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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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und meinte, Sartaj müsse sich die Serie unbedingt ansehen, sie laufe sehr gut, hohe Einschaltquoten, beste Kritiken, sie sei sehr spannend und basiere auf einem amerikanischen Vorbild, sei aber ganz auf indische Verhältnisse abgestimmt, der indischen Kultur angepaßt. Naina Aggarwal wohnte nicht mehr in Andheri East, sondern teilte sich mit drei anderen Mädchen, die ebenfalls beim Fernsehen arbeiteten, eine Wohnung in Lokhandwalla. Sie war klein und hübscher als auf dem Bild, und sie fing an zu weinen, als Sartaj sie fragte, woher sie komme, was ihr Vater mache und ob sie Geschwister habe. Ihre Wimperntusche war bereits bis zum Kinn hinab verlaufen, als er sagte: »Wir wissen, daß Sie in eine sehr üble Sache verwickelt sind. Aber wir wollen Ihnen keine Schwierigkeiten machen. Wenn Sie uns helfen.«
    Sie nickte heftig, die Hände vor dem Mund ineinander verschlungen. Zusammengekrümmt saß sie auf ihrem Bett und hatte große Angst vor den beiden Polizisten in ihrem Zimmer, das sie sich mühsam erarbeitet hatte. Ein Wandbord über dem Bett stand voll mit Fotos von Leuten aus Rae Bareilly. Die Männer trugen Hemden in leuchtenden Farben, und Sartaj erkannte ihren Vater, den Rektor einer Schule. Sie entstammte einer hochachtbaren Familie und hatte nur zwei Monate in der Bar getanzt. Sie war damals neu in der Stadt gewesen, und das Geld war ihr schneller durch die Finger geronnen, als sie es für möglich gehalten hatte. Sie konnte es offensichtlich kaum erwarten, Sartaj und Katekar loszuwerden, bevor ihre Mitbewohnerinnen und die Nachbarn erfuhren, daß sie mit der Polizei zu tun und einmal in einer schäbigen Bar getanzt hatte.
    »Hier«, sagte Sartaj. Er legte das Foto der Toten neben sie auf das Bett. »Kennen Sie diese Person?« Sie zitterte vor Angst, konnte aber den Blick nicht von dem Bild abwenden. »Schon gut. Sagen Sie uns nur den Namen.«
    Sie mußte mehrmals schlucken und dreimal zum Sprechen ansetzen, ehe sie antworten konnte: »Jojo.«
    »Jojo? J-o-j-o?«
    »Ja. Was ist mit ihr?«
    »Sie ist tot.«
    Naina zog die Beine aufs Bett; sie sah jetzt sehr jung aus. Die Serie, in der sie mitspielte, war gespickt mit Intrigen, Ehebruch und Mord, trotzdem brachte sie es nicht über sich, ihn zu fragen, wie Jojo gestorben war.
    »Keine Sorge«, sagte Sartaj. »Wir werden Sie nicht in irgend etwas hineinziehen, vorausgesetzt, Sie sind ehrlich mit uns. Wie hieß sie mit Familiennamen?«
    »Mascarenas.«
    »Jojo Mascarenas. Und Sie haben für sie gearbeitet?«
    »Ja.«
    »Wie?«
    Naina zuckte leicht die Schultern, ohne den Kopf von den Knien zu heben. »Sie ist Model-Agentin und Produzentin. Sie hat mich an Agenturen weiterempfohlen und mir Rollen in Videos verschafft.«
    Sartaj sprach sehr sanft und leise. »Aber das war noch nicht alles, nicht wahr?«
    Katekar lehnte an der Tür und überließ das Verhör Sartaj. Sie hatten über die Jahre herausgefunden, daß in bestimmten Situationen Sartajs zuvorkommende Art und seine Behutsamkeit Frauen gegenüber besser wirkten als die direkteren Mittel der Einschüchterung und Lautstärke.
    »Naina-ji«, sagte Sartaj, »die Sache ist ernst. Es geht um Mord. Und ich kann Sie nicht schützen, wenn Sie nicht absolut offen und ehrlich mit uns sind. Haben Sie keine Angst. Ich verspreche Ihnen, daß ich Sie in keiner Weise in die Sache hineinziehen werde, Ihr Name wird nirgendwo auftauchen. Ich versuche nur, etwas über diese Jojo zu erfahren, Sie selbst interessieren mich gar nicht. Für Sie besteht keine Gefahr. Also bitte, reden Sie.«
    »Sie - sie hat mir Kunden besorgt.«
    »Kunden.«
    Naina saß zitternd vornübergebeugt und weinte laut. Zehn Minuten später gingen Sartaj und Katekar wieder - mit Jojo Mascarenas Telefonnummer, ihrer Büroadresse und einigen Fakten: Jojo war Model-Agentin gewesen, sie besaß eine TV-Produktionsfirma, und wenn gerade keine Produktion im Gange, keine Rolle zu besetzen und keine Werbekampagne zu führen war, wußte sie Nachfrage und Angebot anderweitig zusammenzubringen. Dann schickte sie die Jungen, Schönen und Bedürftigen zu den Reichen und Anspruchsvollen; ein paar Hochglanzfotos und einige Telefonate genügten, es war einfach, es war effizient, und jeder bekam, was er wollte.
    Sartaj und Katekar warteten in dem dunklen Treppenhaus auf den Lift. »Die weinende Naina hat also die Rolle in der Serie bekommen«, sagte Katekar. »Nach ihrer Tanzerei.«
    »Ja. Aber was ist, wenn die Serie floppt?«
    »Dann geht's zurück nach Rae

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