Bedrohung wußte, warum hat er Ihrer Abteilung dann nichts davon gesagt? Unseres Wissens gab es da doch eine Verbindung.«
    »Es gab keine Verbindung.« Das kam unmittelbar und schroff. Sartaj begriff, daß er seine Befugnisse

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