Der Pate von Bombay
war.«
»Ja, Madam.«
»Sie kennen sich in der Gegend ja sicher aus, also finden Sie's heraus. Wir legen allerdings Wert auf strikte Vertraulichkeit. Wir möchten, daß Sie in dieser Sache für uns tätig werden, Sie und dieser Polizist, Katekar. Nur Sie beide. Und nur Sie beide wissen von diesem Auftrag. Niemand sonst auf dem Revier darf davon erfahren. Es sind hier Sicherheitsaspekte der höchsten Stufe im Spiel. Ist das klar?«
»Ja, Madam.«
»Ermitteln Sie so unauffällig wie möglich. Vorrangig ist, daß Sie herausfinden, wer die Frau war, in welcher Beziehung sie zu Gaitonde stand, was sie in dem Haus gemacht hat. Zweitens müssen wir wissen, was Gaitonde in Mumbai wollte, warum er hier war, seit wann er hier war und was er in dieser Zeit getan hat.«
»Ja, Madam.«
»Spüren Sie möglichst viele Leute auf, die mit ihm zusammengearbeitet haben. Aber gehen Sie diskret vor. Wir können es uns nicht leisten, daß viel Lärm um die Sache gemacht wird. Egal, was Sie tun: Tun Sie's unauffällig. Daß Sie sich für Gaitonde interessieren, nachdem Sie ihn gefunden haben, ist nur natürlich. Wenn Sie also gefragt werden, sagen Sie einfach, es seien noch ein paar Detailfragen zu klären. Verstanden?«
»Ja, Madam.«
Sie schob einen dicken Umschlag über den Tisch. Er war weiß, und in der Mitte stand mit schwarzer Tinte eine Telefonnummer. »Sie melden sich mit Ihren Ergebnissen bei mir, und zwar nur bei mir. In diesem Kuvert befinden sich Kopien der Fotos aus dem Album, das wir in Gaitondes Schreibtisch gefunden haben. Und Fotos der Toten. In der Tasche der Toten haben wir außerdem die Schlüssel hier gefunden. Einer sieht aus wie ein Türschlüssel, der andere wie ein Autoschlüssel. Wozu der dritte gehört, weiß ich nicht.« Die Schlüssel hingen an einem Metallring.
»Ja, Madam.«
»Noch Unklarheiten? Noch Fragen?«
»Nein, Madam.«
»Rufen Sie mich unter der Nummer auf dem Umschlag an, wenn Sie Fragen haben oder mir etwas mitteilen wollen. Parulkar-saab hat mir gesagt, daß Sie einer seiner zuverlässigsten Beamten sind. Ich bin sicher, Sie werden Ihre Sache gut machen.«
»Sehr freundlich von Parulkar-saab. Ich werde mein Bestes tun.«
»Shabash« 576 , sagte Parulkar mit undurchdringlicher Miene. »Du kannst gehen.«
Sartaj erhob sich, nahm den Umschlag und ging schnell hinaus. Draußen blinzelte er in das strahlende Morgenlicht, blieb einen Moment am Geländer stehen und wog den Umschlag in der Hand. Der Fall Gaitonde war also noch nicht abgeschlossen. Vielleicht waren noch Punkte zu sammeln und Lorbeeren zu ernten. Vielleicht hielt der große Ganesh Gaitonde noch ein paar Geschenke für ihn bereit. Das alles sah sehr gut aus, es ehrte ihn, daß man ihn ausersehen hatte, diese geheimen Ermittlungen im Interesse der nationalen Sicherheit zu führen, aber wohl war ihm dabei nicht. Anjali Mathurs dringlicher Ton hatte irgendwie nach Angst gerochen. Gaitonde war tot, doch der Schrecken, den er verbreitete, lebte weiter.
Sartaj reckte sich, drehte die Schultern hin und her und verscheuchte eine Fliege, die um sein Gesicht summte. Er lief die Treppe hinunter und machte sich an die Arbeit.
In Majid Khans Büro drängten sich Vertreter des örtlichen Einzelhandelsverbandes. Sie protestierten gegen die empörende Untätigkeit der Polizei angesichts der Flut von Erpresseranrufen, die in den letzten Monaten bei den Mitgliedern eingegangen waren. Sartaj setzte sich hinten im Raum auf einen Stuhl und hörte zu, wie Majid beschwichtigte und beruhigte und die Anwesenden seinerseits um Hilfe bat. »Wir können nichts tun, wenn Sie sich, statt uns zu rufen, darauf einlassen und zahlen«, sagte er. »Verständigen Sie uns beizeiten, und wir werden unser Bestes tun.« Nach einer Viertelstunde standen die Händler alle gleichzeitig auf, rückten ihre Bäuche zurecht und zogen ab, jedoch nicht ohne daß ihr Präsident, ein besonders feister, Paan kauender Mensch, zuvor noch erwähnte, er habe zusätzlich zu der Belastung durch die ständige Angst auch noch die beträchtlichen Kosten für die Heirat seiner Tochter im nächsten Monat zu tragen. So eine Hochzeit müsse ja selbst in diesen schwierigen Zeiten angemessen teuer sein, die Leute erwarteten heutzutage so viel, und schließlich komme auch ein MLA-saab 423 , ja, und Ranade-saab ebenfalls. Er beugte sich beim Abschied tief über Majids Hand, hinterließ jedoch die Gewißheit seiner engen Beziehung zu dem MLA-saab und somit der realen Möglichkeit, die
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