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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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aber schon Erfahrung in der Buchhaltung gesammelt hast, wird deine Stellung schon zu Beginn die eines fattore sein. Dein Lohn wird fünfzig Florin betragen. Das ist sehr großzügig bemessen. Ich denke, du kannst dich glücklich schätzen, dass Lorenzo dir diese Vergünstigungen gewährt. Eigentlich hättest du dir deine ersten Sporen in der Tavola mit dem örtlichen Wechselgeschäft verdienen müssen, wo auch ich als Lehrling das Bankwesen von Grund auf erlernt habe. Ich hoffe, du weißt das zu schätzen!«
    Alessio strahlte übers ganze Gesicht. »Und ob ich das weiß! Danke, Vater!« Faktor in der Bank der Medici zu sein, das klang schon sehr viel besser als Buchhalter in der väterlichen Wollbottega! Und dann gleich mit einem stolzen Jahreslohn von fünfzig Florin!
    Der Vater richtete seinen Blick auf Marcello. »Dir habe ich eine andere, aber nicht weniger wichtige Arbeit zugedacht.«
    Marcello wappnete sich innerlich.
    »Ich schicke dich morgen zu Taddeo Sculetti nach Pistoia. Er ist ein alter Bekannter und gewiefter Geschäftsmann, der dort eine große Ziegelei betreibt. Du wirst vier Monate dortbleiben und alles lernen, was es in diesem Gewerbe zu lernen gibt. Ende Oktober, wenn die Zeit des Brennens zu Ende geht, erwarte ich dich wieder zurück – und zwischendurch natürlich regelmäßig schriftliche Berichte.«
    Marcello war so bestürzt, dass ihm beinahe die Gabel aus der Hand gefallen wäre.
    »Pistoia?«, wiederholte er fassungslos. Die Stadt lag eine stramme Tagesreise nördlich von Florenz. »Ja, aber … Was soll ich denn dort, Vater? Für die Ziegelei hast du doch Silvio und der macht seine Sache ganz ordentlich, wie ich meine …«
    »Ob Silvio seine Sache ordentlich macht oder nicht, das zu beurteilen musst du schon mir überlassen. Er macht seine Arbeit auf seine ganz eigene Art gut«, sagte der Vater geheimnisvoll, wobei seinem ausdruckslosen Gesicht nicht zu entnehmen war, wie er diese rätselhafte Bemerkung verstanden wissen wollte. »Taddeo Sculetti wird dir ein ausgezeichneter Lehrmeister sein, und das ist auch vonnöten. Denn wie ich damals schon zu euch gesagt habe, beabsichtige ich, die Ziegelei zu einem ansehnlichen Betrieb auszubauen. Ich habe schon einen Teil des angrenzenden Geländes gekauft und ich werde im nächsten Jahr nicht nur weitere Brennöfen errichten, sondern auch eine Anlegestelle für Lastkähne bauen lassen. Und wenn die Geschäfte so gehen, wie ich es erwarte, will ich dort jemanden aus meinem Haus haben, der weiß, wie eine solche Anlage gewinnbringend zu betreiben ist!« Dann teilte er Marcello noch mit, dass ein befreundeter Tuchhändler, dessen Reisegruppe er sich bis nach Pistoia anschließen werde, ihn schon am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe am Palazzo abholen würde. »Also bereite alles vor, was du an Kleidung und anderen nützlichen Dingen mitnehmen willst, und sieh zu, dass dein Pferd morgen gezäumt und gesattelt bereitsteht!«
    Marcello war der Appetit vergangen. Er konnte es noch immer nicht fassen. Der Vater schickte ihn für vier Monate nach Pistoia! Die Stadt lag zu weit entfernt, als dass er wenigstens dann und wann einmal rasch nach Florenz hätte reiten können! Und das ausgerechnet jetzt, wo er in Fioras Nähe sein wollte! Alles in ihm begehrte dagegen auf. Aber er wusste, dass jeglicher Widerspruch zwecklos sein würde.
    Er wusste, dass die Entscheidung des Vaters nichts mit dem Kredit für Meister Emilio zu tun hatte. Der Übereinkunft mit dem Ziegeleibesitzer Taddeo Sculetti war bestimmt ein längerer Briefwechsel vorausgegangen. Aber das änderte nichts daran, dass er bis Ende Oktober fern von Florenz sein würde – und damit fern von der Frau, die er liebte und nach deren Nähe er sich sehnte!
    Es blieb ihm noch nicht einmal Zeit, Fiora persönlich davon zu berichten, musste er doch die Vorbereitungen für die Reise und den Aufenthalt in Pistoia treffen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit einem kurzen Brief an sie zu begnügen, den er am nächsten Morgen vor seinem Aufbruch dem Stallknecht Tommaso anvertrauen würde. Es kostete ihn mehrere Versuche, bis er endlich mit seinen Zeilen, die weder zu viel Gefühl noch zu wenig zeigen sollten, einigermaßen zufrieden war. Als es endlich geschafft war, zögerte er lange, ob er unter seine Unterschrift noch den Zusatz »Hüte dich vor Giulio!« schreiben sollte.
    Er ließ es bleiben, weil es ihm Giuliano gegenüber schäbig vorgekommen wäre. Welches Recht hatte er denn auch,

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