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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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verflogen alle meine Zweifel. »Ich habe Sie vermißt«, sagte sie. »Ich habe Sie ja so vermißt.«
    Und dieses Mädchen nannte Jojo die egoistische Giraffe. Sie küßte meinen Hals, kam wieder hoch zu meinen Lippen, rieb sich an meiner Brust und bewegte sich dann abwärts. Mit einem langgezogenen Seufzer ging sie auf die Knie, preßte sich an meinen Hosenschlitz, die Arme immer noch zu meinen Schultern hochgestreckt. Ich legte ihr die Hand auf die Stirn und drückte ihren Kopf leicht nach hinten, so daß sie mich anschauen mußte. »Nein, warte«, sagte ich. Sie war verstört, schaute mich an wie ein zurechtgewiesenes Kind. Eigentlich war dies unser übliches Ritual, ein erstes wildes Lutschen. Ich sah immer wieder gern zu, wie ihr Mund sich mir öffnete. Doch heute hielt ich ihr Kinn sanft fest. »Gleich, gleich«, sagte ich. »In zwei Minuten. Aber zuerst will ich hören, was in der Zwischenzeit alles passiert ist.«
    Fröhlich lachend sprang sie auf. Wir setzten uns in den Sessel, sie auf meinen Schoß gefläzt, die Beine über die Lehne hängend, die Arme um meinen Hals geschlungen, und sie erzählte mir alles. Es dauerte nicht zwei Minuten, sondern zwei Stunden. Sie erzählte mir von den Problemen beim Drehen, von dem künstlichen See, der in der Schweiz liegen sollte und irgendwann zu stinken begann, weil diese elenden Beleuchter immer wieder hineinpinkelten. Dann war da der wunderschöne Schimmel, der sich acht Einstellungen lang vollkommen ruhig verhalten hatte, er war ein altgedientes Filmi-Pferd. Doch in der Beleuchtungspause vor der neunten Einstellung zog ein Elektriker ein Kabel durchs Gras, und der Schimmel geriet in Panik, bockte, näherte sich dabei rückwärts einer Felskante und stürzte neun Meter in die Tiefe. Man hatte ihn erschießen müssen. Mit einem echten Revolver.
    »Nicht ganz ungefährlich«, sagte ich.
    »Und anstrengend. Es geht so langsam vorwärts, Bhai, es dauert alles so lange«, sagte Zoya. »Es kommt mir vor, als wären wir schon ewig am Drehen. Aber es macht wirklich Spaß. Auf dem Set gibt es ein paar echt schräge Typen.«
    Dann stand sie auf und imitierte Dheeraj Kapoor, wie er einen der Beleuchter ermahnte, schneller zu machen. »Bitte, Sir, wir haben das Budget bereits um vierunddreißig Prozent überschritten und sind dreißig Tage im Verzug.« Sie traf ihn genau: den typischen Watschelgang des Dickbäuchigen, die punjabische Herzlichkeit, seine vornehme Art, die Zigarette zwischen Daumen und Mittelfinger zu halten, ja selbst seine kurze Oberlippe, durch die er aussah wie ein mäßig wilder Hund. Beim Schauspielern erwachte sie zum Leben, meine Zoya. Wenn sie Dheeraj Kapoor war, verschwand die Distanz, die sonst zwischen Zoya Mirza und der Außenwelt samt den darin Lebenden lag, dann war sie nicht mehr unerreichbar hinter dem Glanz ihrer schwarzen Augen verborgen. Sie war präsent - in dem Flaum auf ihren Unterarmen, im schlendernd ausgreifenden Gang des Produzenten. Ihr Leben glitzerte, schlug Funken, hier und für mich. Ich lachte und zog sie wieder auf meinen Schoß, bis sie erneut aufsprang, um jemand anderen zu verkörpern. Sie gab auch einen perfekten Manu Tewari: Ich sah seinen eckigen kommunistischen Bart, seine Art, daran herumzufingern, wenn er versuchte, durch Nachdenklichkeit zu beeindrucken. Irgendwie, ich wußte nicht recht, wie, vermittelte sie seinen angestrengten Ernst, seinen skalpellscharfen überanalytischen Verstand, seinen sehnsüchtigen Glauben an Zukunftsmärchen. Wahrscheinlich mußte das bei einer großen Schauspielerin so sein. Sie brachte einen dazu, ihr glauben zu wollen, und daher glaubte man ihr auch.
    Als ich schließlich mit ihr ins Bett ging, hatte ich keinerlei Zweifel. Ich ruhte in mir. Durch unsere Unterhaltung und unser gemeinsames Gelächter hatte ich meine Kraft wiedergefunden. Ich drang an diesem Tag viermal in sie ein, und sie war in mir. Ich mißtraute weder ihrer Lust noch meiner. Es war alles eins. Und mein Penis war heroisch. Ich wies sie nicht auf sein Wachstum hin, es war nicht nötig. Ihr Stöhnen, als ich sie befriedigte, war mir hinlängliche Bestätigung.

    International Dhamaka wurde ein Flop. Nach all der Publicity, all dem Geld, das wir in MTV-Songclips, gigantische Reklamewände und Dhamaka- Lunchboxen aus signalrotem Plastik gepumpt hatten, wollte keiner den Film sehen. Am ersten Tag lagen die Kartenverkäufe in Bombay bei sechzig Prozent und außerhalb der Stadt noch niedriger. Die Kritiker waren grausam, aber

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