Der Pate von Florenz
wusste er aus erster Hand, nämlich von Fiora. Er hatte sie unter dem Vorwand aufgesucht, seine Bestürzung über den Einbruch zum Ausdruck zu bringen und zu sehen, wie es ihnen ging. Bei dieser Gelegenheit hatte er auch gefragt, ob sie schon etwas über die Täter in Erfahrung gebracht hätten. Das war natürlich nicht der Fall gewesen. Niemand hatte etwas gehört oder gesehen.
So weit, so gut. Aber ein sicherer und Erfolg versprechender Plan, wie er sich von Sabatelli eine zweite fette Geldbörse verdienen konnte, wollte ihm einfach nicht einfallen. Und das verdross ihn an diesem brütend heißen Tag noch mehr.
Schließlich gelangte er zu der Abzweigung, wo es nach rechts zu dem alten Bauerngehöft ging, das sein Ziehvater nach und nach in ein stattliches Anwesen zu verwandeln gedachte. Aber bis er das geschafft hatte, würde noch sehr viel Wasser den Arno hinunterfließen. Wie konnte ein vermögender Consigliere wie er sich nur dazu hergeben, bei jeder sich bietenden Gelegenheit wie ein gewöhnlicher Contadino auf seinem Gut im Dreck zu wühlen!
Verschwitzt ließ er den Braunen über den Pfad trotten, der sich zwischen zwei Hügelgruppen hindurchwand und dann hinter einigen hohen Zypressen sanft abfallend zum Hof mit dem halb fertigen Wohnhaus führte, das einmal eine ansehnliche Villa mit Loggia und Gartenanlagen darum herum werden sollte.
Als er vor einem der Nebengebäude, bei denen es sich ausnahmslos um heruntergekommene, windschiefe Bretterschuppen handelte, aus dem Sattel stieg, kam der krummbeinige und zahnlose alte Bauer Vettorio Latini, dem der Hof einst gehört hatte, auf ihn zu.
»Gott zum Gruße, junger Herr!«, Der Mann griff beflissen nach den Zügeln. »Ein heißer Tag, den Gott uns heute geschenkt hat.«
Silvio verzog das Gesicht. »Von Geschenk kann ja wohl keine Rede sein, Vettorio«, erwiderte er missgelaunt und sah sich nach seinem Ziehvater und Alessio um.
Der Alte grinste. »Auch die Hitze hat ihr Gutes, denn sie treibt die Süße in die Trauben.«
»Mag sein, aber hier wohl kaum«, sagte Silvio mit einem kurzen Blick zu den jungen Weinstöcken, die sich in genau ausgerichteten Reihen den sanft ansteigenden Hang eines Hügels hinaufzogen. »Aber wo stecken denn mein Vater und Alessio?«
Vettorio lachte. »Der Signore hat sich nicht davon abbringen lassen, dem großen Dickicht unten beim Bach zu Leibe zu rücken. Hat ihm gar nicht gefallen, dem jungen Herrn Alessio, dass er damit seine freien Tage verbringen muss. Aber Ihr kennt ja den Consigliere. Was er sich einmal vornimmt, das führt er auch unerbittlich aus.«
»Unerbittlich, in der Tat!«, pflichtete Silvio ihm verdrossen bei, wusste er davon doch selbst ein bitteres Lied zu singen. »Gib dem Tier Wasser, aber lass es gesattelt. Ich werde nicht lange bleiben – dem Himmel sei Dank. Verfluchte Rodungsarbeiten sind das Letzte, was ich jetzt noch gebrauchen kann.«
»Kann es Euch nicht verdenken«, sagte Vettorio und führte den Braunen zum Wassertrog beim Stall.
Silvio folgte dem Pfad, der ihn zum Bach in der weiten Mulde bringen würde, die von allerlei Gestrüpp und Buschwerk überwuchert war. Der Himmel allein wusste, was sein Ziehvater mit dem Stück Land zu tun beabsichtigte, wenn es erst einmal von dem Dickicht befreit war!
Als er die stark duftenden Jasminsträucher erreichte, die den schmalen Weg zu beiden Seiten mannshoch säumten, hörte er schon die Stimmen von Alessio und seinem Ziehvater. Offenbar saßen sie unten am Bach und legten eine Pause ein.
Gerade wollte er sich bemerkbar machen, als er Alessio sagen hörte: »Das freut mich zu hören, Vater. Es ist ja auch nur recht und billig, dass die Wollbottega zu meinem Erbe gehört.«
Silvio blieb abrupt stehen. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Hatte sein Ziehvater ihm, Silvio, nicht schon als Kind versprochen, dass er die Bottega eines Tages besitzen würde? Und nur das war recht und billig! Denn wenn sein richtiger Vater Jacopo nicht schon so früh gestorben wäre, hätte er als Stammhalter das Erbe angetreten und es natürlich an ihn, Silvio, weitergegeben! Wie konnte sein Großvater, dessen Liebling er doch immer gewesen war, ihn jetzt so betrügen und um sein Anrecht auf die Bottega bringen? Bestimmt wollte er ihn mit der Ziegelei abspeisen, aber das war kein gerechter Ausgleich! Die Tuchmanufaktur würde immer einen viel größeren Gewinn abwerfen als das dreckige Geschäft mit den Ziegeln und sie würde ihm auch ein größeres Ansehen in der
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