Der Pate von Bombay
getroffen nach hinten sank. Ihre Wangenknochen waren scharf wie Schwerter, und wenn sie von der Kamera davonschritt, hatte die Bewegung ihres Rückens etwas schlangenhaft Gleitendes, bei dem es einen kalt überlief. Es ging nicht nur mir so, auch Arvind, der mit mir zusammen die Muster ansah, verfiel bei Zoyas Anblick in ehrfürchtiges Schweigen. Nachdem Suhasini uns sechs Wochen lang von dem Mädchen hatte schwärmen hören, kam sie eines Tages mit und schaute sich den Rohschnitt der in Estland gedrehten Songszene an. Als das Licht wieder anging, waren all ihr Sarkasmus und ihr Konkurrenzdenken wie weggeblasen, und sie sagte: »Okay, ich geb's zu. Das Mädchen sieht wirklich gut aus.«
»Gut?« fragte Arvind. »Komm, sei ehrlich. Wenn schon nicht mir, dann wenigstens Bhai gegenüber.«
Suhasini schob ihren Arm unter seinen und beugte sich zu mir herüber. »Na gut. Das war eindeutig die richtige Wahl, Bhai. Dieses Mädchen wird gut ankommen. Sie ist umwerfend.«
Selbst die Frauen mußten es zugeben - Zoya war umwerfend. Und ihr Ruhm wuchs, als die Dreharbeiten fortschritten, sorgfältig getimte Pressemeldungen hinausgingen, ihr Bild auf dem Cover von Filmzeitschriften erschien, Ausschnitte aus den Songszenen im Fernsehen gezeigt wurden. Sie war jetzt sehr beschäftigt und konnte nur noch sporadisch nach Singapur fliegen, viel seltener als zuvor. Und ich muß sagen, daß ich froh darüber war. Damals war es extrem hart, mir das einzugestehen, es war ein Gefühl, als mahlten unterhalb meines Nabels zwei Steine gegeneinander. Aber die bittere Wahrheit, die mir würgend in die Kehle stieg, war, daß in dem Maße, wie Zoya größer wurde, ich selbst mich kleiner fühlte. Oh, ich war mächtig, ich war gefürchtet, ich war reich, ich konnte Leben geben oder nehmen. Ich unterstützte Familien, Generationen von Kindern waren in den von mir erbauten Siedlungen, die unter meinem Schutz florierten, zur Welt gekommen. Ich hatte keine Angst vor Zoyas Erfolg, schließlich hatte ich ihn selbst ermöglicht, ich hatte sie erschaffen. Und trotzdem ... Es war schwer, es einzugestehen, schwer, es zu wissen, und es ist schwer, jetzt davon zu berichten: Während Zoya zur Göttin unseres Landes wurde, schrumpfte mein Lauda.
Ich lüge nicht, es war keine Täuschung, und ich war nicht verrückt. Das Ding wurde kleiner. Weniger was die Länge, als was Umfang und Gewicht betraf. Ich hatte meinen Lauda als hart, muskulös und gesund in Erinnerung, doch jetzt erschien er mir zaghaft und matt. Einst hatte er keinerlei Vorwand gebraucht, jetzt war er durch ständige Zweifel geschwächt. Nicht, daß Zoya je etwas gesagt hätte, o nein. Sie lutschte so engagiert wie eh und je, war genauso gefügig und ließ keinen Zweifel an ihrer Lust. Sie stöhnte, wenn ich sie nahm, schloß die Augen und schleuderte - wie immer - die Arme über den Kopf, wenn sie von ihrer Chut aus am ganzen Körper erbebte. Früher hatte ich mich selbstsicher und siegreich gefühlt, wenn ich sie vögelte, sie an diese Schwelle trieb und in den bodenlosen Abgrund der Wonne stürzen ließ. Doch ich hatte gesehen, was für eine raffinierte Schauspielerin sie war. Auf der Leinwand hatte ich ihr uneingeschränkt abgenommen, daß sie jemand anderes war. "Woher wußte ich, ob nicht auch die Zoya, die ich kannte, die ich zu kennen glaubte, in Wirklichkeit jemand anderes war? War meine Zoya nur eine Rolle? War dieses Stöhnen nur Schauspielerei?
So quält man sich, wenn man das Pech hat, sich etwas daraus zu machen, was eine käufliche Frau denkt und fühlt. So peinigt einen dieses fatale Paradox. Je lauter die Lustschreie, die man ihr entlockt, desto stärker wird der Verdacht, daß ihr Stöhnen übertrieben ist, daß man ihr gar keine Lust bereitet. Und die Wahrheit wird man nie erfahren. Fragt man nach, wird sie das sagen, was sie meint für ihr Geld sagen zu müssen. Fragt man nicht nach, wird man wütend. Man wird so wütend, daß man nur noch eine Reaktion für bare Münze nimmt, nämlich Schmerzensäußerungen. Ich wurde grob. Ich zog Zoya an den Haaren, biß sie in die Brüste, riß an ihren Brustwarzen, und sie zuckte zusammen und wand sich, doch sie versuchte nie, mir Einhalt zu gebieten. Ich verstand, warum. Schließlich bekam sie Geld von mir. Ich hatte für Teile dieses perfekten Körpers gezahlt. Und trotzdem wurde ich nie meine Zweifel los, ob sie nicht letztlich mir gegenüber unverwundbar war, ob dieser Körper sich mir nicht genau in den Augenblicken entzog, in
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