Der Pate von Bombay
ein Fan der Polizei. Als ich Miss India war, bin ich bei einer Wohltätigkeitspremiere des Polizeiverbandes aufgetreten.«
»Ja, ich erinnere mich. Jetzt brauchen wir noch einmal Ihre Hilfe.«
»Ich werde natürlich versuchen, Ihnen in jeder erdenklichen Weise behilflich zu sein. Aber ich bin im nächsten halben Jahr sehr beschäftigt ...«
»Wir sind nicht hier, weil wir Sie um einen persönlichen Auftritt bitten wollen«, sagte Kamble sehr leise. Er bewegte sich überhaupt nicht, doch seine Schultern schienen etwas anzuschwellen, und er war plötzlich gefährlich. Es lag in seinem stumpfen, flachen Blick, in seiner starren Kinnpartie. »Oder um eine Spende.«
Zoya spürte die veränderte Stimmung sofort, doch Vivek ging lachend darüber hinweg. »Sie wollen nur ein Autogramm, Didi«, sagte er.
Sartaj faßte nach Viveks Unterarm und zog sich hoch. »Wir würden Ihnen gern ein, zwei Fragen stellen«, sagte er zu Zoya, während er einen Schritt auf sie zu machte. Es gefiel ihr nicht, daß er näher kam, aber sie zuckte nicht zurück. Er flüsterte ihr ins Ohr: »Zu Ganesh Gaitonde.«
»Vivek«, sagte sie knapp, »warte draußen.«
»Didi?«
»Warte draußen. Und ich möchte nicht gestört werden.«
Sartaj schob Vivek aus der Tür, schlug sie dem ungläubig Dreinschauenden vor der Nase zu und schloß den roten Vorhang, der vor dem Türfenster hing. Zoya hatte inzwischen erkannt, daß sie empört sein sollte, und erhob sich. Sie zog die Schultern nach hinten und sah sehr vornehm aus, allerdings mußte sie unter dem niedrigen Dach den Kopf ducken, was die Wirkung in Sartajs Augen etwas beeinträchtigte.
»Warum wollen Sie mir über so einen Mann Fragen stellen?« wollte sie wissen.
»Geben Sie sich keine Mühe«, sagte Kamble. Er hatte die Hände auf den Oberschenkeln liegen, die gespreizten Beine fest auf den Boden gepflanzt. »Wir wissen alles. Wir wissen über Jojo Bescheid. Wir wissen, daß Gaitonde Sie an verschiedene Orte hat einfliegen lassen.«
»Madam«, sagte Sartaj, »seien Sie ein bißchen kooperativ.«
»Hören Sie, ich war Model und bin allen möglichen Leuten begegnet -«
Kambles höhnisches Grinsen war umwerfend, Sartaj fand, daß er aussah wie eine zynische Kröte. Er stieß ein knurrendes Lachen aus, das über Sartajs Unterarme kratzte, und deutete mit dem Zeigefinger auf Zoya. »Hören Sie mal gut zu«, sagte Kamble. »Sie denken vielleicht, bloß weil Sie ein großer Filmstar sind, kommen Sie mit allem durch. Wir wollten Sie nicht in Verlegenheit bringen, deshalb sind wir hergekommen, statt Sie auf die Wache einzubestellen. Aber bilden Sie sich bloß nicht ein, daß Sie uns entwischen können. Glauben Sie nicht, wir wären Idioten. Wir haben Sanjay Dutt hinter Gitter gebracht, und da können Sie genauso landen. Sechs Monate in einer kleinen Zelle ohne Klimaanlage, und Sie haben kein Gramm Fett mehr am Leib.«
»Bas, bas, es reicht«, sagte Sartaj zu Kamble. Für Zoya setzte er seine sanfte, verständnisvolle Miene auf. »Ich weiß, daß Sie Angst haben, Madam. Und daß Sie Ihr Privatleben schützen wollen. Das ist Ihr gutes Recht. Aber es stimmt, was er sagt: Wir wissen einfach zuviel über Ihre Verbindung zu Gaitonde, als daß Sie irgend etwas vor uns verbergen könnten. Wir haben Dokumente, aus denen hervorgeht, daß Gaitonde für Ihre Reisen gezahlt hat. Wir haben Kopien von Ihrem alten Paß, der Sie noch als Jamila Mirza ausweist. Wir haben Kopien von Flugtickets.«
Kamble zog einen Stapel Kopien aus einem braunen Umschlag und schwenkte sie hin und her. »Wir wissen über Singapur Bescheid«, sagte er. »Hier.«
Sie nahm die Unterlagen. Sie war sehr stark, ihr sehniges Äußere barg einen unbeugsamen Willen. Sartaj spürte ihn, und er wußte, daß der gebieterische Gang der Dschungelprinzessin auch Zoyas Gang war. Doch trotz aller Selbstbeherrschung, aller Schauspielkunst konnte sie den Ärger und die Angst, die in ihren Augen aufflammten, nicht unterdrücken. Irgend etwas war tatsächlich in Singapur geschehen. Kamble hatte einen Treffer gelandet. Jetzt war Mitleid angesagt. »Glauben Sie mir, Madam, wir wollen nichts von Ihnen außer ein paar Auskünften. Es liegt nichts gegen Sie vor, keine Anklage. Bitte setzen Sie sich.« Sie blieb unbewegt stehen. »Bis auf meinen Kollegen und mich weiß niemand aus unserer Abteilung von Ihrer Verbindung zu Gaitonde. Und wir werden niemandem davon erzählen. Sie müssen uns nur von ihm berichten - was immer Sie über ihn wissen, über seine
Weitere Kostenlose Bücher