Der Pate von Bombay
Gaandu, von mir aus kannst du ein Dutzend Fernsehserien nach diesem Muster drehen, aber meinen Film setzt du nicht auf dieses stinkende Gleis.«
Ihr langsames perlendes Lachen beruhigte mich etwas. »Gaitonde«, sagte sie. »Ich versuche deinen maderchod Film nicht auf irgendein Gleis zu setzen. Du wirst ihn sowieso ganz Indien aufdrücken, auch den Frauen. Wir werden ihm nicht entgehen. Also mach dir keine Gedanken. Aber sag mir doch noch, wie du diesen Bhenchod nennen willst.«
»Beschimpf meinen Film nicht«, sagte ich. »Mir kannst du so viele Schimpfwörter an den Kopf schmeißen, wie du willst, aber meinen Film beschimpfst du nicht.« Ich lächelte. »Ich habe an Barood gedacht.«
»Das hat es in den Siebzigern schon gegeben.«
»Ich weiß. Aber es gefällt mir trotzdem. Dir nicht?«
»Nicht sonderlich. Außerdem läßt das die internationale Komponente außer acht.«
»Soll ich es vielleicht International Barood nennen?«
Ich legte mich aufs Bett und wartete, bis sie aufhörte zu lachen. Ich mußte selbst lachen. »Jetzt mal ernsthaft. Das ist wichtig, ein guter Titel kann den Verkauf enorm ankurbeln.«
»Jaja. Schade, daß es International Khilari schon gibt. Das wäre ideal gewesen.«
Es wäre wirklich ideal gewesen. Aber der Titel war schon verwendet worden, und zwar vor nicht allzu langer Zeit, also probierten wir weiter herum, von Love in London bis zu Hamari Dharti 257 , Unki Dharti. Es machte richtig Spaß, nach alten, halbvergessenen Titeln zu suchen, auf Sprachfetzen zu stoßen und mit ihnen zu spielen, sie wie Puzzlestücke zusammenzusetzen und zu versuchen, Wörter zu finden, die dem Grundgefühl des Drehbuchs, dem Leben an sich, Ausdruck verliehen. Doch dann wurde dieses Vergnügen von meiner eigenen Truppe internationaler Khiladis unterbrochen. Ein Anruf kam vom Patong Beach: Manu Tewari und drei andere waren verhaftet worden.
»Was? Wo? Wie?« fauchte ich Arvind an. Die Jungs hatten die klare Anweisung, sich unauffällig zu verhalten, keinen Ärger zu machen, unsichtbar zu sein. Wir waren alle übers Meer nach Thailand gekommen und nie offiziell eingereist, für die thailändischen Behörden existierten wir nicht.
»Es ist dieser verdammte Drehbuchautor, Bhai«, sagte Arvind. »Er hat sich in der Typhoon Bar mit einem amerikanischen Soldaten geprügelt.«
»Dieser kleine Chodu?« Ich war erstaunt. Manu schrieb starke Gewaltszenen, aber er war selbst kein Kämpfer. Er beobachtete, wartete, wog ab, und dann schrieb er meistens. »Worum ging es?«
»Es gibt da in der Typhoon Bar ein Mächen, das er mag.«
»Und?«
»Sie war mit einem der amerikanischen Matrosen von dem Flugzeugträger zusammen.« Am Ausgang der Bucht lag ein amerikanischer Flugzeugträger mit einer Eskorte von zwei kleineren Schiffen. Der Flugzeugträger war grau und gigantisch und hatte zwei Tage zuvor dreitausend Matrosen auf den Strand von Patong gespien. »Dieser Matrose hat sie sich für die letzten beiden Abende gekauft. Sie saß auf seinem Schoß. Er hat seinen Freunden unanständiges Zeug über sie erzählt, wie sie seinen Lauda lutscht zum Beispiel. Das Mädchen hat nichts verstanden, Manu dagegen sehr wohl. Er hat etwas zu dem Matrosen gesagt, der hat etwas geantwortet, und dann hat ihm Manu eine Heineken-Flasche über den Kopf gehauen.«
»Bhenchod.«
»Der Matrose hat Manu daraufhin mit einem Faustschlag über den Tisch befördert, seine Freunde wollten auch ein Wörtchen mitreden, und dann haben sich die Jungs wiederum auf sie gestürzt. Und jetzt sitzen sie alle im Knast.«
Ich hatte große Lust, sie da sitzen zu lassen, aber ich brauchte Manu. Also holte ich sie raus. Ich konnte mich natürlich nicht selbst um diesen Schlamassel kümmern, doch ich schickte Arvind mit dem nötigen Geld los und tätigte ein paar Anrufe. Drei Tage, zwei Anwälte und zwanzigtausend Baht Bestechungsgeld später hatte ich sie wieder auf der Yacht. Manu Tewaris linke Wange war von einem üblen grünlichen Striemen überzogen, und er war so wackelig wie ein sozialistischer Staat kurz vor dem Zusammenbruch. Die Jungs sagten mir, er habe seit drei Tagen nicht geschlafen. Wie sich herausstellte, war er trotz all seiner Sympathien für die Unterdrückten noch nie im Gefängnis gewesen, und die thailändische Zelle hatte seine Nerven schwer in Mitleidenschaft gezogen. Ich schickte ihn ins Bett und hielt den Jungs eine Standpauke.
»Bhai«, sagte Amit. »Was hätten wir denn tun sollen? Wir haben nur dagesessen und was getrunken.
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