Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
Vom Netzwerk:
Neuheiten im Computerwesen und unterhielt sich mit mir über Medizin, Lasertechnik und das Klonen. Er hatte einen Rollstuhl, der Treppen hochfahren, auf zwei Rädern um die Ecke biegen und auf einem Rad balancieren konnte. Seine Augen leuchteten, wenn er über Gyroskope, Software und umweltfreundliche Energiegewinnung sprach. Er saß im Verwaltungsrat von drei Universitäten. Er war ein weltlicher Mann. Er war frei von jenem blinden Haß auf Muslime, den ich in Indien und auch im Ausland so oft erlebt hatte, jenem Abscheu gegen Burkas, das Essen von Rindfleisch und mangelnde Körperhygiene. Muslime waren Guru-ji bei seinen Predigten und in seiner Gefolgschaft stets willkommen. Was er nicht mochte, war ihre Neigung zur Expansion, ihr Wunsch, alles an sich zu reißen, immer zu herrschen. Er wies mich darauf hin, daß sie in jedem Land, in dem sie lebten, soziale Unruhe stifteten, und daß sie sich gegen den Lauf der Welt stemmten. Natürlich sagte er mir das nur unter vier Augen. Wenn er öffentlich sprach, war er sehr vorsichtig. Doch als wir allein waren, sagte er: »Seit dem Fall der Moschee und den Tumulten importieren die Moslems Waffen.« Das stimmte. Meine eigenen Quellen bestätigten es. Gewaltige Mengen von Automatikgewehren und Granaten waren ins Land geschmuggelt worden. Sogar von Panzerabwehrwaffen und Stingers war die Rede. Wenn die Moslems einfach nützliche Mitglieder unserer Gesellschaft wären, sagte Guru-ji, wenn sie wüßten, wo ihr Platz ist, und sich anzupassen versuchten, dann gäbe es keine Probleme. Aber in ihrer Religion gibt es eine Tendenz, die sie gefährlich macht. »Und deshalb«, sagte Guru-ji, »müssen wir gewappnet sein. Wir müssen uns ebenfalls bewaffnen, mögen unsere Politiker auch noch so feige sein.« Und genau das taten wir. Wir rüsteten auf, und Guru-ji steckte weiterhin Geld sowohl in diese geheimen Aktivitäten als auch in seine Bemühungen, die Öffentlichkeit über die bevorstehenden Umwälzungen, das Ende des Kaliyug, zu informieren und sie darauf vorzubereiten.
    Wir saßen auf einem Dach in Singapur, als er mir von seiner Arbeit für die Universitäten berichtete, über seine pädagogischen Hoffnungen für die Zukunft. Da wir in Singapur waren, mußte ich mich immer wieder bremsen, um nicht über das Geländer zu spucken, auf die Straße und die ordentlichen Bürger da unten. Aber Guru-ji liebte Singapur. Er mochte die Hygiene und die strengen Regeln und die Menschen dort, und er nutzte die Stadt auf seinen Reisen als Ruhe- und Angelpunkt. Er hatte hier einen reichen Anhänger, einen Immobilienmagnaten, der ein geräumiges Penthouse in der Tanglin Road für ihn bereithielt. Das Penthouse hatte eine große Dachterrasse mitsamt ausgewachsenen Bäumen und echtem Rasen. Von dieser Terrasse aus blickten wir auf die glitzernde Skyline. Guru-ji gefiel dieser hochgelegene Garten. »Wenn unser Land gut geführt würde, Ganesh«, sagte er, »dann könnten wir alle so leben. Was fehlt uns? Wir haben die Ressourcen. Und wir haben mehr als genug fähige Leute. Aber es fehlt uns an politischem Willen und an der richtigen Struktur. Uns fehlt es an Disziplin, innerlich wie äußerlich.«
    »Sie werden uns zur Ram rajya führen, Guru-ji.«
    »Willst du mir schmeicheln, Ganesh?« Er knabberte Karottenschnitze und zwinkerte mir zu.
    »Ganz gewiß nicht, Guru-ji.« Ich fläzte mich auf einem Liegestuhl neben ihm, die nackten Füße hochgelegt. Ich hatte Indien von Delhi aus mit einem anderen Paß und neuem Namen verlassen, hatte mir den Bart abrasiert, und nun kam ich jeden Abend als angeblicher Unternehmensberater zu Guru-ji, und wir aßen im Garten zusammen zu Abend. Wir unterhielten uns über alles mögliche - die Welt, mein Leben. Ich erzählte ihm von meinen Anfängen in Gopalmath, vom Tod meines Sohnes. Er kannte mich besser, als mich je ein Mensch gekannt hatte.
    »Wirst du langsam ungeduldig?« fragte er.
    »Ungeduldig, ich?«
    »Du bist jetzt schon fünf Tage hier. Du willst die Initiation hinter dich bringen, willst nach Hause und dich wieder deiner Arbeit widmen.«
    »Nein, Guru-ji, das nicht. Meine Arbeit läuft auch so weiter, die erledige ich ohnehin übers Telefon. Und ich erlebe hier bei Ihnen einen Frieden, den ich noch nie erlebt habe. Aber ich mache mir Sorgen.«
    »Worüber?«
    »Über unsere Sicherheit. Je länger ich bleibe, desto riskanter ist es. Für Sie wie für mich. Wenn mich jemand erkennt ...«
    »Ja.«
    »Und irgend jemand sucht immer nach mir.«
    »Deine

Weitere Kostenlose Bücher