Der Pate von Bombay
in sein Vergnügen gemischt, jene qualvollen Stiche des Verlangens. Doch ihn hatten ihre Zähigkeit, ihre Stärke fasziniert, die Art und Weise, wie sie mit dem Problem zweier feindseliger Polizisten umgegangen war, mit dem Unheil, das ihrer Karriere, ihrem Besitz, ihrem Leben so unerwartet drohte. Sie hatte es zu nehmen gewußt. Das war beeindruckend, sehr beeindruckend. Zoya Mirza war eine Problemlöserin, wenn sie vor einer Schwierigkeit stand, zog sie das kurz herunter, und dann suchte sie nach einer Lösung. Angesichts solcher Selbstbeherrschung empfahl sich äußerste Vorsicht.
Sartaj hielt auf die Schnellstraße zu. Kamble war bereits zwischen den Lastern und den abendlichen Scharen von Autorikschas verschwunden. Vielleicht wurde er von einem Mädchen erwartet oder auch von zweien. Er war ein großer Verehrer der Schönheit, wie Sartaj einst auch. Wenn eine Zoya Mirza nicht mehr die Lust in dir hervorkitzelt, dachte Sartaj, dann wirst du alt. Du alter Mann. Du müder alter Mann. Aber er war nicht traurig, sondern seltsam erleichtert. Die Zeit hatte ihn mit ihren Verheerungen heimgesucht und ihre Spuren hinterlassen, aber er mochte dieses Gefühl des Verfalls. Es hatte etwas Erholsames. Er bog auf die Schnellstraße ein, fuhr der Abenddämmerung entgegen und sang dabei vor sich hin: »Vahan kaun hai tera, musafir, jayega kahan?« 650
Auf der Wache arbeitete sich Sartaj durch Ermittlungsakten und Berichte. Kurz nach elf rief Kamala Pandey an. Sie hatte keine neuen Anrufe von den Erpressern erhalten, wollte jedoch wissen, ob Sartaj vorwärtskam.
»Wir arbeiten daran, Madam«, sagte Sartaj. »Keine Sorge.«
»Was genau tun Sie denn?« fragte sie.
»Wir verfolgen Spuren. Ziehen Erkundigungen ein. Sprechen mit unseren Informanten.« Die Antwort ging Sartaj glatt von den Lippen, während er ein Formular zu einem Einbruchsfall ausfüllte. Es war die Standardantwort, und er hatte sie schon tausendundeinmal abgespult. Doch Kamala Pandey gab sich nicht damit zufrieden. Er hörte ein Murmeln im Hintergrund, dann wandte sie sich wieder an Sartaj, diesmal in gereiztem Ton.
»Mit wem? Haben Sie irgendeinen Durchbruch erzielt?«
Durchbruch. Sartaj lehnte sich zurück. »Mit wem reden Sie?«
»Wo?«
»Sie reden doch mit jemandem, Madam. Wer ist das? Sie sollten mit niemandem über den Fall sprechen.«
»Ich spreche auch mit niemandem über den Fall. Ich sitze mit ein paar Freundinnen in einem Restaurant, und eine von ihnen ist gekommen und hat mich etwas gefragt. Jetzt ist sie weg, Sie können mir also die Details erzählen.«
»Ich darf über die Einzelheiten einer laufenden Ermittlung keine Auskunft geben, Madam«, sagte Sartaj ziemlich scharf. »Seien Sie versichert, daß wir hart arbeiten. Um genau zu sein, sitze ich gerade an Ihrem Fall.« Das stimmte zwar nicht ganz, aber er hatte schon einige Stunden in den Fall investiert, war müde und im Begriff, sehr ärgerlich zu werden.
»Entschuldigen Sie«, sagte sie. »Ich bin einfach nervös.«
»Es gibt keinen Grund, nervös zu sein«, sagte Sartaj. »Ich werde mich melden, sobald ich etwas in Erfahrung gebracht habe. Ich brauche übrigens ein Foto von Ihnen, das ich Leuten vorlegen kann, die möglicherweise Zeuge der Geldübergabe waren. Keine Sorge, ich werde absolut diskret sein. Ich werde niemandem sagen, wer Sie sind. Schicken Sie es per Kurier zu mir nach Hause. Wenn möglich noch heute, spätestens morgen.« Sie sträubte sich, doch Sartaj beharrte darauf. Er nannte ihr seine Adresse, legte auf und wandte sich wieder dem Formular zu.
Kamble war ausgesprochen feindselig, als Sartaj ihm von Kamalas Anruf erzählte. Sie hatten sich wie geplant um halb zwölf gegenüber von Zoya Mirzas Haus in Lokhandwalla getroffen. Kamble trank noch schnell ein Bier, er hatte an zwei Fällen gearbeitet, seit sie sich getrennt hatten, und war müde und gereizt. Er bestand auf einem Bier, ehe er sich wieder an die Arbeit machte. Also saßen sie nun auf einem niedrigen Mäuerchen vor dem Tor von Zoyas Wohnkomplex, wie zwei Freunde, die im Dunkeln noch einen Plausch halten. »Diese eingebildete Kutiya zieht also durch die Bars und Restaurants der Stadt«, sagte Kamble über Kamala. »Die hat sich garantiert bald einen neuen Mashuq geangelt. So sind sie alle, diese Reichen, leichtlebig, die lassen jeden ran. Wenn die erst mal loslegen, dann kennen sie kein Halten mehr.«
»Ich glaube, für Umesh hat sie wirklich Liebe empfunden.«
»Warum bleibt sie dann bei ihrem Mann,
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