Der Pate von Bombay
Strafversetzung eines Polizisten bewirken zu können.
»Mistkerle«, sagte Majid ruhig, nachdem die Händler hinausgegangen waren.
»Mistkerle«, wiederholte Sartaj, stand auf und nahm auf einem Stuhl vor Majids Schreibtisch Platz. Die Sitzfläche war noch warm, und er rutschte unbehaglich darauf hin und her.
»Sie hatten heute früh eine sehr wichtige Besprechung mit sehr wichtigen CBI-Leuten, wie ich höre?«
»Ja, ja.« Daß Majid von dem Treffen wußte, wunderte Sartaj nicht; was ihn manchmal aber noch immer überraschte, war die Geschwindigkeit, mit der Neuigkeiten im Revier herumgingen. »Deswegen wollte ich Sie sprechen, Boß. Hier.« Sartaj breitete die Fotos aus Gaitondes Album auf Majids Schreibtisch aus. »Kennen Sie welche von diesen Frauen?«
Majid strich mit beiden Händen mehrmals prüfend über seinen Schnauzbart. »Schauspielerinnen? Models?«
»Ja. Oder so ähnlich.«
Majid blätterte die Fotos durch. »Irgendeine Verbindung zu Gaitonde?«
»Ja. Aber ich bin nur neugierig.«
»Diskretion, verstehe, mein Freund. Sagen Sie mir nichts. Ich will nichts wissen.« Majid schüttelte den Kopf. »Ein paar kommen mir bekannt vor, aber ich könnte Ihnen keine Namen nennen. In Bombay wimmelt es von solchen Mädchen, da sieht eine aus wie die andere. Die kommen und gehen.«
»Und die hier?« Die hier war die Tote, in Nahaufnahme. Man sah sofort, daß sie tot war, an den blauen Lippen, den schlaffen nackten Schultern und der völligen Neutralität des Blicks vor der nahen Kamera.
»Ist das die Frau in Gaitondes Haus?« fragte Majid leise. »Die sie vor den Zeitungen verstecken?«
»Ja.«
Majid sammelte die Bilder ein und schob sie Sartaj wieder zu. Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Nein, Baba, ich weiß nichts. Ich weiß nichts. Und seien Sie vorsichtig, Sardar-ji. Riskieren Sie nicht zuviel. Parulkar-saab wird versuchen, Sie zu schützen, aber er ist selbst in Schwierigkeiten. Der Arme, als Hindu ist er den Rakshaks nicht gut genug.«
»Und was heißt das für Sie und mich?« fragte Sartaj. »Ich bin auch kein guter Hindu.«
Majid lächelte und entblößte dabei zwei breite weiße Zahnreihen, so daß er trotz seines majestätischen Schnauzbarts wie ein kleiner Junge aussah. »Sartaj«, sagte er, »Sie sind nicht mal ein guter Sikh.«
Sartaj erhob sich. »In irgendwas muß ich gut sein. Ich weiß nur noch nicht, in was.«
Majid stieß sein langes, gurgelndes Lachen aus. »Are, Sartaj, Sie waren doch immer gut in puncto Frauen. Wenn Sie also was über die Frauen hier wissen wollen, fragen Sie andere Frauen.«
Sartaj hob abwehrend die Hand und ging. Aber er mußte zugeben, daß Majid, dieser schwerfällige, großfüßige Paschtune, recht hatte: Wenn es um Frauen ging, mußte man Frauen fragen. Doch es war noch früh am Tag, und die Frauen wie auch die nationale Sicherheit würden warten müssen. Zuvor wollte er in dem Navnagar-Mordfall weiterermitteln.
»Die ganze Gegend hier stinkt«, sagte Katekar, als er den Gypsy in einer engen Lücke zwischen zwei Lastern parkte.
Er und Sartaj mußten in der Tat einen durchdringenden Geruch ertragen, als sie die Straße entlanggingen, aber Sartaj fand es ein wenig unfair von Katekar, die Gegend als besonders übelriechend zu brandmarken. Ab und an stank es in der ganzen Stadt, und irgendwo mußten die Einwohner von Navnagar ihren Müll schließlich abladen. Sie konnten nichts dafür, daß die Müllabfuhr nur alle vierzehn Tage kam, um ein Loch in die Hügelkette aus Abfällen zu reißen.
»Geduld, Maharaj«, sagte Sartaj, »gleich sind wir aus dem Gestank raus.«
Doch Katekar hielt an seinem Mißmut fest. Sartaj wußte, daß ihn nicht der Gestank verdroß, sondern der Umstand, daß er sich überhaupt in Navnagar aufhalten mußte. Ein junger Bangladeshi war von seinen Yaars ermordet worden -na und? Es war ein unbedeutender Fall mit wenig Möglichkeiten, und man konnte ihn ohne weiteres auf dem Papier untersuchen, genauso wie die Müllabfuhr auf dem Papier pünktlich jeden Morgen kam. Kein Hahn würde danach krähen, ob der Mord aufgeklärt wurde oder nicht, und deshalb war es idiotisch, sich diesen üblen Gerüchen und den schrecklichen Leuten hier auszusetzen. Sartaj aber wollte ermitteln. Als Polizist, so sagte er sich, müsse er nun einmal den Ehrgeiz haben, Fälle zu lösen und - wenn auch noch so langsam - weiterzukommen, dennoch war er sich bewußt, daß dabei auch Sturheit im Spiel war. Er mochte es nicht, wenn in seinem Bezirk
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