Der Pate von Bombay
wie es für mich gewesen war, an jenem Abend vor dem Tod zu fliehen, während die wilden Schatten auf mich zukamen und mir das Blut über die Brust strömte. Mohan Surve wimmerte nebenan, nicht laut, dennoch drang es durch die Wand, ein langes, klagendes Stöhnen. Ich rief Chhota Badriya herein. »Stopf ihm das Maul«, sagte ich. »Ich will nicht, daß er irgendwelche Geräusche von sich gibt. Stell ihn ruhig. Gib ihm irgendwas, Whisky, egal was. Und trommel die Jungs zusammen. Alle, die in der Nähe sind oder kommen können, sollen in einer halben Stunde hier sein.«
Chhota Badriya band Mohan Surves Hände los und gab ihm Nimbu pani 456 mit drei zerdrückten Schlaftabletten. Als meine Truppe vollständig versammelt war, lag Mohan Surve zusammengerollt auf dem Boden, einen Arm über dem Kopf. Die Jungs packten ihn an Hand- und Fußgelenken und hievten ihn hoch, so daß ihm der Kopf in den Nacken fiel, und seine Augen, dunkel und glasig, zuckten und verdrehten sich. Ich trat aus dem Haus, und die anderen folgten mir. Sie trugen Mohan Surve zu viert, an Armen und Beinen. Er war still. Wir trugen ihn durch die leeren Gassen, ließen die Gebäude hinter uns und gingen den Hügel über Gopalmath hinauf. Ich hatte eine große Eveready-Taschenlampe dabei, mit der ich uns leuchtete. Erst ganz oben auf der Kuppe drehte ich mich um. Während die anderen nachrückten, blickte ich auf den Lichterschleier hinaus. Durch mein Fieber wurden die harten Lichtpunkte zu weichen Kreisen, und der Horizont verschwamm unter diesem schimmernden Fließen, dem Atem dieser wogenden Stadt.
»Wir sind alle da«, sagte Chhota Badriya.
»Streckt ihn aus«, sagte ich. Sie taten, wie geheißen. Die vier, die ihn getragen hatten, hockten sich oberhalb und unterhalb von ihm hin und zogen ihn zu einem weiten Kreuz auseinander. Mohan Surve lag still, von den Lichtkegeln der Taschenlampen angestrahlt.
»Ihr wißt, was er getan hat«, sagte ich zu meiner Company. »Viele von uns sind umgekommen.« Ich reichte Chhota Badriya meine Hand, er schmiegte den kalten Griff eines Schwertes hinein. Ich ging um Mohan Surve herum, bis ich genau über seinem Kopf stand. Den Blick auf das fließende Feuer der Stadt gerichtet, wog ich das Schwert in der Hand. Es war erstaunlich schwer für so ein langes, schmales Ding. Guter, harter Stahl. In der Gegend des Schlüsselbeins, nicht weit vom Herzen, hatte ich eine Narbe, die sich manchmal durch leichtes Ziehen bemerkbar machte, aber ich fühlte wieder Kraft in meinen Armen. Ich stellte mich breitbeinig hin, hob das Schwert über den Kopf, holte Luft und schlug es in Mohan Surves rechten Arm, knapp unter der Schulter. Er riß den Kopf hoch, seine Augen wanderten hin und her. Ich hatte das Schwert wieder angehoben, und mit dem zweiten Schlag trennte ich den Arm von seinem Körper ab. Der Mann, der sein rechtes Handgelenk gehalten hatte, fiel nach hinten, und ein dicker schwarzer Blutstrahl schoß in das unstete Licht. Ein Stöhnen stieg aus den Kehlen meiner Jungs auf, und Mohan Surve begann zu reden. Ein wildes, inhaltsloses Silbenwirrwarr, mehr war es nicht, Mohan Surve plapperte in einer Babysprache, selbst dann noch, als Chhota Badriya seinen linken Arm mit einem einzigen Schwertstreich abhackte, ich hörte das Klirren von Metall auf Stein und sah weiße Funken stieben. Mohan Surves Stimme wurde immer höher, und er hielt den Kopf immer noch hoch, als einer aus der Company vortrat, das Schwert nahm und den linken Oberschenkel traktierte. Da schrie er. Doch als sein rechtes Bein an die Reihe kam, war er verstummt, und sein Kopf hing auf der Seite. Ich glaube, er war schon tot.
»Nehmt die Stücke«, sagte ich, »und schmeißt sie irgendwohin. Und ich will nie wieder seinen Namen hören.«
Dann ging ich den Hügel hinunter, in mein Basti, nach Hause. In dem Spiegel in der Nische direkt neben der Tür sah ich, daß mein Hemd ruiniert war, von Blutspritzern übersät. Ich zog es aus, ebenso wie meine durchnäßte Hose und meine feuchten Schuhe. Ich nahm ein heißes Bad. Aß ein wenig Sabudane Ki Khichdi und trank ein Glas Milch mit Mandeln darin. Und dann schlief ich ein.
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